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Die Rückkehr des Bösen

Titel: Die Rückkehr des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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gegenwärtiges klägliches Niveau in den Diensten der Lady erreicht hatte. Erinnere sie daran, daß es die Satrapen des Reiches gewesen waren, die den ersten Verrat begingen. Das mußte sich mittlerweile im gesamten Offizierskorps herumgesprochen haben. Vielleicht war das etwas, über das sie ab und zu nachdenken sollten. »Eigentlich schade«, sagte der Oberst.
»Bist du mein persönlicher Aufpasser?«
»Ja. Aus irgendeinem Grund hält sie dich für sehr wichtig.« »Ich habe mal ein Gedicht für sie geschrieben«, log ich. »Und außerdem weiß ich, was für Leichen sie im Keller hat.«
Er runzelte die Stirn und kam zu dem Schluß, daß ich ihn verarschte. »Danke«, sagte ich, gewissermaßen als Überreichen eines symbolischen Olivenzweiges. »Ich werde noch etwas schreiben, bevor ich hinaufgehe.« Ich war schwer im Verzug. Seit dem Verlassen der Steppe hatte ich bis auf einen kurzen Abschnitt im Blauen Schniedel nur die eine oder andere Notiz abgefaßt.
Ich schrieb, bis mich Krämpfe zum Innehalten zwangen. Dann aß ich, denn ein Wächter brachte mir eine Mahlzeit, als ich das letzte Blatt mit Sand bestreute. Als ich mit dem Futtern fertig war, ging ich zur Tür und gab dem Jungen Bescheid, daß ich nun nach oben gehen wollte. Als er mir die Tür öffnete, stellte ich fest, daß sie nicht verschlossen gewesen war. Aber wohin sollte ich denn auch gehen, wenn ich rauskam? Selbst der Gedanke an Flucht war idiotisch.
Ich hatte das Gefühl, daß ich doch noch den Posten des offiziellen Geschichtsschreibers übernehmen würde. Ob es mir nun gefiel oder nicht, aber das war noch das geringste von zahlreichen Übeln.
Mir standen einige schwierige Entscheidungen bevor. Ich wollte Zeit haben, um darüber nachzudenken. Die Lady verstand das. Sicher hatte sie die Macht und die Begabung, sich weitsichtiger zu zeigen als ein Wundarzt, der sechs Jahre lang nichts von der Welt mitbekommen hatte.

     
    Sonnenuntergang. Feuer im Westen, flammendurchtoste Wolken. Der Himmel ein Meer
ungewöhnlicher Farben. Eine kühle Brise aus dem Norden, die zum Erschauern und zum Frischwerden ausreichte. Mein Wachposten hielt Abstand und ließ mir so die Illusion der Freiheit. Ich ging zur nördlichen Brüstung. Unten zeugte nur wenig von der großen Schlacht, die dort ausgetragen worden war. Wo einst Gräben, Palisaden, Erdwälle und Belagerungsmaschinen gestanden und gebrannt hatten und wo Zehntausende gestorben waren, breitete sich jetzt eine Parklandschaft aus. Fünfhundert Meter vom Turm entfernt markierte eine einzelne Stele aus schwarzem Stein den Ort der Schlacht.
Wieder überkam mich das Getöse und Gebrüll. Ich sah wieder die Horden der Rebellen vor mir, die so gnadenlos wie das Meer Welle um Welle auf die unerschütterlichen Klippen der Verteidiger eindroschen. Ich dachte wieder an die Unterworfenen, die miteinander stritten und seltsame und unheimliche Tode starben, an wilde und schreckliche Zauberei… »Das war eine grandiose Schlacht, nicht wahr?« Ich wandte mich nicht um, als sie neben mir stehenblieb. »O ja. Ich bin ihr in meinen Schriften nie gerecht geworden.«
»Man wird Lieder über sie singen.« Sie sah gen Himmel. Die ersten Sterne tauchten auf. Im Dämmerlicht wirkte ihr Gesicht blaß und angestrengt. Noch nie hatte ich sie anders gesehen als unerschütterlich selbstbewußt.
»Was ist los?« Nun drehte ich mich doch zu ihr um. In einiger Entfernung sah ich mehrere Soldaten, die uns entweder ehrfürchtig oder erschrocken anstarrten. »Ich habe eine Zukunftslesung durchgeführt. Tatsächlich sogar mehrere, denn ich habe keine zufriedenstellenden Ergebnisse erzielt.« »Und?«
»Vielleicht habe ich überhaupt keine Ergebnisse bekommen.« Ich wartete ab. Man drängt das mächtigste Wesen der Welt nicht so ohne weiteres. Daß sie kurz davorstand, sich einem bloßen Sterblichen anzuvertrauen, war schon erschütternd genug. »Alles ist im Fluß. Ich habe drei mögliche Zukünfte ermittelt. Wie steuern einer Krise entgegen, einer Stunde, in der die Geschichte gestaltet werden wird.« Ich wandte mich leicht in ihre Richtung. Violettes Licht verschattete ihr Gesicht. Dunkles Haar fiel über eine Wange. Dieses eine Mal war es keine Verstellung, und der Drang, sie zu berühren, zu halten und zu trösten war stark. »Drei Zukünfte?«
»Drei. In keiner davon konnte ich einen Platz für mich finden.« Was soll man in einem solchen Augenblick sagen? Daß es vielleicht einen Irrtum gegeben hatte? Sagt Ihr doch der Lady, daß sie Mist

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