Die Rueckkehr der Templer - Roman
Kontrolle zu bringen, als er die vergoldete Kuppel sah, mit dem mannshohen vergoldeten Kreuz darauf, in dessen glattem Metall sich die gleißenden Strahlen der Mittagssonne spiegelten. Am liebsten wäre er stehen geblieben und hätte sich erst einmal alles in Ruhe angeschaut. Er war schon einmal auf dem Tempelberg gewesen – gut achthundert Jahre später – auf einer Studienreise. Und seitdem hatte sich einiges verändert. Hinter dem Felsendom sah man zahlreiche Aufbauten, die offenbar zu einem christlichen Kloster gehörten, sowie viele muslimische Heiligtümer, die auch in der Neuzeit noch zu sehen waren, aber nun hatte man ihre Dächer mit christlichen Kreuzen versehen.
Am Rand der Plattform zum Garten Gethsemane hin waren Obstplantagen mit Spalierbäumen zu erkennen, an denen Äpfel und Pfirsiche reiften, und uralte Walnussbäume. Dazu ein Friedhof, auf dem zahlreiche, steinerne Kreuze in Form des bekannten Croix Pateé zu finden waren.
Der blonde Templer forderte sie mehrmals auf, nicht stehen zu bleiben, sondern ihm auf dem Fuß zu folgen, dabei wurde sein Tonfall von Mal zu Mal aggressiver. Als sie auf al-Aqsa zumarschierten, verschlug es Anselm vollkommen den Atem. Knapp dreihundert Marmorpfeiler, je zwei gekrönt von einem steinernen Bogen, vereinten sich zu einem überdachten Arkadengang, der die West- mit der Ostmauer verband. Das riesige Kuppeldach über der ehemaligen Moschee war mit bunten Keramikkacheln verkleidet. Aber auch hier hatte man ein silbernes Kreuz auf die höchste Stelle der Kuppel gepflanzt. Rechts davor befand sich ein mehrstöckiges, quadratisches Gebäude aus großen Sandsteinquadern gemauert, daran anschließend eine weitere Kapelle, ein kleinerer Friedhof und zwei mehrstöckige Wohngebäude, mit Türmen und Erkern verziert und von Mauern aus buntem Marmor umgeben. Vor dem Eingang plätscherte ein riesiger Rundbrunnen, der wegen der |508| Hitze Mensch und Tier gleichermaßen anzog. Auf dem Vorplatz der ehemaligen Moschee löste sich offenbar eine Versammlung auf, wie Anselm an den vielen Ritterbrüdern in weißen Mänteln und mit den roten Kreuzen erkennen konnte. Etliche standen vor dem Brunnen schweigend in einer Reihe und warteten geduldig, bis der Nächste ihnen Wasser aus einer Schöpfkelle reichte, das aus einem der oberen Becken entnommen wurde. Der überschwappende Rest fiel in ein flaches, am Boden befindliches Becken, in dem ein paar Sergeanten ihre Füße badeten und Hunde und Katzen ihren Durst stillten. Vor der Kapelle standen weitere Ritterbrüder und unterhielten sich in gedämpftem Tonfall.
Als Matthäus sich auch etwas zu trinken holen wollte, wurde er von ihrem Begleiter jäh zurückgepfiffen, was Anselms anfängliche Euphorie weiter dämpfte. Was war so tragisch daran, dass es den Jungen zum Brunnen zog, weil er Durst hatte? Ihm klebte selbst die Zunge am Gaumen.
Als sie das Spitzbogentor zum Hauptraum der ehemaligen Moschee passierten, in dem nun die Räume der Ordensobrigkeit und das Refektorium untergebracht waren, wurde Anselm mulmig zumute.
Ihr Begleiter führte sie durch einen weiteren Spitzbogeneingang zum Zimmer des Komturs, der offenbar ausnahmsweise zugegen war. Zwischen einem Bett, zwei Stühlen und einem Tisch, auf dem ein silberner Kandelaber mit einer Stundenkerze stand, wurden sie angehalten zu warten, dabei wurde ein junger Templer mit gezogenem Schwert abgestellt, der sie unentwegt im Auge behielt.
»Verdammt, was ist hier los?«, raunte Anselm dem Jungen zu.
»Ich sagte doch, dass hier etwas nicht in der Ordnung ist«, zischte Matthäus beunruhigt. »Ich konnte es am Gesicht des Mannes sehen, als du die Namen aufgesagt hast.«
Plötzlich stand ein rothaariger Ritter vor ihnen, dessen bärtiges Gesicht eine senkrechte Narbe zeichnete, und auf der rechten Seite fehlte ihm das halbe Ohr. Sein Blick war finster und höhnisch zugleich. Ihre Bewacher standen stramm, als er den Raum betrat, und begrüßten ihn mit »Gott sei mit Euch, Beau Seigneur«, was entweder bedeutete, dass er der Hauskomtur von Jerusalem oder der Großmeister war.
»Ihr seid also die Knappen von Gero von Breydenbach und seinen Brüdern«, fragte der breitschultrige, gedrungene Kerl, ohne sich vorzustellen.
|509| »Ja«, antwortete Anselm. »Sind er und die anderen Brüder wohlauf?«
»Schweig!«, erwiderte der andere barsch. »Du sprichst nur, wenn ich es dir erlaube, oder willst du deine Zunge verlieren?«
Anselm spürte Panik in sich aufsteigen und die Gewissheit,
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