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Die Rueckkehr des Daemons

Die Rueckkehr des Daemons

Titel: Die Rueckkehr des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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schwitzigen Fingern überflog er den Artikel.
    Der 9 . Oktober. Das war heute! Auf den Tag genau heute vor fünfzig Jahren! Fiebrig schlug er die erste Seite des Buches auf. Es stimmte. Copyright 1957, stand da. Konnte das alles bloß Zufall sein?
    Grübelnd nahm er die letzte Tagesration seiner Tabletten in den Mund und würgte sie mit Mineralwasser hinunter. Dann sprang er auf und fegte seine komplette CD -Sammlung mit einer Armbewegung vom Regal. Wie ein Tiger in seinem Käfig strich er in seinem Zimmer herum, die wildesten Fantasien jagten durch sein Gehirn. Ihn überkam eine abstruse Idee davon, wie die Welt funktionierte, die mehr und mehr zur Gewissheit wurde, je länger er darüber brütete.
    Nur mit dieser Theorie ließen sich die rätselhaften Zufälle erklären: Ich bin der einzige Mensch, der jemals gelebt hat, dachte er. Ich bin die Hauptfigur in einem Theaterstück mit nur mir selbst als Zuschauer. Jeder, den ich zu kennen glaubte, ist nur eine tote Marionette, Räume und Straßenzüge Attrappe. Drehe ich mich um, werden die Fäden schlaff und die Kulissen in den Schnürboden gezogen. Steige ich in ein Flugzeug, bleibe ich für Stunden an einer Stelle, bis die Landschaft umgebaut ist. Und jetzt will der Regisseur sehen, wie ich auf seine neuesten Einfälle reagiere. Nur her damit! Ich bin bereit!
    Plötzlich überfiel ihn bleierne Müdigkeit. Erschöpft von seiner wilden Reise setzte er sich aufs Bett und schloss die Augen.
    Er stand unter einem Baum mit fremdartigen Blättern. Männer mit stark geschminkten Gesichtern tanzten um ihn herum. Sie sangen in einer seltsamen Sprache. Trommeln schlugen. Die Tänzer wandten sich von ihm ab, einer nach dem anderen. Dann ein dunkler Gang. Ein Mann – oder war es überhaupt ein Mensch? – mit einem Falkenkopf – zerrte ihn vorwärts. Immer noch Gesang. Da waren noch mehr Männer. Und der Falkenmensch. Ein kalter, dunkler Raum. Er fror. In der Mitte stand ein Tisch. Die Luft war trocken, das Atmen quälte seine Lunge. Er wollte wegrennen. Seine Füße gehorchten ihm nicht. Es roch scharf nach Kümmel. Der Deckel des Tisches wurde zur Seite geschoben. Es war kein Tisch, es war ein Sarkophag! Sein Rücken wurde kalt. Abscheulich kalt. Bevor der steinerne Deckel über ihm geschlossen wurde, sah er seine Finger. R-A-S-C-A-L stand dort, frisch eintätowiert. Dazu zwei Sterne. Rascal lachte. Ihre roten Haare brannten. »Ich heiße doch Dean!«, spottete sie. Dann war es dunkel. Ein furchtbarer Schmerz in den Fingern. Er sank und sank und sank durch die Wellen hinab.
    Sid schreckte hoch. Sein Pyjama klebte ihm am Körper. Auch das Laken war nass. Schweißverklebt. Doch nicht nur das – er hatte sich im Schlaf bepisst. Das erste Mal seit zwölf Jahren. Sid fröstelte. Umständlich zog er sich Jacke und Hose aus. Sein Herz schlug ihm fast ein Loch in den Brustkorb. Adrenalin, diese flüssige Angst, raste als Überbleibsel des Albtraums durch seine Adern. Wenigstens brannte die Leselampe noch.
    Benommen tastete Sid nach der Flasche Evian auf dem Nachttisch. Seine Kehle war staubtrocken. Als er sich zur Seite drehte, schreckte er zurück. In das Holz des Tisches, direkt vor seinem Gesicht, war etwas eingeritzt.
    Ich muss noch träumen, schoss es ihm durch den Kopf. Fest schloss er seine Hand um die Glühbirne. Der Schmerz trieb ihm augenblicklich die Tränen in die Augen, aber er ließ nicht sofort los. Instinktiv biss er sich auf die Lippen. Schmerz kann man nicht träumen!
    Vor Aufregung zitternd hob er die Lampe über seine Matratze und richtete den Lichtstrahl auf den Tisch. Der Lack war an einigen Stellen weggekratzt, darunter sah man das hellere Holz. Kein Zweifel, es waren Zeichen. Fremde Zeichen, nicht bloße Buchstaben. Eine Art Kreis mit Punkt und seltsame Linien.
    Ich habe die Wohnungstür aufgelassen!, durchzuckte es Sid. Ich war zu aufgewühlt, zu durcheinander, und jetzt ist jemand hier eingebrochen! Er traute sich nicht zu schreien oder aufzustehen. War der Fremde noch in der Wohnung? Was wollte er von ihm?
    Bebend sah er sich im Zimmer um. Alles war so, wie er es von seiner Rückkehr in Erinnerung hatte. Nichts schien zu fehlen oder durchwühlt worden zu sein. Er horchte. Auch im Rest des Appartements war es ruhig.
    Wie ein Baby rollte sich Sid auf seinem Sofa zusammen. Nackt, wie frisch in die Welt geworfen. Er fror. Als er sich eine Wolldecke schützend über den Körper ziehen wollte, bemerkte er den Schmerz. Den Schmerz in seinen Fingern, wie im

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