Die Rueckkehr der Templer - Roman
davonkommt für das, was sie mir angetan hat.«
»Ich verstehe deine Gründe sehr gut«, sagte Montbard und bat ihn mit einer freundlichen Geste in seine Gemächer, »aber bevor wir uns mit Rache beschäftigen, haben wir noch ein paar andere Probleme zu lösen.«
Er schloss die Tür und bot Khaled einen Platz an seinem ovalen Versammlungstisch an, den dieser jedoch dankend ablehnte. Khaled nahm den Becher mit Wein, den Montbard ihm anbot, und trank ihn in einem Zug aus, weil ihn ein höllischer Durst quälte und es ihn nach etwas verlangte, das seine angespannten Sinne betäubte.
»Tramelay will morgen früh im Einvernehmen mit Balduin fünf ehemalige Ordensritter hinrichten lassen«, erklärte Montbard, »weil man sie des Mordes an den Bewohnern eines jüdischen Dorfes und den eigenen Brüdern bezichtigt – fälschlicherweise.«
»Das ist ja gut und schön«, raunte Khaled und nahm einen weiteren Schluck.
»Aber was hat das mit mir zu tun?«
»Vielleicht mehr, als du denkst«, erwiderte Montbard. »Das Ganze ist eine Farce. Ich war selbst bei der Verhandlung dabei. Aber wie du weißt, kann ich als Einzelner gegen Tramelay nicht viel ausrichten. Wir können nicht zulassen, dass sie diese Männer hängen. Erstens, weil es jammerschade wäre, in diesen unsicheren Zeiten auf fünf stattliche Krieger zu verzichten, und zweitens, weil wir sie für unsere eigenen Zwecke bestens gebrauchen können.«
»Was soll das bedeuten?« Khaled sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an.
»Hast du schon mal von dem Kelch von Askalon gehört?«
»Ich war dort … in Askalon. Dort weiß man nichts von einem solchen Schatz.«
Montbard sah ihn mit einem geheimnisvollen Lächeln an. »Du weißt genau, wovon ich spreche. Wir alle wollen ihn haben, aber nur einer wird ihn bekommen.« Er wanderte an den drei Fenstern entlang, die ihm einen Blick in den paradiesisch anmutenden Garten des Patriarchen ermöglichten. »Allein, wer den Kelch besitzt, weiß, wo das Geheimnis der Bundeslade zu finden ist. Melisende hat mir verraten, dass |518| es ihr mithilfe ihrer Spione gelungen ist, herauszufinden, dass ihr Sohn mit Bernard de Tramelay einen geheimen Pakt geschlossen hat, den Kelch aus Askalon herauszuholen, bevor er jemand anderem in die Finger fällt. Sie hat mir auch verraten, dass sie dich schon vor fünf Jahren damit beauftragt hat, in dieser Angelegenheit einen Mittelsmann der Fatimiden zu treffen, was sich dann aber wegen des Überfalls auf die Karawane nach Blanche Garde zerschlagen hat. Dass beide, Balduin und Melisende, den Kelch besitzen wollen, steht außer Frage. Und dann ist da noch Tramelay, auch er hat seine Ansprüche bereits angemeldet. Oder warum sonst belagern sie alle diese kleine unbedeutende Festung?«
»Wer den Kelch findet, wird auch den Weg zur Bundeslade finden«, sinnierte Khaled halblaut, »und wer die Lade mit den Steintafeln des Moses findet, wird den Messias wiederauferstehen lassen, den Fürsten der Zeit, den Herrscher der Welt, oder …« Er warf Montbard einen vielsagenden Blick zu – »den Imam Mahdi, den Erlöser der Welt, der erst kurz vor deren Ende wieder erscheint.«
Bei den letzten Worten war Montbard so nahe an Khaled herangetreten, dass der Templer nur noch flüstern musste, damit er ihn verstand. »Wir wollen doch nicht, dass dieses Geheimnis in die Hände von Leuten wie Bernard de Tramelay fällt oder dass Balduin es herausfindet – schon gar nicht Melisende, nicht wahr?«
»Oder in die Hände der Fatimiden.« Khaled sah ihn aus schmalen Lidern an. »Aber ist die Zeit, wenn wir den Aufzeichnungen von Rona und Lyn glauben wollen, nicht längst schon geschrieben? Tramelays Tod steht bereits fest, nicht wahr? Und du wirst Großmeister werden und Balduin stirbt einen frühen Tod?«
Khaled schaute Montbard prüfend in die Augen. »Fünf Jahre sind vergangen, und alles, was die Prophezeiungen vorhergesagt haben, ist eingetreten – also was bleibt noch zu hoffen?«
»Wir wissen, dass Tramelay fällt«, entgegnete Montbard leise. »Wir wissen auch, dass es später heißen wird, dass Balduin seine Heere bei der Erstürmung von Askalon zurückgehalten hat, als Tramelay und seine Männer die Bresche in den Mauern erstürmten. Aber wir wissen nicht, was danach geschah. Wir wissen lediglich, dass ich Großmeister werde. Aber was mit dem Kelch geschieht, ist nirgendwo dokumentiert. Ergo kann er in die Hand eines jeden fallen – und das wollen wir |519| doch nicht, oder?« Montbard hielt kurz inne.
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