Die Rueckkehr der Templer - Roman
begehen würde. Mit Sorge betrachtete sie die Mischung aus Reispuder und gehärtetem Rosenöl, die überall dort bröselte, wo sich hartnäckige Fältchen bildeten.
»As-salāmu ’alaikum, schöne Frau«, flüsterte eine dunkle Männerstimme hinter ihr.
Melisende wich irritiert zurück, weil ihr im ersten Moment war, als habe der Spiegel zu ihr gesprochen, doch dann spürte sie die Klinge eines Dolches an ihrer Kehle, was sie augenblicklich in helle Panik versetzte.
»Es gibt mir eine gewisse Befriedigung«, raunte der Unbekannte seltsam vertraut, »dass du nach all der Zeit trotz deines Luxus kaum besser aussiehst als ich.«
»Was?« Ihre Stimme klang ungewollt schrill. Der Mann hinter ihr, der lautlos in ihr Gemach eingedrungen war, hatte sie so eisern im Griff, dass sie keinen Muskel mehr rühren konnte. Sein Atem streifte ihren Nacken, und der moschusartige Geruch seines überhitzten Körpers rief Erinnerungen in ihr wach.
Er schob ihr angstverzerrtes Gesicht noch näher an den Spiegel, so nah, dass sie lediglich sich selbst, aber nicht ihn sehen konnte.
»Schau noch einmal in deine verlogene Fratze«, presste der Mann hasserfüllt hervor, »denn es wird das Letzte sein, was du in deinem sündigen Leben zu sehen bekommst.«
»Wartet«, krächzte sie beinahe ohnmächtig vor Angst. »Wenn Ihr Geld wollt, ich kann es Euch geben, aber Ihr müsst mein Leben verschonen.«
»So viel Geld kannst du gar nicht besitzen«, bemerkte der Mann dunkel, »als dass es das Leben all meiner unschuldigen Brüder und fünf Jahre Folter in einem fatimidischen Kerker aufwiegen könnte. Allein dein Tod kann mir jene Genugtuung geben, nach der es mich dürstet.«
Melisende spürte einen scharfen Schmerz unterhalb ihrer Kehle und sah das Blut, das an ihrem Dekolleté herunterrann. Sie hatte nur einen Mann gekannt, der es so perfekt verstanden hatte, die zarte Haut am |512| Hals eines Menschen zu ritzen, bis Blut floss, ohne ihn jedoch zu töten. Dieses Ritual wurde ausschließlich von Assassinen vollzogen.
»Khaled?«, flüsterte sie atemlos. »Bist du es?«
»Und wenn es so wäre? Denkst du, ich lasse dich leben, weil ich dich einst besteigen durfte?« Spielerisch fuhr er mit seinem Dolch hinab und schnitt den Gürtel ihres seidigen Morgenmantels auf, bis sie entblößt vor dem Spiegel stand und beobachten durfte, wie das Blut sich seinen Weg zwischen ihren Brüsten suchte. »Das hat dich nicht davon abgehalten, mich in den Tod zu schicken, also warum sollte es mich davon abhalten, das Gleiche mit dir zu tun?«, raunte er. »Du hast sie alle auf dem Gewissen, Azim, Mahmud und all die anderen, die dir immer treu ergeben waren und deine Befehle befolgten, ganz gleich, wie sündhaft sie auch sein mochten. Ich erinnere nur an Hugo de Le Puiset, dessen Mörder sie in deinem Auftrag erledigt haben. Und ich bin mir sicher, dass du auf diese Weise auch den Tod deines Schwagers Raimund von Tripolis angeordnet hast. Bis in den Kerker von Askalon war zu hören, dass er von Assassinen getötet worden sein soll, als du deiner Schwester zur Flucht vor ihrem ungeliebten Gemahl nach Jerusalem verholfen hast. Er ist euch wutentbrannt nachgeritten, wie ich gehört habe – und wurde aus dem Hinterhalt mit Pfeilen durchbohrt. Was glaubst du, wird geschehen, wenn seine Mörder erfahren, dass du es warst, die den Tod ihrer Brüder in Damaskus verschuldet hat, und dein ehrgeiziger Sohn, der nichts weiter getan hat, als auf die Lügengeschichten eines Manasses de Hierges zu vertrauen, unschuldig ist? Denkst du wirklich, die syrischen Nizâri würden dich verschonen? Sie werden meine Entscheidung, dich zu töten, verstehen, wenn ich ihnen berichte, was für eine finstere Magie du damals betrieben hast und allem Anschein nach immer noch betreibst.«
Melisende hatte zu zittern begonnen. Plötzlich wurde ihr klar, dass sie diesen Tag nicht überleben würde. Weil Khaled mit allem recht hatte, was er sagte, und weil er verzweifelt genug war, seine Wut und seine Trauer mit ihrem Blut zu betäuben.
»Ich bekenne mich schuldig«, flüsterte sie, »und es tut mir aufrichtig leid.« Sie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Überraschend lockerte Khaled den Griff. »Ich muss dir zustimmen«, fuhr sie mit heiserer Stimme fort, »ich habe es nicht anders verdient. Und ich will auch nicht um Gnade winseln. Das wäre einer Königin nicht würdig. Aber |513| eins sollst du wissen: Ich habe dich wahrhaftig geliebt. Mit meinem ganzen Herzen. Ich
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