Die Rueckkehr der Templer - Roman
schüttelte ungläubig den Kopf. »Und was wird, wenn sie nicht wiederkehren und dort unten sterben?«
|414| Kapitel 15
Heiliges Land
Juli 1153 – Jaffa
Das Erste, was Hannah nach dem Transfer spürte, war der frische Wind, der von der See her die Wogen des Meeres aufschäumen ließ und ihr die Gischt bis fast vor die Füße spritzte. Begleitet von einem ohrenbetäubenden Rauschen traf gleißendes Licht auf azurblaues Kristall und schmerzte in ihren Augen. Das Zusammenspiel der Elemente hatte etwas Paradiesisches, und der frische, würzige Duft, der ihre Lungen erfüllte, gab ihr die Gewissheit, dass sie den Transfer lebend überstanden hatte. Aber lebten die anderen auch?
»Haben wir es geschafft?« Matthäus rüttelte an ihrem Arm und sah sie beinahe auf Augenhöhe an. Ein dreizehnjähriger Teenager, in dessen Hirn es zugehen musste wie in einem Kettenkarussell, wenn man bedachte, dass er nun zum vierten Mal die Zeiten gewechselt hatte.
Hannah fiel ihm vor Dankbarkeit um den Hals, so heftig, dass sich der Junge erschrocken gegen sie stemmte und nach Atem rang. Unbeeindruckt davon, dass er sich zierte, küsste Hannah seine blonden Locken. Gleichzeitig schossen ihr Tränen in die Augen, weil er den Transfer heil überstanden hatte. Als sie aufblickte, stellte sie dankbar fest, dass niemand von ihnen zurückgeblieben war.
»Dort hinten ist eine Festung«, rief Freya erstaunt und deutete auf ein Felsenplateau gut fünfhundert Meter entfernt, mit einer stattlichen Burg, die von hohen Mauern umgeben war. Amelie war neben ihr auf die Knie gefallen, direkt in den heißen Sand und betete mit geschlossenen Augen und verklärter Miene zur Heiligen Jungfrau.
»Jaffa«, erklärte Anselm mit dem gleichen lakonischen Unterton in der Stimme, den Hannah das erste Mal gehört hatte, als sie gemeinsam im Jahr 1307 gelandet waren. »Das Gebäude sieht kaum anders aus als zu unserer Zeit.«
Er erkundete die Umgebung, indem er sich einmal um seine eigene Achse drehte. Die Hochhäuser von Tel Aviv waren definitiv verschwunden, |415| und dort, wo einst die Botschaft stehen würde, weideten Schafe auf einer felsigen Ebene.
Jaffa verfügte bereits über einen ummauerten Hafen. Von weitem waren die weißen Segel der Kreuzfahrerschiffe zu sehen. Rund um die Hafeneinfassung brachen sich die hohen Wellen, und die Schiffe tanzten wie Nussschalen auf ihnen. Vor der Stadt herrschte Bewegung. Menschen in hellen Gewändern liefen über eine breite, steinige Straße, manche begleitet von Kamelen oder Eseln. Riesige Dattelpalmen spendeten Schatten, und das Meckern von Ziegen schien allgegenwärtig.
»Und wo sollen wir jetzt hin?«, fragte Hannah in einer unvermittelt aufwallenden Panik. »Wir haben gar kein Geld!«
Anselm grinste überlegen und hob seine Hand, in der er ein kleines Ledersäckchen hielt, in dem etwas klimperte. »Wenn ihr mich nicht hättet!«
»Wo hast du das her?« Hannah schaute ihn verblüfft an.
»Hertzberg hat mir einen Beutel Goldbyzantiner geschenkt, bevor er mit Gero und seinen Leuten abgereist ist.« Er grinste vielsagend. »Zehn Münzen. Sie entsprechen einem Gegenwert von ungefähr fünfzehntausend Euro. Kommt auf die momentane Inflationsrate an, wie weit wir damit kommen werden und ob man uns in den Wechselstuben nicht über den Tisch zieht. Aber für unser kleines Abenteuer, als Pilgergruppe getarnt nach Jerusalem reisen zu wollen, müsste es reichen.« Rasch erklärte er Amelie, die sich inzwischen erhoben hatte, auf Altfranzösisch, dass er ihre Beratung benötigte, weil er auf den Markt gehen wollte, um für die anderen Frauen passende Kleidung zu kaufen. Schließlich konnten sie unmöglich in Jeans und T-Shirt herumlaufen. Auch Matthäus würde sich umziehen müssen.
Anselm blickte auf das T-Shirt des Jungen. »Superman passt definitiv nicht in die Zeit, selbst wenn es hier von selbsternannten Helden nur so wimmelt.«
Hannah, Freya und Matthäus warteten geduldig im Schatten eines Granatapfelbaums und schauten den beiden hinterher, als sie den Weg zum Wasser nahmen, um nach Jaffa zu gelangen.
»Wir haben es tatsächlich geschafft«, murmelte Hannah und blickte ungläubig über die sandige Ebene. »Kannst du dir vorstellen«, fragte sie an Freya gerichtet, »wie sehr sich das alles einmal verändern wird?«
Freya ließ sich warmen Sand durch die Finger rieseln, während sie nachdenklich in die Ferne schaute.
|416| »Nein«, erwiderte sie leise. »Ich kann noch nicht einmal fassen, dass Gott
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