Die Rückkehr Des Bösen
nicht.“
„Okay. Und was ist dann mit dem Massaker an der Columbine High School in Littleton? Kein Mensch hätte es für möglich gehalten, dass zwei Teenager eine Zehn-Kilo-Bombe basteln, um die anschließend in der Schulcafeteria hochgehen zu lassen. Und kein Mensch hätte geglaubt, dass die beiden sich, als die Bombe nicht zündete, mit zwei abgesägten Schrotflinten, einem Sturmgewehr und einer halbautomatischen Maschinenpistole bewaffnen und eiskalt und ganz gezielt zwölf Schüler und einen Lehrer abknallen.“
„Wahrscheinlich möchte ich einfach nur gerne glauben, dass Eric Harris und Dylan Klebold Einzelfälle waren“, gestand Pakula seinen Irrtum ein. „Natürlich, ausschließen kann man nichts. Aber ein halbwüchsiger Bengel, der noch nicht mal Haare am Sack hat ... Also, das will mir einfach nicht recht in den Kopf.“
„Detective Pakula, wenn ich in fast zehn Jahren Polizeiarbeit eins gelernt habe, dann dies: Man sollte niemals unterschätzen, wer alles zu einem Mord fähig ist!“
„Wie vor vier Jahren in Platte City, meinen Sie?“ Pakula hatte ein Weilchen gebraucht, bis ihm die Einzelheiten des Falles wieder eingefallen waren, aber dann hatte er sich auch an die Gerüchte erinnert. „Haben Sie nicht irgendwo mal verlauten lassen, dass man Ihrer Ansicht nach die Falschen verurteilt hat? Wenn ich mich recht erinnere, hielt die damalige FBI-Profilerin einen katholischen Priester für den wahren Täter. Sind Sie noch immer dieser Meinung?“
„Ja. Ja, das bin ich nach wie vor“, sagte sie, den Blick durch die Seitenscheibe auf die kleinen Läden und Lokale längs der Underwood Avenue von Dundee gerichtet.
„Wieso haben Sie die Sache dann nicht weiterverfolgt?“
„Das habe ich.“ Sie warf ihm einen Blick zu, und in ihren Augen erkannte er so etwas wie Zorn. Dann widmete sie sich wieder dem vorbeigleitenden Stadtpanorama. „Alle Welt in Platte City, Sheriff Nick Morrelli eingeschlossen, gab sich damit zufrieden, man habe die Täter gefasst. Timmy Hamilton konnte entkommen. Das hielt man wohl für einen gelungenes Finale.“
„Und der überlebende Junge – konnte der denn den Täter nicht beschreiben?“
„Nein. Nach seiner Aussage trug der Mann stets eine Halloweenmaske mit dem Gesicht von Richard Nixon. Dass die Leute einen solchen Fall hinter sich bringen und möglichst schnell vergessen wollten, kann ich durchaus verstehen. Sie wollten einfach glauben, der Täter sei gefasst. Und tatsächlich war ja auch Schluss mit den Entführungen und Morden.“
„Hat was für sich“, stimmte Pakula zu.
„Schon, aber was offenbar niemandem auffiel oder keinen juckte, das war, dass Vater Michael Keller plötzlich spurlos verschwand, weg, außer Landes! Nicht mal die Erzdiözese von Omaha wusste, warum oder wohin er sich aus dem Staub gemacht hatte. Seelsorgerisch tätig sei er nicht, wurde behauptet, und auch Sonderurlaub habe er nicht beantragt. Er war einfach unauffindbar, wie vom Erdboden verschwunden.“
Sie verstummte, und als Pakula einen Blick zur Seite warf, wirkte sie in Gedanken ganz weit fort, die Hände im Schoß, die Finger an einem losen Faden der Jacke nestelnd. Dann redete sie weiter, als müsse sie etwas erklären. „Eine Zeit lang blieb ich ihm auf den Fersen, obwohl ich damit meine Kompetenzen überschritt. Nach einer Weile stieß ich auf einen Geistlichen in Chile, auf den Kellers Beschreibung zutraf und der angeblich eines Tages wie aus heiterem Himmel in der Gemeinde eines kleinen Dorfes aufgetaucht war, unweit der Stadt Chiuchin. Ungefähr zur gleichen Zeit, als Keller von der Bildfläche verschwand. Gerade dachte ich, ich hätte ihn, da war er plötzlich wieder weg, weitergezogen in ein anderes Kaff.“
„Wie sollte er das anstellen, ohne dass die katholische Kirche davon Wind bekam? Ist er da einfach so angetanzt und hat behauptet, er sei der neue Pfarrer?“
„Ja, jedenfalls nach meinen Recherchen. Genau so hat er’s gemacht. Viele von diesen armen Dörfern sind schon jahrelang ohne Priester. Die Gläubigen müssen meilenweit laufen, um an einer heiligen Messe teilzunehmen. Können Sie sich vorstellen, was da los ist, wenn plötzlich ein Geistlicher erscheint? Da stellen die doch keine langen Fragen! Die sind so froh, dass sie endlich einen haben, dass sie wahrscheinlich alles tun würden, um ihn zu behalten. Möglicherweise halten sie es sogar geheim, dass er in ihrem Dorf lebt.“
„Leider wär’s nicht das erste Mal, dass ein Schuldiger ungestraft
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