Die Rückkehr der Templerin
es, als lege sich der Schatten einer riesigen Hand über das Schlachtfeld. Robin hob erschrocken den Blick. Auf den Felsen oberhalb des Talausgangs standen Männer. Hunderte von Männern, die kurze, geschwungene Hornbögen in den Händen hielten. Und der Himmel war schwarz von Pfeilen. Ihr blieb gerade noch Zeit, den Arm mit dem zerbrochenen Schild in die Höhe zu reißen, aber nicht mehr, um wirklich zu begreifen, was geschah, bevor die Geschosse wie tödlicher schwarzer Regen auf sie herunterzuprasseln begannen.
Keiner der aus großer Entfernung abgeschossenen Pfeile vermochte ihre Rüstung oder ihren Helm zu durchschlagen, doch die pure Wucht der Geschosse riss ihren Arm zurück und warf sie im Sattel nach hinten, und so gut geschützt sie auch sein mochte, ihr Pferd war es nicht. Das Tier schrie gequält auf, als sich gleich vier oder fünf Pfeile gleichzeitig durch seine Schabracke bohrten und tief und quälend in sein Fleisch bissen, stieg auf die Hinterläufe hoch und warf sie ab, und Robin konnte sich gerade noch mit einer verzweifelten Bewegung zur Seite rollen, um nicht unter dem sterbenden Pferd begraben zu werden. Seine im Todeskampf zuckenden Hufe streiften ihren Helm, und der Schlag war so gewaltig, dass ihr schwarz vor Augen wurde und sie einen Moment lang mit aller Kraft gegen die Bewusstlosigkeit kämpfen musste.
Als sich die schwarzen und blutroten Schleier vor ihren Augen wieder verzogen, bot sich ihr ein Anblick, den sie nie wieder wirklich vergessen sollte. Sie hatte trotz allem Glück gehabt. Dariusz’ Stoß mit dem Schild hatte sie weit genug zurückgeworfen, sodass der Regen aus tödlichen schwarzen Pfeilen sie nur gestreift hatte. Dariusz selbst und der Rest ihrer Ordensbrüder hatten weniger Glück.
Hunderte, wenn nicht Tausende von Pfeilen regneten von der Höhe der Felsen aus auf sie herab, trafen Ritter und Sarazenen, christliche und muslimische Pferde ohne Unterschied und verwandelte den bisher so unaufhaltsam erscheinenden Ansturm der Tempelritter in ein einziges Chaos aus zusammenbrechenden Pferden und stürzenden Menschen. Robin beobachtete entsetzt, dass die allermeisten Pfeile Saladins eigene Männer trafen, deren wollene Mäntel und Burnusse ihnen keinen Schutz vor dem Tod boten, der erbarmungslos aus dem Himmel auf sie herabregnete. Vielleicht blieb der Angriff der Templer einfach stecken, weil sie plötzlich über einen Berg aus zusammenbrechenden Pferden und Männern stolperten. Die verzweifelte Hoffnung, die sie für einen Moment noch gehabt hatte, wurde von einem Atemzug auf den anderen von Entsetzen und schierem Grauen abgelöst, als sich die Schlacht vor ihr in reines Chaos verwandelte.
Als der Pfeilregen nach der dritten oder vierten Salve aufhörte, war kaum noch einer der Tempelritter im Sattel. Neun von zehn Pferden lagen tot oder sterbend am Boden, viele hatten ihre Reiter unter sich begraben, und nur einige wenige Tiere galoppierten reiterlos davon. Die Anzahl der Opfer unter Saladins Reitern musste ungleich größer sein, doch aus dem schmalen Tal strömten immer noch mehr und mehr Sarazenen heran, für die die Templer nun, ohne ihre gewaltigen Schlachtrösser, leichte Opfer sein mussten. Wie durch ein Wunder sah sie, wie sich Ridefort inmitten des Getümmels aufrichtete und die schwarzweiße Fahne der Templer schwenkte, und in der breitschultrigen Gestalt neben ihm erkannte sie niemand anderen als Dariusz, der mit einer fast trotzigen Bewegung seinen Schild hob und sich schützend neben dem Ordensmarschall aufbaute.
Auch Robin taumelte mühsam auf die Füße. Der zerbrochene Schild war beim Sturz vollends von ihrem Arm geglitten, und sie hatte auch ihr Schwert fallen gelassen. Mühsam bückte sie sich danach und hob es auf, und ohne wirklich zu denken, wollte sie herumfahren und zu Dariusz, Ridefort und den anderen laufen. Doch als hätte er die Bewegung gespürt, drehte sich der breitschultrige Ritter neben Ridefort plötzlich um und machte eine winkende Bewegung mit dem Schwert in ihre Richtung.
»Robin!«, schrie er. »Flieh! Wir sehen uns in Safet!«
18. KAPITEL
Selbst über die große Entfernung hinweg sah Robin, wie Ridefort überrascht den Kopf wandte und erst Dariusz, dann sie und dann wieder Bruder Dariusz anstarrte, und für einen winzigen Moment wusste sie nicht, was sie tun sollte. Ein Teil von ihr, der immer noch Tempelritter war und sich an den Eid gebunden fühlte, den sie vor so langer Zeit abgelegt hatte, drängte danach, weiterzulaufen und
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