Die Rueckkehr der Templer - Roman
darunter auftaten. Amelie machte indessen eine erstaunlich gute Figur, als es darum ging, in schwindelnder Höhe über einen schmalen Kamm zu laufen, der die Verbindung zum nächsten Dach herstellte. Als Lyn nach einem Weg suchte, hielt Hannah inne. Draußen in der Wüste sah man Lichter, die im warmen Wüstenwind flackerten. Es waren Hunderte, und wenn man genau hinschaute, bewegten sie sich wie ein Lindwurm in Richtung Festung. Instinktiv dachte sie an Gero. Hoffentlich ließ er sich zu keinem Risiko hinreißen, nur um sie wiederzusehen. Sie machte sich jeden Tag Vorwürfe, dass sie nach ihrem Transfer nicht besonnener vorgegangen waren.
Rona schob sie zu einem weiteren Überstand. »Dort unten müssen wir hin«, sagte sie und zeigte über einen Vorplatz, auf dem einige Menschen an Lagerfeuern saßen, zu einer dunklen Gasse, die zwischen zwei hohen Häusern verschwand.
»Da! Das ist doch Struan!«, rief Amelie und zeigte nach unten, wo in gut fünfzig Meter Entfernung zwei Menschen im Schutz einer Mauer voranliefen. Sie führten drei Pferde mit sich.
|624| Amelie hatte den Templer trotz Turban erkannt, weil es in diesem Land wohl kaum einen anderen Mann gab, der so groß und so breitschultrig war wie der Schotte. Als er einen Moment in ein flackerndes Feuer blickte, konnte auch Hannah seine markanten Gesichtszüge erkennen. Auf einmal tauchte Arnaud hinter den beiden auf, er führte zwei Kamele am Zügel.
»Ja, zusammen mit Arnaud«, bestätigte Rona, die beide nun auch entdeckt hatte. »Aber wer ist die Frau neben ihnen?«
»Das muss Freya sein.« Hannah verengte für einen Moment ihre Lider, um die rothaarige Begine in der Dunkelheit besser erkennen zu können.
»Aber wo ist Khaled?« Lyn schaute besorgt.
»Hier!«, sagte eine dunkle Stimme, die Hannah zu Tode erschreckte.
Als sie sich umdrehte, sah sie einen hochgewachsenen, gut aussehenden jungen Mann, der einen hellen Kaftan und einen schwarzen Turban trug. »Ich habe euch im Harem gesucht und eure Spur bis hierher verfolgen können.«
Ohne Zögern nahm er Lyn in den Arm und küsste sie leidenschaftlich.
Hannahs Blick fiel auf das breite Schwert, das neben einem mörderisch aussehenden Dolch an seinem Gürtel steckte.
Als er sich von Lyn gelöst hatte, lächelte Khaled in die Runde. »Ich glaube, wir sollten uns beeilen, von hier fortzukommen.
Khaled half Hannah, eine Kuppel hinunterzurutschen, indem er sie am Ende auffing, weil es hinter ihm fünf Meter in die Tiefe ging, dabei sicherte er sie mit seinem ausgerollten Turban. In abenteuerlicher Weise arbeiteten sie sich Dach für Dach und Überstand für Überstand nach unten.
Inzwischen hatte auf der Festung jemand Alarm geschlagen. Hörner schallten von den Türmen, und die Umgebung unter ihnen schien regelrecht zu brodeln. Soldaten liefen mit gezogenen Waffen aus ihren Unterkünften. Die letzten drei Meter zum Boden hangelten sich Khaled und seine Begleiterinnen an einem Bleirohr in die Tiefe, das Regenwasser von den Dächern in eine Zisterne beförderte. Hannah wurde von Arnaud aufgefangen, der sie stürmisch begrüßte, indem er sie an sich drückte und ihr einen Kuss auf die Wange gab.
»Habt ihr den Kelch?«, fragte Rona, die hinter Hannah gelandet war, |625| in einem barschen Ton. Khaled bejahte die Frage mit einem triumphierenden Lächeln.
»Was für einen Kelch?« Hannah schaute Arnaud fragend an.
»Das erkläre ich dir später«, sagte er nur. »Im Moment haben wir andere Sorgen.«
Amelie flog Struan regelrecht in die Arme. Die Freude des Mädchens, ihren Liebsten wiederzusehen, war nahezu unbeschreiblich, und auch dem Schotten standen Tränen in den Augen, als er sie innig küsste. Aber die Zeit drängte.
Freya begrüßte ihre Freundinnen und die beiden Frauen, die ihr als die beiden Gesuchten aus der Zukunft vorgestellt wurden, mit einem erleichterten Lächeln. Doch bevor sie weitere Fragen stellen konnte, ertönte noch mal das Horn. »Bestimmt haben sie den toten Wesir schon entdeckt und suchen nach uns«, vermutete sie und schaute ängstlich zurück durch die enge Gasse, die zum Hauptplatz führte.
»Wieso?«, fragte Hannah. »Was ist denn geschehen?«
Während sie hinter den Männern und den Tieren zum Ausgang eilten, berichtete ihr Freya, was vorgefallen war. Fassungslos erfuhr Hannah von al-Russaks Tod und dem großen Geheimnis, das Gero zwar angedeutet, dessen Hintergründe er ihr aber stets verschwiegen hatte.
Hannah versuchte diese Informationen immer noch zu verdauen,
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