Die Rueckkehr der Templer - Roman
vorübergehenden Rückzug der Franken ein jähes Ende. Für einen Moment erzitterte die Erde, und der Luftdruck der Explosion schleuderte die fatimidischen Feuerschützen ins Innere der Festung. Steine flogen wie große Geschosse umher. Die Pferde scheuten und traten nach allen Seiten aus. Gero und Johan hatten Mühe, die Tiere davon abzuhalten, sich loszureißen und einfach davonzustürmen. Für einen Moment war das Prasseln von Steinen zu hören und ein sonores, fernes Rumpeln, das den Zusammenbruch eines größeren Gebäudes ankündigte.
Als Gero vorsichtig um die Ecke des massiven Eichenholzgestells spähte, sah er, dass die von Tanner eingebrachte Idee ein voller Erfolg gewesen war. Auf einer Länge von drei Metern Breite und dreißig Metern Höhe war die Festungsmauer aufgebrochen, und mit den herabgestürzten Steinen war ein schmaler Einfall entstanden, durch den Tramelays Truppen hineinströmen konnten. Die Fatimiden waren offenbar zu entsetzt, um eine direkte Gegenwehr zu organisieren. Tramelay und Hugo Salomonis de Quily ließen sich nicht lange bitten und gaben den Befehl zum Angriff. Etwa vierzig Templer bahnten sich mit brutaler Gewalt Zutritt zu der plötzlich entstandenen Bresche. Einzelne fatimidische Krieger, die versuchten, deren Eindringen zu verhindern, wurden niedergemetzelt. Gleichzeitig war es für Balduins Truppen unmöglich, Tramelay und seinen Rittern zu folgen, weil der Großmeister offenbar seinen nachrückenden Templerbrüdern den Befehl gegeben |656| hatte, niemanden durchzulassen, der nicht zum Orden gehörte. Somit war die gesamte Gegend rund um die zerstörte Festungsmauer für andere Ritter und Fußsoldaten unerreichbar.
Johan stieß ein missmutiges Geräusch aus. »Als Muslim verkleidet kommen wir da schon gar nicht hinein«, meinte er düster, als er sah, dass Tramelay sogar direkt an der Bresche kontrollieren ließ, wer sich Zugang verschaffte. Wenn überhaupt, würde man sie also nur als Ordensbrüder hindurchlassen.
»Wir müssen dort hinein, egal wie«, bestimmte Gero mit entschlossener Stimme. »Dann ziehen wir die muslimische Kleidung eben unter unsere Chlamys und entkleiden uns in einem unbeobachteten Moment, wenn wir im Innern der Festung angelangt sind.«
Im Schutz des Katapultes versicherten die beiden sich, dass sie niemand bei ihrem hastigen Kleiderwechsel beobachtete.
Johan half Gero wegen seiner Verletzung beim An- und Ablegen von Kettenhemd und Chlamys, und dann machten sie sich, immer noch als Templer zu erkennen, eilig zu Fuß auf den Weg.
Tramelay hatte längst damit begonnen, mit den vor Ort befindlichen Brüdern in die Stadt einzurücken. Brutal gingen sie gegen die verzweifelten Fatimiden vor, die sich ihnen kraftlos entgegenstellten, weil sie für einen Moment jeglichen Mut verloren hatten, die Festung gegen die Franken halten zu können.
Gero und Johan näherten sich der Öffnung, die wegen der heruntergefallenen Steine nur kletternd zu bewältigen war. Aus dem Innern der Festung drangen Schreie von Männern, Frauen und Kindern, und Gero spürte sein Herz davonrasen bei dem Gedanken, dass sich die davongekommenen Fatimiden an den noch auf der Festung befindlichen, gefangenen Franken für ihre getöteten Landsleute rächen könnten.
»Ihr bekommt keinen Durchlass«, sagte eine kehlige Männerstimme, und schon sahen sich Gero und Johan mit fünf jungen Templern konfrontiert, die ihnen die Schwerter vor die Nase hielten. »Befehl von Meister Bernard.«
Einer der Männer war Bruder Florentin, der Gero mit Häme angrinste.
»Der Großmeister hat auch ausdrücklich befohlen, dass wir euch festsetzen sollen, sobald ihr hier auftaucht«, schnarrte ein älterer Bruder, den Gero in der Truppe bisher noch nicht bemerkt hatte. »Ihr habt euch der |657| Kollaboration mit dem Feind verdächtig gemacht. Er hat bereits einen Boten entsandt, damit man euch abführt, sobald ihr hier auftaucht.«
»Das Urteil gegen uns wurde aufgehoben«, erwiderte Johan barsch. »Außerdem hat Tramelay es allein uns zu verdanken, dass die Sprengung der Mauer überhaupt möglich war. Und jetzt lasst uns durch.« Er wollte sich an den Brüdern vorbeidrängen, hatte jedoch sofort zwei blutbesudelte Klingen an der Kehle.
»Wenn du uns nicht einlässt, werde ich dich töten«, sagte Gero ruhig und hob sein Schwert.
»Dann musst du uns alle fünf töten«, erwiderte ein dritter Templer und stellte sich Gero mit gezogenem Schwert in den Weg.
»Außerdem nähert sich just eure Eskorte.«
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