Die Rueckkehr der Templer - Roman
Galopp erneut spannten und die nächste Salve in Richtung Festung entließen. Im gleißenden Licht der Morgensonne sah Gero, wie die ersten Heiden vor einem klaren, blauen Himmel auf der Mauerkrone getroffen sechzig Fuß in die Tiefe stürzten und leblos im Sand liegen blieben. Mit einem Gegenbeschuss war so lange nicht zu rechnen, wie sich die fatimidische Reiterei unmittelbar vor ihnen befand. Es war davon auszugehen, dass die Heiden kaum ihre eigenen Leute gefährden würden.
Der Angriff fand in scheinbarer Lautlosigkeit statt, weil die donnernden Geräusche der Pferdehufe alles verschluckten. Niemand schrie, niemand rief, niemand stöhnte, selbst die Pferde wieherten nicht. Erst als Gero den immensen Aufprall seiner Lanze auf dem |650| Schild seines Gegners spürte, beendete Krachen und Splittern von Holz diesen Zustand. Schreien, Wiehern und Stöhnen setzten fast gleichzeitig ein, als hätte jemand dafür ein Zeichen gesetzt. Gero schwankte und bemerkte sofort, wie seine Armmuskeln unter der weichenden Anspannung zu zittern begannen, aber er war unversehrt. Sein Hengst brach kurz aus, fing sich dann wieder und gab ein hartes Wiehern von sich, als Gero ihm in die Flanken trat, um den nächsten Feind ins Visier zu nehmen: einen kräftigen Fatimiden, der zu Pferd auf ihn zustürmte. Auch sein Gegner besaß eine Lanze. Aber Gero lenkte seinen Hengst ganz leicht nach rechts, bevor es zum Aufprall kam, und erwischte den anderen mit seiner Lanze am unteren Rand des Schildes, worauf es zur Seite schnellte und der Lanzenklinge einen Durchlass erlaubte. Der geschliffene Stahl bohrte sich erbarmungslos in die Seite des Gegners. Der Mann kippte mit einem Aufschrei aus dem Sattel, und Gero schnellte die Lanze aus den Händen, weil er es nicht schaffte, sie rechtzeitig aus dem Leib des Mannes herauszuziehen. Das Ende des Schafts schlug ihm unter das Kinn. Betäubt vor Schmerz, hielt er sich den Unterkiefer, der für einen Moment gefühllos zu sein schien. Bevor Gero an den Toten heranreiten konnte, um der Lanze wieder habhaft zu werden, wurde er von einem plötzlich herannahenden Fatimiden überrascht, der seinen Krummsäbel gezogen hatte und ihm die Waffe im Vorbeireiten so dicht über den Kopf zog, dass sie seinen Helm streifte. Gero zog sein Schwert und wehrte geschickt die Schläge des anderen ab. Dabei drehten sich ihre beiden Araberhengste wie in einem Tanz um sich selbst. Gero sah für einen Moment die braunen Augen und das sonnengebräunte Gesicht des Mannes vor sich und den Schweiß, der ihm in Strömen über die Stirn und in die Augen lief. Dabei fühlte er sich an seinen beinahe aussichtlosen Kampf auf Antarados im Herbst 1302 vor der syrischen Küste erinnert, als ihn ein ähnlicher Gegner beinahe einen Kopf kürzer gemacht hatte. Auch damals hatte er zuerst einen Schlag an den Kopf erhalten. Und als ob ihm Gott mit diesem Gedanken eine Warnung hatte geben wollen, riss er instinktiv seinen Schild hoch und wurde von der Brachialgewalt eines Kampfhammers getroffen, allerdings nicht von vorne, sondern von der Seite. Ein weiterer Fatimide hatte sich an ihn herangemacht. Mit einer schnellen, überlegten Bewegung versetzte Gero seinem Vordermann einen Schlag zwischen die Rippen, der das Kettenhemd des Mannes |651| sprengte und ihn zumindest so schwer verletzte, dass er eine Weile außer Gefecht sein würde. Als er sich jedoch nach dem Gegner mit dem Kampfhammer umsah, war kein Fatimide mehr zu sehen, sondern Tramelay, der offenbar einem Feind im Vorbeireiten den Schädel zertrümmert hatte. Überall lagen nun Leichen herum, und Gero sah, dass sich einige Brüder ihrer Pferde entledigt hatten und in einen erbarmungslosen Bodenkampf verwickelt waren. Er hielt einen Moment inne, um nach Tanner oder Johan und Stephano Ausschau zu halten.
Erst nach längerem Suchen bemerkte er, dass sich Tanner tatsächlich in arger Bedrängnis befand. Er saß zwar wie auch sein Gegner immer noch auf seinem Pferd, aber der andere hatte ihn an der linken Hand erwischt. Tanner hatte allem Anschein nach seinen Handschuh verloren und blutete stark. Und weil Jack wie Gero auch Linkshänder war, konnte er kaum noch sein Schwert halten und versuchte nun mit dem Schild verzweifelt, die Schläge des anderen abzuwehren. Gero trat seinem Hengst in die Flanken, um das Tier an die beiden heranzubringen. Der Angreifer hob seinen Krummsäbel, um Tanner den Rest zu geben. Gero schlug ihm im Vorbeireiten mit einer solch kraftvollen Bewegung den Arm ab,
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