Die Rueckkehr der Templer - Roman
dass der Arm samt Schwert vor die Hufe von Tanners Hengst stürzte. Tanner schaffte es mit Mühe, das Tier zu bändigen, und als er es wieder im Griff hatte, schaute er auf den sterbenden Mann hinunter und machte ein Gesicht, als ob er den Verstand verlieren würde.
»Folge mir!«, rief Gero ihm zu und führte ihn in einem Zickzackkurs durch die feindlichen Linien, bis er Johan und Stephano im Gewimmel der Kämpfenden entdeckte. Stephano hatte eine Traube von vier Fatimiden an sich hängen und Johan weitere drei. In einem abenteuerlichen Schlagabtausch hoben sie ihren Schild gegen die herniederprasselnden Schläge und teilten gleichzeitig mit dem Schwert aus. Gero ritt heran, um die Gegner davon abzubringen, von allen Seiten auf die beiden einzudreschen, indem er mit seinem Schwert zwischen die Angreifer ging und die aufeinandertreffenden Klingen mit einem einzigen Schlag auseinandersprengte. Johan nutzte die Irritation, um einen der Fatimiden zu köpfen. Ein weiterer wurde von Stephano ins Paradies geschickt, als er ihn so schwer in der Seite traf, dass er aus dem Sattel stürzte und mit aufgeschlitztem Leib liegen blieb. Für einen Moment war Stephano zu abgelenkt, um sich auf einen dritten konzentrieren zu können. Gero sah den Schatten hinter ihm und trat seinem Hengst |652| so arg in die Flanken, dass er sich aufbäumte und seitlich gegen das Tier des Angreifers sprang. Das Pferd strauchelte, und der Mann schnellte herum, wobei sein Säbel sich eher unbeabsichtigt in Geros linke Schulter grub. Das Kettenhemd zersprang, und auch wenn es die größte Wucht des Schlages abgehalten hatte, so fügte die Schneide ihm doch eine Fleischwunde zu, aus der sofort das Blut herausschoss. In Stephanos Augen spiegelte sich pures Entsetzen, als er sah, dass es Gero erwischt hatte. Und obwohl die erste Lektion eines jeden Ritters lautete, sich zunächst um die eigene Sicherheit zu kümmern und dann erst um die des Kameraden, war er zu gebannt, um einen weiteren Angreifer zu bemerken, dessen Lanze sein Ziel nur verfehlte, weil Stephanos Hengst einen erschrockenen Satz zur Seite machte. Trotzdem streifte die Lanzenspitze Stephanos Bein und schlitzte ihm die Kettenhose und seinen Oberschenkel auf. Der blonde Templer, der in Friedenszeiten für seine Sanftmut bekannt war, verlor die Balance und stürzte mit einem Aufschrei aus dem Sattel auf den harten Wüstenboden, wo er für einen Moment reglos liegen blieb.
Gero und Johan stürmten von beiden Seiten auf den Fatimiden zu. Als er erkannte, dass er es mit zwei Templern zu tun bekam und sich keiner seiner Kameraden in der Nähe befand, um ihm zu helfen, entfernte er sich johlend mit erhobenem Säbel in Richtung Stadttor.
Johan und Gero ließen ihn ziehen, weil ihnen der Zustand von Stephano wichtiger war. Johan kniete neben seinem vor Schmerz keuchenden Bruder nieder und begutachtete die Verletzung. Die Wunde des Bruders war tief, aber nicht tödlich.
Tanner hatte sich den Schnitt in der Handinnenfläche bereits selbst notdürftig verbunden, als er sich daranmachte, Stephano mit Verbandmaterial aus seiner Satteltasche zu helfen, während Johan die Umgebung sicherte. Der Amerikaner war offenbar versiert, was die Behandlung von Verletzten betraf. Gero hatte Stephano von seiner beschädigten Kettenhose befreit und schnitt danach mit einem Dolch seine Lederhose auf. Dann half er Tanner dabei, Stephano einen Druckverband anzulegen, um die Blutung zu stoppen. Gero ließ den Amerikaner gewähren und versorgte sich selbst, indem er ein mehrfach gefaltetes Stück Leinen aus seiner Satteltasche nahm und sich den festen Stoff auf seine Armwunde presste. Erst dann fiel ihm auf, wie nah sie schon an die Festung herangekommen waren und dass die Belagerungsmaschine |653| dicht an der Mauer stand, höchstens neunhundert Fuß von ihnen entfernt. Die überlebenden, fatimidischen Reiter hatten sich geschlagen hinter die Festungsmauern zurückgezogen.
Hier und da fanden noch vereinzelte Scharmützel zwischen versprengten, muslimischen Soldaten und fränkischen Rittern statt. Tramelay hatte seine Leute auch ohne Geros Unterstützung rund um den Hauptbelagerungsturm verteilt, als wollte er damit seinen Besitzanspruch wahren. Von Süden war zudem eine Verstärkung von mindestens einhundert Templern herangerückt, die nachfolgende Truppen auf Abstand hielten, dahinter steckte angeblich Balduins Plan, die eigenen Leute zu schützen, weil niemand wissen konnte, wie heftig die bevorstehende Explosion
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