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Die Rueckkehr der Templer - Roman

Die Rueckkehr der Templer - Roman

Titel: Die Rueckkehr der Templer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Andr
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Mauervorsprung baumelte ein bleiches, halb mumifiziertes Skelett, dessen Kleidung in Fetzen herabhing.
    So, wie es aussah, war der arme Teufel entweder als Einschüchterungsobjekt für frisch angekommene Christen gedacht, oder man hatte es einfach nicht für nötig gehalten, seinen Kadaver im naheliegenden Meer zu versenken, geschweige denn, ihn in geweihter Erde zu bestatten. An Nachschub von armen Seelen fehlte es unterdessen |430| nicht. Aus allen Ecken und Enden drangen Stöhnen und Klagen. Offenbar hatte man vorwiegend fränkische Gefangene in dieses Loch geworfen und war sich noch nicht im Klaren darüber, was man mit ihnen anstellen wollte. Deren verfilztes blondes Haar, die mitunter trüben, hellblauen Augen, bis auf die Brust reichende rötliche Bärte und nicht zuletzt ihre völlig abgemagerten Gestalten ließen erahnen, dass sie schon länger hier einsaßen. Aus allen Ecken waren Schreie zu hören, Schreie des Schmerzes, Schreie des Wahnsinns und Schreie der Wut. Dazwischen der Klang eines Hammers, der auf Eisen schlug, sowie das scharfe zischende Geräusch einer Peitsche und das Platschen von Wasser sowie das verzweifelte Röcheln eines Ertrinkenden.
    Ein Verschlag wurde aufgesperrt, und ihre Fesseln wurden gelöst, dann stieß man Anselm und den Jungen wortlos in einen kaum mannshohen Käfig und verriegelte hinter ihnen das Gitter. Das Stroh, das auf dem Boden lag, war völlig verrottet und stank so entsetzlich nach menschlichen Exkrementen, dass Anselm sich spontan übergeben musste. Nur mühsam beruhigte er seinen krampfenden Magen, indem er sich gut zuredete und zu einer Art Flachatmung durch den offenen Mund überging. Matthäus war anscheinend weniger empfindlich. Vergeblich suchte der Junge im Halbdunkel nach einer Stelle, wo er sich vorerst niederlassen konnte. »Es ist widerlich«, brachte er mühsam in Altfranzösisch hervor und dabei schaute er hilflos umher. »Überall.«
    Das Rasseln einer Kette schreckte sie auf. Matthäus wich ängstlich zurück, als eine gebückte Gestalt mit schwarzer, strähniger Mähne, die bis zu den Hüften reichte, aus der Finsternis hervortrat. Der Mann war vollkommen nackt und abgemagert. Seine sehnige Gestalt ließ erkennen, dass er selbst in dieser Hölle alles daransetzte, seine körperliche Kraft zu erhalten. Der lange Bart, der ihm bis zum Bauchnabel reichte, machte es schwer, sein Alter zu schätzen. Die hellbraune Haut und die immer noch feurigen Augen erinnerten Anselm an einen ausgemergelten Yogi. Dass dieser Mann jedoch nicht freiwillig hungerte, war an den dicken wulstigen Narben auf Bauch und Rücken zu erkennen, die von schwersten Misshandlungen zeugten.
    »Willkommen in Askalon«, sagte der Mann in tadellosem Altfranzösisch. »Ist lange her, dass ich mein Gemach mit Gästen teilen musste.«
    Anselm versuchte, ihn nicht allzu schamlos anzustarren.
    »Wie ist Euer Name?«, fragte er mehr aus Verlegenheit.
    |431| Der Kerl lächelte schwach, und obwohl er von oben bis unten mit Dreck beschmiert war, leuchteten seine weißen Zähne regelrecht in der Dunkelheit. In höfischer Manier verbeugte er sich vor Anselm, indem er seine Hand aufs Herz legte und den Kopf leicht neigte.
    »Khaled«, sagte er mit einem Anflug von Spott in der Stimme. »Khaled al- Mazdaghani Ibn Mahmud, Sohn des ehemaligen Wesirs von Damaskus.«
    »Anselmo«, erwiderte Anselm und wählte die mittelalterliche Form seines Namens. »Anselmo de Caillou.« Auch er verbeugte sich und deutete auf Matthäus, der den nackten, schrecklich zugerichteten Kerl mit offenem Mund anglotzte, als ob es sich um einen Geist handelte. »Und das ist mein junger Begleiter, Matthäus von Bruch. Es ist uns eine Ehre, Eure Bekanntschaft machen zu dürfen.«
    »Ganz meinerseits«, antwortete der Ausgemergelte. »Du magst mich Khaled nennen, schließlich sind wir von nun an Leidensgenossen.«
    »Seit wann sitzt du schon hier unten?«, fragte Anselm.
    »Fünf Jahre.« Khaled kniff die Lippen zusammen. »Obwohl es Tage gibt, an denen ich denke, dass es auch fünfzig sein könnten.«
    »Aber …« Anselm zögerte einen Moment, nicht wissend, ob er das Richtige annahm. »… du bist doch einer von denen da oben, oder sehe ich das falsch?«
    Khaled hob eine Braue und lächelte schräg. »Es mag an deiner Einfältigkeit liegen, Franke«, betonte er mit einer leichten Ironie in der Stimme, »dass du uns Muslime alle in einen Topf wirfst. Ich bin kein Fatimide – auch wenn ich so aussehe und unsere religiösen Wurzeln

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