Die Rückkehr Des Bösen
doch keinen Unbekannten ins Haus lassen!
„Von wegen Gärtner! Obwohl ich so frei war, mich hinten im Schuppen zu bedienen. Echt ruhige Ecke da hinten.“ Wieder schlürfte er einen Schluck Kaffee.
„Falls Sie auf Ihr Geld warten – sie kommt bestimmt gleich wieder.“ Der Priester trat an die Kellertür und rief zur Waschküche hinunter. „Mrs. Sanchez! Sind Sie da unten?“
„Dabei bin ich doch hier aus der Gegend“, sagte der junge Mann. „Ich war sogar Messdiener hier. Das kränkt mich richtig, dass Sie sich nicht an mich erinnern, Vater Paul!“
„So?“ Vater Conley wandte sich von der Tür ab und ging auf den Tisch zu, um den Besucher aus der Nähe zu mustern, wusste ihn aber immer noch nicht einzuordnen. „Ich bin hier jetzt seit zwanzig Jahren Seelsorger“, betonte er. „Sie werden doch wohl nicht erwarten, dass ich mich an jeden Jungen entsinne, der mir mal ministriert hat?“
Jetzt schob der Fremde seinen Kaffeebecher beiseite und brachte einen Plastiksack zu Vorschein, den er auf dem Küchentisch ausrollte. Für Vater Conley sah das Ding aus wie einer jener durchsichtigen Überzüge, wie sie die chemische Reinigung benutzte, wenn sie die frisch gewaschenen Messgewänder zurückbrachte. Natürlich, wahrscheinlich war der Bursche deswegen da! Aber wenn er die Messgewänder abholen wollte, wieso kam der ins Pfarrhaus und nicht zur Kirche? Das leuchtete Vater Conley nicht ein.
„Ist vermutlich echt schwer, sich an alle zu erinnern“, räumte der junge Mann ein, wobei er sich vom Tisch abdrückte und aufstand, die Plastikbahn mit beiden Händen vor sich gespannt. „Obwohl ich gehofft hatte, dass Sie sich wenigstens an die erinnern, die Sie gefickt haben!“
Urplötzlich fand Vater Conley sich in einem Schleier gefangen, der sich über sein Gesicht straffte und ihm schlagartig den Atem nahm. In dem Versuch, sich zu wehren, krallte er seine Finger um jene Hände, die ihm nunmehr den Plastikstreifen um den Kopf schlangen, doch es gelang ihm nicht, die Folie von seinem Gesicht zu zerren. Verzweifelt nach Luft schnappend, schlug und trat er wie wild um sich, prallte gegen das Regal, und riss sämtliche Töpfe und Pfannen heraus, die laut scheppernd zu Boden krachten. Nur war ihm, als höre er sie gar nicht. Und dann erstickte sein Widerstand. Die Finger in die Folie verkrallt, rang er nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Und dann sackte er in die Knie.
Sein verlöschender Blick fiel auf den wuchtigen Fleischerblock in der Ecke. Und das Letzte, was er sah, das waren die toten Augen seiner Haushälterin, die ihn von dort anstarrten.
62. KAPITEL
Omaha, Nebraska
Als sie endlich wieder in ihrem Hotel ankam, war Maggie fix und fertig. Während der Fahrt vom Saint Francis Center zum „Embassy“ hatten sie und Pakula kaum ein Wort gewechselt. Pakula hatte ihr lediglich gesagt, er werde die Sache mit Michael Keller Chief Ramsey vortragen, und der werde sich dann mit Assistant Director Cunningham über das weitere Vorgehen verständigen. Maggie war erleichtert gewesen, doch dann war ihr wieder eingefallen, dass sie um eine persönliche Begegnung mit Keller nicht herumkam. Er hatte ja ausdrücklich darauf bestanden, seine Informationen ausschließlich an sie weiterzugeben.
Sie hatte ihn so lange gejagt und alles daran gesetzt, diesen Mistkerl in die Finger zu kriegen – vergebens. Doch jetzt fröstelte ihr bei dem Gedanken, ihm nun endlich doch noch gegenüberzustehen.
Vorhin, als Mark Donovan erzählt hatte, was ihm widerfahren war, da war ihr auf einmal der Gedanke gekommen, dass sie sich im Grunde gar nicht so sehr von dem Priestermörder unterschied. Weit mehr noch als die Erinnerung an die ermordeten kleinen Jungen hatte sie all die Jahre die Erkenntnis gequält, dass sich der Mann, der dies alles getan hatte, der irdischen Gerechtigkeit hatte entziehen können. Sie hatte sich zuweilen dabei ertappt, dass sie sich wünschte, Keller solle ein- für allemal von dieser Welt verschwinden, damit er nie wieder einem unschuldigen Jungen etwas antun konnte. Der Mann, den sie jetzt jagte, hatte es nicht bei bloßen Gedanken belassen. Er vollstreckte das Urteil an jenen Geistlichen, denen es gelungen war, sich einer Bestrafung zu entziehen. Und er gebot ihnen Einhalt, bevor sie sich wieder an einem Jungen vergehen konnten. Wenn man es so betrachtete, dann lag der einzige Unterschied zwischen ihr und ihm darin, dass sie einen Dienstausweis besaß.
In der Lobby hatte sie kurz innegehalten und
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