Die Rueckkehr der Templer - Roman
und räusperte sich verlegen, bevor er dem Mann erklärte, dass sie Christen waren, aus den deutschen Landen stammten und eine Pilgerfahrt nach Jerusalem unternahmen.
»Pilger?«, rief Tarek erstaunt. »Und dann kämpfst du nicht für die Franken?«
»Ich halte nichts vom Krieg«, antwortete Anselm mit einem diplomatischen Lächeln.
»Halb Jerusalem steht mit König Balduin III. vor Askalon«, erwiderte der Araber, » und wartet nur darauf, dass der Statthalter des Kalifen az-Zafir endlich die Festung herausrückt – normalerweise wäre es deine oberste Pilgerpflicht, deinen christlichen Brüdern zur Hilfe zu eilen.«
»Ich bin kein Ritter«, stellte Anselm klar. »Ich besitze kein Pferd und kein Schwert. Außerdem habe ich die Verantwortung für meine Schwestern zu tragen. Denkt Ihr, ich bin scharf darauf, mit bloßen Händen zu kämpfen?«
»Nein, sicher nicht.« Tarek grinste gefällig und blickte auf Anselms armseligen Esel herab, dann schüttelte er den Kopf und klopfte Anselm vertraulich auf die Schulter, bevor er sich wieder seinen Gefährten zuwandte.
»Frag mich nicht warum, aber Anselms neuer Kumpan ist mir unsympathisch«, sagte Hannah leise zu ihren beiden Freundinnen.
Freya schien die Sache ebenfalls nicht geheuer zu sein. »Warum rät er Anselm zum Kampf? Der Kerl ist unzweifelhaft selbst ein Sarazene«, flüsterte sie hinter vorgehaltener Hand. »Er spricht die Sprache der Sarazenen und trägt einen Turban. Und obwohl Krieg zwischen Franken und Sarazenen herrscht, bewegt er sich frei in der Gegend. Ich frage mich, wie in aller Welt hatte er es geschafft, mit einem solch teuflischen Grinsen das Vertrauen der Christen zu erlangen?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Hannah. »Geh und sag Anselm, dass hier was nicht stimmt. Mir wird er nicht glauben.«
Anselm ließ sich auch durch Freyas Bedenken nicht überzeugen, selbst nachdem sie ihn beiseitegenommen und ihn leise beschworen hatte, dass es hundertmal besser sein würde, alleine nach Jerusalem zu reisen, als sich diesem Gesindel anzuvertrauen.
»Die Wüste wimmelt nicht nur von angriffslustigen Fatimiden«, verteidigte |421| er seine Entscheidung gegenüber der Begine. »In Jaffa sind uns ganze Heerscharen von sturzbetrunkenen, christlichen Rittern über den Weg gelaufen, die sich auf dem Weg nach Gaza befanden. Die sind bestimmt keine Alternative, wenn es darum geht, sich einen Geleitschutz zu organisieren. Ich hatte Mühe, Amelie heil aus der Stadt zu bringen. Vor unseren Augen wurde ein Mann erstochen, am helllichten Tag mitten auf der Straße wegen eines Betrugs beim Würfeln, und niemand kam auf die Idee, den Mörder zu verhaften, weil alle Umstehenden meinten, er sei im Recht! Mag ja sein, dass dir das vollkommen normal vorkommt, aber ich habe weder eine Ahnung, wie wir uns gegen solche Typen verteidigen sollten, geschweige denn, welchen Weg wir nehmen müssen, um solche Komplikationen zu vermeiden. Dieser Tarek hat wohl bemerkt, dass wir Fremde sind, und sich spontan bereit erklärt, uns zu helfen. Er kennt sich hier aus und wir nicht.«
»Was ist, wenn er nur an dein Geld will und uns auf halber Strecke ausraubt?« Freya ließ nicht locker.
»Ich konnte mich selbst davon überzeugen, wie er neben der Spelunke, wo es den Toten gab, einen Handel abgeschlossen hat. Er verfügt über ein ziemliches Vermögen und machte mir nicht den Eindruck, als ob er auf unser Geld angewiesen ist.« Anselms Brauen zogen sich ungeduldig zusammen. »Außerdem hat er mir etwas von Treibsandfeldern zwischen Jerusalem und Akko erzählt, die man nur sicher umgeht, wenn man das Gelände kennt.«
Freya seufzte entnervt.
»Kommt schon«, sagte Anselm und setzte sich in Bewegung, um ihren selbsternannten Beschützern zu folgen.
»Also wenn du mich fragst«, begann Freya von neuem, »der Anführer lächelt zu oft. Normalerweise müsste er als Oberhaupt der Truppe respekteinflößender auftreten. Es sei denn, er hat es nicht nötig, weil er etwas im Schilde führt, von dem auch die anderen wissen.«
Als Freya noch einmal ansetzen wollte, schnitt Anselm ihr das Wort ab. »Wollt ihr eure Männer nun wiedersehen oder nicht? Es war eure Idee, hierherzukommen«, keifte er angriffslustig. »Also beschwert euch jetzt nicht, dass es hier keine Autobahnen und keinen Leihwagen gibt und wir uns einer Karawane anschließen müssen.«
»Also gut«, erwiderte Hannah und ließ es zu, dass Anselm den Esel antrieb, weil die Karawane sich bereits in Bewegung gesetzt hatte.
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