Die Rueckkehr der Templer - Roman
versteckt, damit ihn niemand finden kann?«
»Soweit ich weiß«, antwortete Arnaud, »ist das gute Stück in ein Museum gewandert, und unsere amerikanischen Gastgeber wissen ebenso wenig darüber wie unsere fatimidischen Freunde.«
Hannah schüttelte den Kopf. »Warum hat Gero den Kelch überhaupt den Amerikanern überlassen? Wäre es nicht besser gewesen, er hätte ihn einfach an sich genommen und versteckt?«
»So, wie Johan und er uns erklärt haben, war das nicht möglich. Hertzberg hat den Kelch kurz in Händen gehalten und Gero sogar gefragt, ob er eine Bedeutung habe, und Gero ist nichts anderes übrig geblieben, als den wahren Hintergrund zu verleugnen und sich unwissend zu stellen. Danach hatte er keine Möglichkeit mehr, an den Kelch heranzukommen. Aber er wusste aus Legenden, um welche Kostbarkeit |644| es sich handeln musste und dass es hieß, Montbard und seine Ritter hätten um die Macht des Kelches gewusst.«
»Wahrscheinlich war ihm die Geschichte zu heikel«, beantwortete Rona die Frage. »Offensichtlich war ihm klar, welche Kraft in dieser winzigen Probe lag, und er hat geahnt, dass man mit dem, was dahintersteckt, womöglich die ganze Welt vernichten kann, falls das Geheimnis in die falschen Hände gerät.«
»Oder sie retten«, mischte Khaled sich ein. »Das Geheimnis der Bundeslade ist offenbar so mächtig wie die Schöpfung selbst. Es in eine simple Fassung pressen zu wollen käme einer gewaltigen, nicht wiedergutzumachenden Sünde gleich.«
»Kann uns der Kelch denn wenigstens irgendwie aus unserer Misere heraushelfen?« Hannah schaute den Assassinen mit einer Mischung aus Hoffnung und Misstrauen an.
»Der Kelch nicht«, antwortete Khaled, »aber vielleicht das, was dahintersteckt.«
»Was wird nun aus Gero und den anderen?« Hannahs Stimme zitterte, als sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich und ihren Blick in die weite, staubige Ebene richtete. Von Arnaud wusste sie, dass Gero und seine Kameraden dort unten im Heer zu finden waren, und auch Matthäus und Hertzberg befanden sich immer noch in Gefahr, jedenfalls solange sie noch bei diesem obskuren Templer in Jerusalem festsaßen.
»Wir müssen sie irgendwie warnen und ihnen sagen, dass ihr gerettet seid und wir den Kelch haben«, sagte Arnaud. »Ich habe nur leider noch keine Ahnung wie. Vor allen Dingen weiß ich nicht, was aus Hertzberg und dem Jungen werden soll, wenn wir, wie Khaled vorschlägt, einfach abhauen und Montbard und die Königin ohne Kelch zurücklassen.«
»Montbard bekommt den Kelch nicht eher, bis wir selbst das Geheimnis der Lade entschlüsselt haben«, bestimmte Khaled düster. »Keiner weiß, ob wir ihm wirklich trauen können. Wegen eines Paktes mit der Königin hat er mich schon einmal im Stich gelassen. Wahrscheinlich würde er auch ein zweites Mal so handeln, wenn es ihm nützlich ist.«
»Du kannst doch für so einen Kelch nicht einfach zwei Menschenleben opfern?« Hannah war außer sich vor Sorge wegen Matthäus.
|645| »Und ob ich das kann«, brummte der Assassine stur. »Für die Entdeckung dieses Geheimnisses sind ganze Völker gestorben. Bevor ich nicht weiß, was sich in Wahrheit dahinter verbirgt, werde ich niemandem den Vortritt lassen.«
Hannah biss sich vor Verzweiflung auf die Lippen. Wenn Gero doch nur hier wäre, dachte sie.
Rona stand neben ihr auf der Anhöhe und schützte ihre empfindlichen Augen gegen die aufgehende Morgensonne, indem sie die Handfläche wie einen Schirm darüber hielt.
»Was kannst du sehen?«, fragte Arnaud, der hinzugekommen war und mit ihr die Staubwolken verfolgte, die ein Reiterheer verursachte, das durch die Ebene preschte.
»Von Gaza nähert sich an der Spitze ein Templerbataillon«, erklärte Rona und zögerte einen Moment, als ob sie jeden einzelnen Reiter nachzählen müsste. »Schätze, ungefähr fünfzig Ordensritter, gefolgt von weiteren einhundert Reitern. Dahinter positionieren sich mindestens zweitausend Fußsoldaten, die zu Balduins Truppen gehören müssen. Man kann sie an ihren blauen Überwürfen erkennen. Es scheint tatsächlich so zu sein, dass sie mit dem Angriff auf Askalon begonnen haben.«
»Denkst du, dass unsere Männer dabei sind?« Hannah versuchte die Angst in ihrer Stimme zu unterdrücken. Doch sie war nicht die Einzige, die sich Sorgen machte.
»Ich frage mich ernsthaft, worauf ihr noch wartet«, schimpfte Freya. Mit ihren wirren, roten Haaren und dem Blut des Wesirs an ihrem Seidenkaftan erweckte sie den Eindruck, eine
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