Die Rückkehr des Bösen
Hauch von Neugier blickte Elmo zur Lady. »Oh. Elmo. Schweiger. Das ist Ardath.«
Sie lächelte. »Nett, euch kennenzulernen. Croaker hat viel von euch erzählt.« Kein Wort hatte ich gesagt. Aber sie hatte ja auch die Annalen gelesen. Sie stieg ab und streckte die Hand aus. Verdutzt nahmen sie sie an, denn ihrer Erfahrung nach erwartete nur Darling eine gleichberechtigte Behandlung. »Also, laßt uns runtergehen«, sagte ich. »Laßt uns runtergehen. Ich habe tausend Dinge zu erzählen.«
»Ach ja?« sagte Elmo. Und das besagte eine Menge, denn dabei sah er in die Richtung, aus der wir gekommen waren.
Ein paar der Leute, die mit mir auszogen, waren nicht zurückgekehrt.
»Ich weiß es nicht. Die Hälfte der Unterworfenen war hinter uns her. Wir sind getrennt worden. Ich konnte sie nicht wiederfinden. Aber ich habe auch nichts davon gehört, daß man sie gefangengenommen hätte. Laßt uns runtergehen. Wir müssen Darling sprechen. Ich habe unglaubliche Neuigkeiten. Und besorgt mir was zu essen. Wir haben seit Ewigkeiten nur unsere jeweiligen Kochkünste genossen, und sie kocht noch schlechter als ich.« »Pfui Deibel«, sagte Elmo und schlug mir auf den Rücken. »Und du lebst noch?« »Ich bin ein zäher alter Vogel, Elmo. Das solltest du doch wissen. Verflixt, Mann, ich…« Mir wurde klar, daß ich wie ein Schwachkopf daherplapperte. Ich grinste. Schweiger gestikulierte. »Willkommen daheim, Croaker. Willkommen daheim.« »Komm«, sagte ich zur Lady, als wir den Eingang zum Loch erreichten, und nahm sie an der Hand. »Es wird dir stockdunkel vorkommen, bis du dich daran gewöhnt hast. Und stell dich auf den Geruch ein.«
Ihr Götter, dieser Gestank! Jede Made mit Selbstachtung hätte Erstickungsanfälle gekriegt. Unten breitete sich Aufregung aus. Sie verblaßte zu einstudierter Gleichgültigkeit und erhob sich wieder, nachdem wir vorbeigegangen waren. Schweiger führte uns direkt zum Konferenzraum. Elmo verschwand, um uns etwas zu essen zu beschaffen. Als wir eintraten, merkte ich, daß ich immer noch die Hand der Lady hielt. Sie widmete mir ein schwaches Lächeln, das mit ziemlich viel Nervosität unterlegt war. Der sprichwörtliche Gang in die Drachenhöhle. Der wackere alte Croaker drückte ihr aufmunternd die Hand.
Darling sah überanstrengt aus. Genau wie der Leutnant. Ein Dutzend weitere Männer waren anwesend, von denen ich nur wenige kannte. Sie mußten zu uns gestoßen sein, nachdem die Reichstruppen den Rand der Steppe evakuiert hatten. Darling umarmte mich lange. So lange, daß ich rot wurde. Sie und ich sind eigentlich keine Menschen, die zu übermäßigen Gefühlsäußerungen neigen. Schließlich trat sie zurück und warf der Lady einen Blick zu, in dem ein Hauch von Eifersucht lag. Ich machte Handzeichen. »Das ist Ardath. Sie wird mir beim Übersetzen helfen. Sie kennt die alten Sprachen gut.«
Darling nickte. Sie stellte keine Fragen. Soweit vertraute man mir also. Das Essen wurde hereingebracht. Elmo zog einen Tisch heran und scheuchte alle hinaus bis auf mich, den Leutnant, sich selbst, Darling, Schweiger und die Lady. Vielleicht hätte er sie auch fortgeschickt, aber er war sich noch nicht sicher, welche Stellung sie bei mir einnahm. Wir aßen, und während des Essens erzählte ich meine Geschichte sozusagen stückweise, wenn meine Hände und mein Mund nicht gerade voll waren. Es gab einige schwere Momente, besonders als ich Darling sagte, daß Raven noch am Leben sei. Rückblickend denke ich, daß es für mich schwerer war als für sie. Ich befürchtete, daß sie
sich aufregen und hysterisch werden würde. Sie tat nichts dergleichen.
Zuerst weigerte sie sich rundherum, mir das abzunehmen. Und das konnte ich verstehen, denn bis zu seinem Verschwinden war Raven der emotionelle Grundpfeiler ihrer Welt gewesen. Sie konnte nicht begreifen, daß er sie nicht in seine größte Lüge einweihte, nur damit er sich absetzen und im Gräberland herumstöbern konnte. Für sie ergab das keinen Sinn. Raven hatte sie noch nie zuvor angelogen. Für mich ergab das ebenfalls keinen Sinn. Aber wie ich schon zuvor bemerkt habe, hegte ich den Verdacht, daß hier mehr in der Luft lag, als irgendjemand zugeben wollte. Mich beschlich die leise Ahnung, daß Raven nicht zu etwas, sondern vielmehr vor etwas geflohen war. Darlings Weigerung hielt nicht lange an. Sie gehört nicht zu den Leuten, die die Wahrheit auf Dauer von sich weisen, nur weil sie ihr nicht paßte. Sie ging mit ihrem Schmerz weit besser um, als ich es
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