Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rückkehr der Templerin

Die Rückkehr der Templerin

Titel: Die Rückkehr der Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
sodass sie nur noch seine Kapuze sah. Trotzdem … er war nicht sehr groß. Unter dem schmutzigen Stoff seines Mantels spannten sich breite, fleischige Schultern, und selbst im Knien war ihm seine Leibesfülle durchaus anzusehen. Aber wenn es Abbé war - warum war er dann nicht schon längst zu ihr gekommen?
    Die Messe schien kein Ende zu nehmen. Nie waren ihr die Lieder so lang, die Gebete so endlos und die Predigt, die Odo selbst hielt, so ermüdend und unendlich vorgekommen. Als der Großmeister schließlich ein letztes Gebet sprach und sie mit seinem Segen entließ, hatte sie das Gefühl, stundenlang auf dem harten Steinboden gekniet und auf das Ende des Gottesdienstes gewartet zu haben.
    Während die Ritter einer nach dem anderen und in Anbetracht ihrer großen Zahl erstaunlich lautlos aufstanden, um die Kapelle zu verlassen, versuchte sie einen unauffälligen Blick unter die Kapuze des Mannes zu erhaschen, in dem sie Bruder Abbé erkannt zu haben glaubte, doch es gelang ihr nicht. Wie fast alle anderen ging er mit gebeugten Schultern und demütig gesenktem Haupt, die Hände auch jetzt noch im Gebet vor der Brust gefaltet, und da sich die Ritter schnell und sehr diszipliniert bewegten, wagte es Robin nicht, einfach stehen zu bleiben und zu warten, bis er näher heran war. Doch allein die Art, wie sich der Mann bewegte, machte ihren Verdacht beinahe zur Gewissheit. Es wa r Bruder Abbé. Aber er musste doch wissen, dass sie hier war! Er musste doch mit Horace gesprochen haben!
    Auch draußen auf dem Hof wurde es nicht besser. Die Ritter stellten sich in zwei präzise ausgerichteten Reihen vor der kleinen Kapelle auf und marschierten dann schweigend über den verlassenen Hof. Es war ihr vollkommen unmöglich, sich ihrem alten Lehrmeister zu nähern, ohne die Ordnung zu stören und damit die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
    Erst als sie den Palas erreicht hatten und die Ritter in verschiedenen Richtungen davongingen, um zu ihren Schlafquartieren zu eilen, löste sich die allgemeine Ordnung auf. Noch immer sprach niemand, doch die Männer hatten es nun sehr eilig. In wenigen Stunden schon würde die Glocke wieder zum Morgengebet rufen, und die viel zu wenigen Augenblicke Schlaf, die ihnen bis dahin vergönnt waren, waren zu kostbar, um sie mit etwas so Banalem wie Reden zu vergeuden; selbst wenn es ihnen gestattet gewesen wäre.
    Auch Robin schlug den Weg zu ihrem Quartier ein, ging aber ein wenig langsamer als die anderen und blieb nach wenigen Schritten stehen, um so zu tun, als müsse sie etwas an ihrem Stiefel richten. Was die anderen Ritter anging, so schien ihre Einschätzung richtig gewesen zu sein: Niemand nahm Notiz von ihr. Die Männer strebten rasch an ihr vorüber, um dem einzigen Feind zu entgehen, der vielleicht noch schlimmer und auf jeden Fall hartnäckiger als die allgegenwärtige Hitze war: der Müdigkeit. Unter dem Rand ihrer Kapuze hervor beobachtete sie, wie der vermeintliche Abbé durch eine Tür am anderen Ende des Ganges verschwand. Langsamer, als nötig gewesen wäre, aber nicht so langsam, dass es auffiel, richtete sie sich wieder auf, setzte ihren Weg fort und machte kehrt, als sie endlich allein war.
    Mit wenigen, weit ausgreifenden Schritten erreichte sie die Tür, durch die Abbé verschwunden war, zögerte noch einen allerletzten Moment und zuckte dann in Gedanken resignierend mit den Schultern. Wenn sie irgendeiner der anderen Templer beobachtete oder ansprach, dann war sie verloren, aber dieses Risiko würde sie einfach eingehen müssen. Wenn es sich bei dem Mann tatsächlich um Abbé handelte (und sie war sich dessen mittlerweile sicher), dann m u sste sie mit ihm reden. Falls irgendetwas Unvorhergesehenes geschah, konnte sie immer noch versuchen, aus Safet zu fliehen und sich zu Salim durchzuschlagen. Robin hatte die Hoffnung, die sie insgeheim gehegt hatte, nämlich, dass sich auch hier in der Templerburg Männer Salims oder seines Vaters aufhielten, mittlerweile aufgegeben, doch sie war zugleich auch sicher, dass die Burg aufmerksam von seinen Assassinen beobachtet wurde.
    Hinter der Tür begann eine schmale, in engen Windungen in die Tiefe führende Treppe, deren ausgetretene Stufen so schmal waren, dass Robin sich mit den flachen Händen rechts und links an den Wänden abstützte, um auf dem spiegelglatten Stein nicht den Halt zu verlieren. Es war nahezu vollkommen dunkel. Nur aus der Tiefe drang ein schwacher, rötlicher Lichtschein zu ihr herauf, der ihr

Weitere Kostenlose Bücher