Die Rueckkehr der Templer - Roman
die zufriedene |424| Miene eines Mannes aufsetzte, der soeben das Geschäft seines Lebens getätigt hatte. Zumal der Anführer der fremden Reiter ihm einen gut gefüllten Lederbeutel in die Hand drückte.
Ohne sich für Anselms Protest zu interessieren, entfernten sich Tarek und seine Leute schließlich mitsamt ihren Begleiterinnen in die entgegengesetzte Richtung.
Wie aus heiterem Himmel befand sich Hannah hinter einem der Männer auf einem temperamentvollen Araberpferd, und ihr blieb nichts anderes übrig, als sich an dem Reiter festzuhalten, der ihr mit einer penetranten Duftmischung aus ungewaschener Kleidung und schwerem, süßlichem Parfum den Atem nahm.
Freya, Amelie und Matthäus erging es ebenso. Auch sie landeten auf einem Pferderücken, vor ihnen jeweils ein Reiter, der mit seinem schwarzen Turban und einem halb verhüllten Gesicht so vertrauenswürdig wirkte wie ein flüchtender Bankräuber. Anselm war unterdessen gezwungen, auf seinen Esel zu steigen. Niemand hatte Erbarmen, dass er offensichtlich zu schwer für das Tier war und dass es das Tempo der Pferde kaum würde mithalten können.
»Anselm!«, schrie Hannah, als ihre Begleiter sich in Bewegung setzten. »Was ist hier los?«
»Wir werden entführt!«, rief Freya in Mittehochdeutsch, als ihr Reiter mit einem übermütigen Freudengeschrei an Hannah vorbeistob und dabei seinen Krummsäbel schwang.
Doch was hätte Anselm tun sollen? Umzingelt von einer Horde schwer bewaffneter Krieger, war es entschieden zu spät zu handeln. Der Anführer, der sich nicht die Mühe machte, ein Wort der Erklärung an sie zu richten, nahm die Zügel des Esels in die Hand und zog Anselm auf seinem lautstark protestierenden Grautier hinter sich her.
Nach einer guten Stunde erreichten sie eine Oase, wo man sie mit dünnen Stricken an drei hohen Palmen fesselte. Stumm beobachtete Hannah, wie die wenigen Dorfbewohner die Reiter ehrfurchtsvoll mit einem dampfenden Getränk und Datteln verköstigten. Auf Geheiß des Anführers wurden auch die Geiseln mit Wasser versorgt.
Hannah war sich plötzlich sicher, dass sie sterben mussten. Sie hatte von Geiselnahmen in Afghanistan oder im Jemen gehört, aber das hier war etwas völlig anderes. Es würde keine Lösegeldforderung geben – an wen auch? Und auch keine Spezialeinheiten, die sie in einer |425| Nacht-und-Nebel-Aktion hätten befreien können. Außer den Templern gab es niemanden, der ihr einfiel, der sie aus dieser Hölle würde befreien können. Doch dazu hätte man sie erst einmal alarmieren müssen.
Der Junge, der ihr den übel riechenden Lederschlauch an den Mund setzte, achtete nicht darauf, ob sie tatsächlich trank, und so ging das meiste daneben. Das Wasser schmeckte ohnehin abgestanden. Wahrscheinlich kam es direkt aus irgendeinem verdreckten Brunnen. Selbst wenn man sie also am Leben ließ, würde sie spätestens in einer Woche an Cholera sterben, oder irgendein Fieber würde sie hinwegraffen. Karen hatte ihr und den anderen nach ihrer Rückkehr aus dem Jahr 1307 Unmengen von Impfstoffen verabreicht, aber Hannah erinnerte sich nicht mehr, was es genau gewesen war und ob es hier etwas nützen konnte.
Ein Blick zu ihren Geiselnehmern verriet ihr, dass al-Mumkin mit seinen Kameraden und der halben Dorfbevölkerung ein Stück entfernt an einem Feuer hockte. Ihre Stimmen hallten herüber, und im Schein der Flammen blitzten hier und da eine Reihe weißer Zähne auf, wenn jemand lachte. Allem Anschein nach waren die Typen bester Laune. Sie rauchten irgendein Kraut in langgezogenen Pfeifen, die reihum gingen, oder kauten etwas, das ihre Augen glasig werden ließ. Die reinste Lagerfeuerromantik, wenn man davon absah, dass ihr Anführer rund um das Dorf hatte Wachen aufstellen lassen. Offenbar rechnete er weniger damit, dass seine Gefangenen abhauen konnten, sondern eher mit einem Angriff.
Hannah blickte in die schwach beleuchteten Gesichter ihrer Mitgefangenen. Bisher hatte niemand ein Wort gesagt. Sie standen alle unter einem Schock.
»Was wird das werden?«, fragte Hannah schließlich, ohne wirklich auf eine Antwort zu hoffen.
»Sie werden uns als Sklaven verkaufen«, brach es aus Freya hervor. Sie wusste, wovon sie sprach. In ihrem Leben vor dem Transfer in die Zukunft hatte sie schon einiges mehr an üblen Geschichten aus nächster Nähe erfahren als jeder andere von ihnen. Im Jahr 1307 hatte es noch die Leibeigenschaft gegeben, die einen Menschen zum persönlichen Besitz eines anderen machte, von schnell und
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