Die Rueckkehr der Templer - Roman
ungerecht verhängter Todesstrafe und Ketzerverbrennung ganz zu schweigen.
|426| »Ich muss pinkeln«, jammerte Matthäus, der verschnürt wie ein Paket am Fuß einer Palme lehnte.
»Lass laufen«, riet ihm Anselm mit resigniertem Blick. »Ist jetzt auch schon egal.«
»Wahrscheinlich werden wir Frauen im Bett irgendeines lüsternen Emirs landen«, mutmaßte Freya tonlos, ohne dabei Rücksicht auf die Gemütslage ihrer Leidensgenossinnen zu nehmen. Dann sah sie Anselm an und grinste schwach. »Und das Einzige, was mich dabei tröstet, ist, dass du für deine Dummheit mit deinem Schwanz bezahlen wirst. Sie werden dich zum Eunuchen machen. Nur für den Jungen tut es mir leid, ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Dreckskerle ihn verschonen.«
»Freya!« Hannah warf ihr einen strafenden Blick zu. »Matthäus fürchtet sich sowieso schon genug!«
»Ich habe keine Angst«, stellte Matthäus unmissverständlich klar. »Sobald ich die Gelegenheit dazu bekommen sollte, werde ich sie alle töten.«
»Um Himmels willen«, stöhnte Hannah, »Komm bloß nicht auf dumme Gedanken.«
Nachdem sich die Nacht über das Dorf gesenkt hatte und eine schmale, horizontale Mondsichel aufgezogen war, befahl al-Mumkin plötzlich seinen Leuten aufzusitzen. Hannah und die anderen wurden ebenfalls auf die Pferde gezerrt. Ihr Gepäck und der Esel blieben jedoch im Dorf zurück und wurden gegen einen Muli eingetauscht, auf den man Anselm mit gefesselten Händen setzte, offenbar um schnell voranzukommen. Damit waren auch die Medikamente verloren, die Karen ihnen mit auf den Weg gegeben hatte. Die Goldmünzen hatte der Anführer ohnehin konfisziert, als man Anselm durchsucht hatte.
Die Männer setzten ihre Route auf Schleichwegen fort. Deshalb machten sie sich auch daran, ihre Geiseln zu knebeln. Mehrmals warteten sie im Schatten einer Düne den Vorbeimarsch bewaffneter Reiter ab, wobei sie sogar den Pferden das Maul zuhielten. Wahrscheinlich waren es Christen, vor denen sie sich so sehr fürchteten, dass sie keinerlei Angriff wagten. Anzunehmen, dass die Vorbeireitenden Kreuzritter waren, die zur Sicherung des Landes sogar des Nachts auf Patrouillen ritten.
Nach ungefähr drei Stunden erreichten sie einen Hügel, bei dem man von Ferne wieder das Meer rauschen hörte. Direkt an der Küste erhob |427| sich in der Ferne die schwarze Silhouette einer riesigen Festung, auf deren Mauerkronen ein paar Feuer flackerten. Menschen waren auf diese Distanz nicht zu sehen. Wahrscheinlich hatten sie sich hinter den Zinnen versteckt und lauerten darauf, Brandpfeile in die feindliche Nacht zu schießen. Blieb zu hoffen, dass ihre Geiselnehmer nicht vorhatten, sich mit den Bewohnern in welcher Weise auch immer anzulegen. Hannah fand den Gedanken nicht besonders tröstlich, anstatt auf einem Sklavenmarkt verkauft, von Dutzenden Pfeilen durchlöchert zu werden.
Jedoch im Moment litt sie Durst, der sie kaum noch einen klaren Gedanken fassen ließ, und an dem Gefühl, jeden Augenblick alles unter sich gehen lassen zu müssen, weil ihr so elend zumute war.
Al-Mumkin hatte einen Späher losgeschickt, wahrscheinlich um sicherzugehen, dass auf dem Weg zum Meer keine Christen lauerten. Als der Mann zurückkehrte und Meldung machte, gab sein Anführer kurz darauf das Zeichen, zur Festung vorzurücken. In einem atemberaubenden Tempo ging es den Hang hinunter. Hannah hielt sich krampfhaft an ihrem Vordermann fest, obwohl ihr der Kerl zuwider war.
An der Festung wurde in aller Eile ein mächtiges Bronzetor aufgezogen, in dem die zwanzig Reiter und ihre Gefangenen wie durch ein aufgesperrtes Maul verschwanden.
Grobe Hände zerrten sie von den Pferden, kaum dass sie im Innern der Festung angelangt waren, wo es selbst zu dieser späten Stunde von Menschen nur so wimmelte. Hannah geriet in Panik, als sich zahllose Hände nach ihr ausstreckten und Gesicht und Haare berührten. Der Schwall orientalischer Gerüche, der sie unvermittelt umhüllte, machte sie benommen. Ein kurzer Blick in die Runde verriet ihr, dass sie in einer Felsenstadt gelandet war. Mit Türmen und Erkern, Gassen und Plätzen. Über den Stadthäusern erhob sich ein beeindruckender Palast mit Spitzbogenarkaden, die einen langen Wandelgang überdachten. Unzählige Kuppeln schimmerten in schwindelnder Höhe silbern im Mondlicht.
Irgendjemand fasste sie schmerzhaft am Oberarm und führte sie von der Menge weg hin zu einem bewachten Aufgang.
Panisch drehte Hannah sich nach Matthäus um und schrie
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