Die Rueckkehr der Templer - Roman
toter Mann. Mein Leben liegt also in deiner Hand.«
»Jusuf, nimm den Säbel herunter!«, befahl sie dem Jungen, der sofort tat, was sie verlangte, auch wenn sein Blick auf Arnaud weiterhin höchst argwöhnisch blieb.
Wortlos schälte sich die Frau aus ihrem schwarzen Umhang. Darunter kam ihr hüftlanges, blauschwarzes Haar zum Vorschein und ein bodenlanges, türkisfarbenes Seidengewand, das ihren biegsamen Körper betonte. Arnaud staunte nicht schlecht, als er realisierte, wie unglaublich jung und gleichzeitig hübsch sie war.
»Nehmt ihn« sagte sie und drückte ihm das zusammengelegte Stück Stoff in die Hand. »Ich will nicht die Schuld daran tragen, dass man Euch hängt.«
Arnaud zückte aus seinem Lederbeutel einen Goldbyzantiner, von dem sie sich gut zwanzig solcher Gewänder schneidern lassen konnte. Sie vollführte mit der Rechten eine abwehrende Geste, aber der Kleine war schneller und schnappte sich die Münze. Fachmännisch biss er auf den Rand, um den Goldgehalt zu prüfen. »Die ist wirklich echt!«, frohlockte er.
»Gib ihm das Geld zurück«, rief die Frau. »Denkst du, ich will, dass der Orden es bei uns findet. Vielleicht hat er es gestohlen?«
»Es ist nicht gestohlen«, bekundete Arnaud mit beleidigtem Blick, während er versuchte, sich in den schwarzen Jilbab zu wickeln. »Und ihr bekommt noch eine, wenn Ihr mir etwas Proviant überlasst und mir den sichersten Weg hinaus aus der Stadt aufzeigt.«
Samira betrachtete ihn amüsiert. »Du siehst aus wie eine zu groß geratene Raupe in einem Seidenkokon.«
|381| Arnaud hatte den Jilbab viel zu straff um seine Uniform gezogen. Das Gewand saß nicht nur zu knapp, sondern war auch zu kurz. Seine derben Lederstiefel schauten bis zu den Waden heraus und hatten nichts von den feinen Seidenpantöffelchen so mancher sarazenischen Schönheit. Samira seufzte und nahm ein ähnlich aussehendes Kleidungsstück von einem Haken. Es war länger und wesentlich weiter geschnitten. »Das ist der Jilbab meiner Mutter«, erklärte sie mit belegter Stimme. »Sie ist vor ein paar Wochen von uns gegangen, Allah möge ihr den Weg ins Paradies weisen und Fatima an ihrer Seite sein.
«Das kann ich nicht annehmen«, erwiderte Arnaud, der sich denken konnte, wie sehr sie an dieser Erinnerung hing.
«Doch, du musst, wenn du leben willst.« Ihr Blick ließ keinen Zweifel zu, und mit einer gebieterischen Geste forderte sie ihn auf, das viel größere Kleidungsstück so anzulegen, damit die Templerchlamys samt seinen Stiefeln unter dem Stoff verschwand. Selbst von seinen Waffen war nichts mehr zu erahnen. Nicht einmal Arnauds kurzgeschorener Bart war zu sehen, nachdem sie ihm den schwarzen Gesichtsschleier mit einer Schnur hinter den Ohren befestigt und ihm den Kopfschleier darüber mit Haarnadeln festgesteckt hatte. Nur seine braunen Augen leuchteten heraus.
»Setz dich!«, befahl sie und dirigierte Arnaud auf einen Hocker. Kaum, dass er saß, umrandete sie seine Lider mit schwarzem Khol, was ihm die Tränen in die Augen trieb. Als er sie wegwischen wollte, fing sie sein Handgelenk ab und hielt es fest. »Du darfst den Khol nicht verreiben, sonst sieht es zum Fürchten aus. Du hast wunderschöne Augen«, bemerkte sie lächelnd und wischte mit dem Zeigefinger ein paar verlaufene Stellen hinweg, » und Wimpern wie ein Mädchen. Mit einer solchen Maskerade wird niemand ahnen, dass du in Wahrheit ein Mann bist. Aber denk daran, deinen Blick zu senken, sobald dich ein Kerl anschaut, ansonsten könnte er es als ein Angebot verstehen und dir zu nahe treten.«
Im nächsten Moment krachte es, und die Tür flog auf. »Im Namen des Königs!« Zwei Stadtwachen standen im Rahmen und ließen ihre ungehaltenen Blicke durch die kleine Hütte schweifen, die nur einen einzigen Raum besaß. Samira und Arnaud zuckten zusammen. Instinktiv klammerte sie sich mit beiden Armen an Arnauds breite Schultern und schützte mit ihrem Kopf sein Gesicht.
|382| »Habt ihr einen schwarzbärtigen Templer gesehen, der sich auf der Flucht befindet?«, rief der größere der beiden Soldaten. »Er ist bewaffnet und ziemlich gefährlich.«
»Nein«, stieß Samira mit ängstlicher Stimme hervor, und auch Arnaud schüttelte unter seiner schwarzen Verkleidung hastig den Kopf.
Die Männer sahen sich weiter in der Hütte um und entdeckten Jussuf, der sich hinter Samira und Arnaud versteckte, wie ein Lämmchen, das Schutz bei seiner Herde sucht. »Und du?«, fragten sie barsch.
»Nein«, sagte der Junge und kam
Weitere Kostenlose Bücher