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Die Rückkehr der Templerin

Die Rückkehr der Templerin

Titel: Die Rückkehr der Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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diene ich einem höheren Herrn. Ich bin sicher, Salim wird das verstehen. Also reitet weiter und richtet ihm aus, dass er sich keine Sorgen um mich zu machen braucht. Ich werde mich bei ihm melden, sobald es mir möglich ist.«
    Vielleicht war dies der gefährlichste Moment überhaupt. Robin versuchte vergeblich, in den Augen ihres Gegenübers zu lesen. Der Mann war zutiefst verwirrt, aber das war es nicht allein. Zweifellos hatte Salim ihm und den anderen ganz klare Befehle erteilt, und ebenso zweifellos widersprach das, was sie gerade gesagt hatte, diesen Befehlen. Robin wagte nicht vorherzusagen, was er tun würde. Diese Situation war neu, sowohl für sie als auch für ihn. Trotz all der Zeit, die sie nun mit diesen Männern verbracht hatte, trotz all der - vermeintlichen - Vertrautheit, die sich zwischen ihnen entwickelt hatte, hatte es niemals einen Augenblick wie diesen gegeben, in dem sie sich zwischen dem Gehorsam ihrem Herrn gegenüber und dem Respekt vor seiner Gemahlin entscheiden mussten.
    Robin glaubte den inneren Kampf zu spüren, den der Assassine ausfocht, und sie fragte sich ganz flüchtig, ob sie wirklich ermessen konnte, was sie von ihm verlangte. Diese Männer hatten Salim und seinem Vater Treue und Gehorsam bis in den Tod geschworen, doch sie war Salims Frau, und somit wog ihr Wort fast ebenso schwer wie das seine. Wie sich seine Entscheidung - ganz gleich, wie sie ausfallen mochte - für ihn auswirken musste, das vermochte sie nicht einmal zu erahnen, aber vielleicht war sie ja dramatischer, als sie bisher angenommen hatte. Es war so viel, was sie bisher als ganz selbstverständlich hingenommen hatte, obwohl es sich in Wahrheit vielleicht um die Entscheidung über Leben und Tod oder doch zumindest das Schicksal eines ganzen Menschenlebens handelte.
    »Und richtet Salim Folgendes aus«, fügte sie hinzu, wobei sie versuchte, gerade Verständnis heischend genug zu klingen, ohne den Unterschied im Rang zwischen ihnen vollkommen zu verwischen. »Ich will weder seinem Befehl trotzen noch das Wort meines neuen Herrn über das seine stellen. Doch es wäre unklug, meinen Auftrag nicht zu Ende zu führen. Seine Erfüllung ist auch in Salims Sinne und in dem seines Vaters.«
    »Bitte … verzeiht«, antwortete der Assassine; leise, erst nach einer geraumen Weile und in fast gequältem Tonfall. »Aber der Auftrag unseres Herrn lautete ganz eindeutig …«
    »Mich sicher und unversehrt zu ihm zu bringen«, unterbrach ihn Robin, nunmehr eine Spur lauter und in ganz leicht schärferem Ton; längst noch nicht in dem eines Befehls oder gar Verweises, doch auch nicht mehr um Verständnis bettelnd. »Du kannst ja einen Mann vorausschicken und Salim meine Worte ausrichten lassen. Und wenn du dich so um unsere Sicherheit sorgst, dann folgt uns meinetwegen in gebührendem Abstand.«
    Der Blick ihres Gegenübers machte ihr klar, was er von dem Wort unsere in ihrer Antwort hielt, und noch einmal, für einen allerletzten, winzigen, aber schlimmen Moment war Robin fast sicher, dass er nunmehr zu dem Entschluss gekommen war, ihre Weigerung zu ignorieren und wortwörtlich das zu tun, was Salim ihm aufgetragen hatte. Doch dann senkte er fast demütig den Blick und machte einen einzelnen Schritt rückwärts die Düne hinab, bevor er tief das Haupt beugte und flüsterte: »Wie Ihr befehlt.«
    Robin atmete innerlich auf. Sie wagte es nicht, sich ihre Erleichterung zu deutlich anmerken zu lassen, doch sie wusste, wie schmal der Grat gewesen war, auf dem sie sich bewegt hatte. Sie hatte möglicherweise mehr von diesem Mann verlangt, als ihr zustand. Dennoch wurde ihre Stimme eher noch kühler, als sie nach einigen Augenblicken fortfuhr: »Es ist gut. Jetzt nimm deine Kameraden und geh. Richte Salim meine Botschaft aus.«
    Der Mann entfernte sich rückwärts gehend und mit gesenktem Haupt, und Robin sah ihm ebenso wort- wie reglos nach, bis er am unteren Ende der Düne angekommen war, wo er sich umdrehte und mit schnellen Schritten zu den anderen Männern zurückging. Sie rührte sich auch dann noch nicht, sondern blieb schweigend und reglos stehen, bis der Mann wieder im Sattel saß und sich zusammen mit seinen Kameraden in dieselbe Richtung entfernte, aus der sie gekommen waren. Als sie sich umdrehte, war auch der Kamm der gegenüberliegenden Düne leer. Die drei Assassinen waren ebenso lautlos und schnell wieder verschwunden, wie sie aufgetaucht waren; wie schwarze Gespenster, die die Nacht ausgespien und im nächsten

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