Die Rückkehr Des Bösen
dass der Junge erschrocken zusammenfuhr.
„Arturo?“ Keller erkannte ihn, es war einer seiner Ministranten. Er war ein gutes Stück kleiner als seine Altersgenossen, dünn und zartgliedrig und hatte traurige dunkle Augen. Wie er da im strömenden Regen stand, den braunen Pappkarton vor sich haltend, wirkte er noch verletzlicher.
„Was hast du denn da?“ fragte Vater Keller und wiederholte seine Frage auf Spanisch, als er Arturos verständnislosen Blick bemerkte, „¿Arturo! Qué hace ustedaquí?“
„Sí, para usted, Padre!“ Der Junge hielt ihm das Paket mit ausgestreckten Armen hin und schien offenbar stolz, dass man ihn mit der Aufgabe betraut hatte, es ihm zu überbringen.
„Ein Paket für mich? Aber von wem denn?“ fragte Keller. „¿Quién lo mandó?“ Als er dem Jungen den Karton abnahm, wunderte er sich, wie leicht er war.
„ Yo no sé. Un viejo ... alter Mann“, antwortete der Junge. „Nix kennen.“
Vater Keller spähte hinaus in die Dunkelheit, den ausgetretenen Pfad zur Kirche hinunter. Kein Mensch war zu sehen. Wer immer dem Jungen das Paket übergeben haben mochte, war fort.
„ Gracias, Arturo.“ Keller bedankte sich und fuhr dem Jungen mit der Hand über das schwarze Haar. „ Hasta domingo.“ ‘Zum Abschied tätschelte er ihm zärtlich die Wange. „Bis Sonntag!“
„ Si, Padre.“
Der Kleine drehte sich um und rannte den Pfad hinunter. Wie im Handumdrehen war er im schwarzen Dunst verschwunden.
Keller betrachtete den Pappkarton. Sollte das etwa ein weiteres Paket von seinem Internetfreund in den USA sein? Diesmal aber fand sich keine Adresse, keine Briefmarke, nichts. Arturo hatte gesagt, er habe das Paket von einem alten Mann erhalten. Vielleicht hatte der Postbote ja heute eine Vertretung. Für einen kleinen Jungen war doch schließlich jeder alt, der über dreißig war.
Er trug das Paket ins Haus, legte es auf den kleinen Holztisch und begutachtete es von allen Seiten. Es gab tatsächlich keinerlei Hinweis darauf, von wem es stammte, und es hatte auch nicht den Anschein, als sei etwa der Adressaufkleber abgerissen. Zuweilen konnten Sendungen schon etwas ramponiert aussehen, wenn sie hier ankamen. Schließlich war er mitten im Regenwald.
Endlich griff er nach seinem Filettiermesser, zerschnitt vorsichtig den Klebestreifen und klappte die Laschen auf. Füllmaterial. Er klaubte das zusammengeknüllte Zeitungspapier aus dem Karton, und dann sah er sie. Seine Hand zuckte zurück, als habe er sich versengt.
Sollte das etwa ein dummer Streich sein? Es konnte nur ein Scherz sein! Denn wer konnte davon wissen? Und wie haben sie dich gefunden?
Seine Hände zitterten, als er die Kunststoffmaske aus dem Karton nahm. Es war das Gesicht von Richard Nixon.
9. KAPITEL
Omaha, Nebraska
Gibson fragte sich, woher das Geräusch kommen mochte. Es hörte sich an wie fließendes Wasser. Wahrscheinlich die Toilettenspülung im Bad zwischen seinem Zimmer und dem seines kleinen Bruders. Eigentlich musste man nur mal kurz an der Spülkastenkette zuckeln, aber Tyler vergaß das ständig.
Unruhig warf sich Gibson hin und her, wälzte sich auf die eine Seite, dann auf die andere und versuchte, die Decke bis über die Ohren gezogen, das Plätschern zu überhören. Es nützte nichts. Das Wasser gurgelte weiter. Er hatte sogar das Gefühl, dass es immer lauter wurde.
Verdammte Hacke! Was war denn so schwer daran, an dieser blöden Kette zu ruckeln?
Er setzte sich auf und rieb sich die Augen, doch nützte ihm das nichts, denn in dem Zimmer war es stockdunkel. Er roch den Schweiß unter seinen Achseln und stand auf. Er tastete sich im Dunkeln zur Tür, wie sonst auch, wenn er pinkeln musste. Denn wenn er Licht anmachte, würde sofort seine Mom aus ihrem Zimmer geschossen kommen und wissen wollen, was los sei. Im Flur ließ sie ohnehin eine Nachtbeleuchtung brennen, so ein Ding mit Lichtsensor, das sich bei Dunkelheit automatisch einschaltete. Nur brannte diese Nacht nichts. Musste wohl durchgebrannt sein, das Mistteil.
Die Hand an der Wand, tastete er sich den Korridor entlang. Er hatte Recht gehabt, das Gegurgel kam tatsächlich aus dem Bad. Er verspürte Lust, seinen Bruder zu wecken und ihm einzubläuen, künftig auf die Spülung zu achten. Aber halt mal, wollte Tyler heute nicht eigentlich bei seinem Freund übernachten? Er musste es sich wohl anders überlegt haben, dieser Mistkerl.
Plötzlich bemerkte er den Lichtstreifen unter der geschlossenen Badezimmertür. Tyler hatte also nicht
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