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Die Rueckkehr des Daemons

Die Rueckkehr des Daemons

Titel: Die Rueckkehr des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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sich Notizen. Dabei zog er wieder die Nase hoch.
    »Hmm. Das muss nichts heißen. Aber warum bist du dir so sicher, dass du keine Angst vor ihm hast, Sid? Unser Gehirn spielt uns in dieser Hinsicht oft Streiche. Verdrängung nennt man das. Man kann den ganzen Tag über mit jemandem zusammen sein in der Überzeugung, ihn zu mögen. Nachts aber wirken diese Mechanismen nicht mehr und die Wahrheit kommt ans Licht!«
    Von dem durchdringenden Blick seines Therapeuten verunsichert, schob Sid seine Hände hinter den Rücken. »Ich bin davon überzeugt, dass jemand in meinem Zimmer war.«
    Mit ruhigen Bewegungen stand Marblesteen auf und ging zu seinem Schreibtisch. Sid beobachtete, wie er ein Bastelmesser von seiner Lederunterlage nahm. Geschickt spitzte er damit den Bleistift an. Dabei zog er mehrere Male die Nase hoch.
    »Fehlt etwas?«, fragte Marblesteen plötzlich. Die Frage hallte wie ein Peitschenknall von den Wänden wider. »Wurde etwas umgeworfen? Ein Stuhl vielleicht?« Der Psychiater trat wieder neben ihn und sah ihm in die Augen. »Ist etwas anderes geschehen? Hat dich jemand… angefasst, Sid? Ich meine, es gibt Männer, die…«
    »Nein!«, unterbrach ihn Sid fassungslos.
    »Aber ich spüre doch genau, dass du mir etwas verschweigst, Sid! Auch Haare schneiden ist eine Form der Selbstverstümmelung. Verrate mir, was dich quält, dann können wir es da hinschieben, wo es hingehört!« Seine Stimme klang jetzt wieder angenehm einschmeichelnd wie immer.
    Sid atmete tief durch. Er war sich unsicher. Machte er sich nicht lächerlich, wenn er von den Zeichen auf dem Nachttisch berichtete? Andererseits, was war schon peinlicher, als mit fünfzehn Jahren ins Bett zu pinkeln. Er war den halben Weg gegangen. Jetzt konnte er auch noch den Rest hinter sich bringen.
    »Das hier quält mich!« Mit einem Ruck zog er beide Hände hinter seinem Rücken hervor. Seine Fingernägel sahen nicht mehr so schlimm aus wie in der Nacht. Er hatte sie ordentlich gesäubert und die ausgefransten Ränder rund geschliffen.
    »Du kaust Nägel, Sid?«, fragte Marblesteen eindringlich. Seine graue Löwenmähne wackelte auf und ab. »Bettnässen, Selbstverstümmelung und Nägelkauen zusammen, das ist…«
    »Jemand war letzte Nacht in meinem Zimmer, Doktor Marblesteen«, unterbrach ihn Sid beinahe ruppig. »Und wer immer es war, er hat mit meinen Fingern etwas in den Nachttisch geritzt!« Jetzt war es raus. Sid spürte, wie ihm eine Zentnerlast von der Seele fiel. Mit wem sollte er sonst darüber reden, mit seinen Eltern etwa? Eher würde er sich die Zunge abbeißen. Und dass er Rascal jemals wiedersehen würde, bezweifelte er.
    Der Psychiater blieb abrupt stehen. »Zeichen?« Zum ersten Mal in den vielen Sitzungen, die sie gemeinsam hinter sich gebracht hatten, sah ihn Sid ehrlich überrascht. »Was denn für Zeichen?«
    Sid zuckte hilflos mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Aber sie waren da, als ich aus meinem Traum aufgewacht bin. Mein Bett war nass und der Nachttisch zerkratzt!«
    Isaac Marblesteen ließ sich in seinen Ohrensessel fallen. Sid hörte die Sprungfedern quietschen. Beunruhigt nahm er zur Kenntnis, dass sich der Psychiater mit dem Bleistift an die Lippen tippte. Noch vor wenigen Minuten hatte diese Geste tiefe Konzentration ausgedrückt, jetzt wirkte sie nervös.
    »Was für ein Traum, Sid? Erzähle mir von deinem Traum!« Marblesteen zog die Nase hoch.
    »Am besten erinnere ich mich eigentlich an den Mittelteil. Da war ein Mann, nein, eher ein…« Er starrte an die Decke und überlegte. Wie konnte er die Gestalt am ehesten beschreiben? »Ein Wesen, halb Mensch, halb Tier. Ein Mann mit dem Kopf oder der Maske eines Falken! Sie wissen schon, so ähnlich wie in Stargate. «
    Es machte Knack! Marblesteen hatte die Spitze seines Bleistifts abgebissen. Ungeschickt versuchte er, das Missgeschick zu vertuschen. Er schob ein blütenweißes Stofftaschentuch vor seinen Mund und spuckte das Holzstück hinein. Es roch nach Grafit.
    »Tut mir leid, Sid«, entschuldigte er sich und zog die Nase hoch. »Ich wollte dich nicht unterbrechen. Aber dieser Traum scheint mir hochinteressant und wichtig für den Heilungsverlauf. Ich möchte dir deshalb einen Vorschlag machen. Wenn du zustimmst, werde ich dich in Hypnose versetzen.«
    Sid runzelte die Stirn. »Hypnose? Wozu soll das gut sein?«
    »Du wirst noch einmal alles erleben können, was letzte Nacht passiert ist, Sid.« Marblesteen schien seine Fassung wiedergefunden zu haben. »Und

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