Die Rückkehr der Templerin
zurückwich. Dariusz war jetzt schon so gut wie tot, dachte sie bitter. Sie würde ihm keine Träne nachweinen, aber wollte sie wirklich seinen Tod?
Abbé beendete das Thema mit einer bestimmenden Geste.
»Genug. Ich kann deine Gefühle verstehen, Robin. Du bist noch immer so stolz und stur wie damals, als wir uns kennenlernten. Aber das hier ist keine Frage des Stolzes.« Er deutete auf Salim.
»Auch auf die Gefahr hin, mir damit den Hass deines Gemahls zuzuziehen, so könnten dich nicht einmal die Mauern Masyafs vor Dariusz schützen, wüsste er, dass du am Leben bist, und auch alle seine Männer nicht. Bruder Robin wird sterben, so oder so.«
Robin wusste ja, dass er Recht hatte. Was er sagte, blieb vermutlich noch weit hinter der Wahrheit zurück. Dariusz würde nicht zulassen, dass ein Zeuge seiner Tat zurückblieb. Er würde vielleicht nicht einmal zögern, ihretwegen einen Krieg anzufangen.
So wenig wie Salim, übrigens.
»Und nun müsst ihr mich entschuldigen, Kinder«, fuhr Abbé in vollkommen verändertem Ton fort. »Mich rufen dringende Geschäfte, wie ihr ja sicher verstehen könnt. Ich muss ein paar Briefe schreiben. Vorbereitungen treffen … ihr wisst schon.«
Sein Grinsen wurde anzüglich. »Und ich nehme an, dass ihr euer Wiedersehen gebührend feiern wollt.«
Und damit verschwand er, noch bevor Robin auch nur eine weitere Frage stellen konnte.
Salim nahm den Arm von ihrer Schulter und griff in die Tasche seines schwarzen Mantels. Als er die Hand wieder hervorzog, lagen einige saftige dunkelgrüne Blätter darauf.
»Was ist das?«, fragte Robin misstrauisch.
Salim grinste breit. »Eukalyptusblätter«, sagte er. »Gegen den Kamelgeschmack.«
20. KAPITEL
In den nächsten beiden Tagen sah sie Bruder Abbé gar nicht, Salim dafür aber umso öfter wieder. Der Sohn des Alten vom Berge hatte verschiedene Pflichten, denen er in diesem Assassinenhaus inmitten von Jerusalem nachkommen musste, aber sie nahmen nur wenige Stunden am Tage in Anspruch, und seine gesamte übrige Zeit verbrachte er mit ihr.
Natürlich genoss sie die Zeit, die sie in seinen Armen lag oder eng an ihn gekuschelt am Fenster saß und auf den schmalen Ausschnitt der Stadt hinuntersah, den sie von hier aus erkennen konnte. Er beantwortete all ihre Fragen über Jerusalem und all die Wunder, die die Mauern der Stadt beherbergten, mit großer Geduld und in aller Ausführlichkeit. Ihre hartnäckig vorgebrachten Bitten jedoch, sie mit hinaus in die Stadt zu nehmen, sodass sie all diese Wunder mit eigenen Augen schauen konnte, beschied er immer wieder abschlägig; mehr noch: Robin verlegte sich schließlich darauf, ihn wenigstens um ein anderes Zimmer zu bitten, sodass sie einen anderen Ausschnitt der Stadt betrachten konnte, doch selbst das lehnte er ab, ohne zu erklären, warum. Ob es Robin gefiel oder nicht, sie begann den Gedanken zu akzeptieren, dass sie trotz allem eine Gefangene war.
Natürlich gefiel ihr das nicht.
Am dritten Tag, nachdem sie in diesem Zimmer aufgewacht war, verabschiedete sich Salim mit der Eröffnung, dass die Ankunft seines Vaters in den nächsten Stunden erwartet wurde und es durchaus Abend werden könnte, bis er zu ihr zurückkam.
Robin verabschiedete ihn mit einem langen Kuss und einem Bedauern, das nicht vollkommen geheuchelt war. Sie hatten sich an diesem Morgen bereits zweimal geliebt, und dennoch erregte
sie der Anblick seiner muskulösen und doch schlanken Brust schon wieder. Ihre Hand kroch an seinem Bein empor, aber Salim hielt ihre Finger fest, bevor sie ihr Ziel erreichten.
»Du bist ja unersättlich«, sagte er mit gespielter Missbilligung.
»Du etwa nicht?«, fragte Robin mit einer Geste dorthin, wohin ihre Hand unterwegs gewesen war.
Salim folgte ihrem Blick und zog die Augenbrauen noch weiter zusammen. »Das muss an den Eukalyptusblättern liegen. Sie erinnern mich an mein Lieblingskamel, weißt du?«
»Welches Ende?«, wollte Robin wissen.
Salim lachte und küsste sie spielerisch auf die Nase, hielt ihre Hand jedoch weiter fest und schob sie dann sogar weg, während er aufstand und sich nach seinem Hemd bückte. »Es tut mir Leid, aber ich muss wirklich noch eine Menge Vorbereitungen treffen, bevor mein Vater hier ist. Später, wenn wir wieder in Masyaf sind, haben wir so viel Zeit für uns, wie wir nur wollen. Ich gebe dir mein Wort, dass ich nie wieder von deiner Seite weichen werde. Auch«, fügte er hinzu, während er die Arme hob und in sein Hemd schlüpfte, und seine
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