Die Rueckkehr des Daemons
Gras und voll Stolz blickte ich auf mein Werk. Die Figur gegen mein unsterbliches Herz. Sandstein splitterte, Hieb um Hieb wuchs der Körper aus dem unförmigen Fels hervor. Der Fels wurde Hund.
Dann wurde ein Mann der Arbeit überdrüssig und er trat vor mich hin. »Das Fleisch ist zu gering und die Aufgabe zu schwer. Wer sagt uns, dass Seth Gefallen an seinem Abbild findet?«
Er warf sein Werkzeug in den Busch und auch andere ließen ihre Äxte fallen.
Ich antwortete ihm nicht. Aus meiner Höhle holte ich das Kümmelkraut und verbrannte es.
»Ist dies deine Tochter?«, fragte ich. Als er es bejahte, hüllte ich das Mädchen mit Nebel ein, denn das hatte ich von Seth gelernt. Mir wuchsen Haare am ganzen Körper und Krallen aus meinen Fingern. Mein Rücken wurde krumm und die Schnauze lang und mein Speichel tropfte in Fäden auf ihr Fleisch und Blut. Als der Wind die Schwaden in die Savanne trieb, saß ich zwischen ihren Knochen und schmatzte und der Mann weinte.
Da ergriff der Mann seine Steinaxt wieder und die anderen taten es ihm gleich und sie kehrten an die Arbeit zurück.
Ich aber rief: »Ihr sollt mein Wort nicht hinterfragen. Denn ich bin Setepenseth, der, den Seth auserwählt hat, und ihr seid meine Welpen!« Und die Männer bejahten es.
51. Kapitel
NYC , 10. Oktober 2007, 8 Uhr 30
Miss Robinson, die Empfangsdame und Sekretärin in Isaac Marbelsteens Praxis, war eine Angestellte, wie man sie sich nur wünschen konnte – wenn man nicht auf der Besucherseite des Tresens stand. Unnachgiebig und prinzipientreu wachte sie über den Ablauf des Tagesgeschäfts. Ihr Haar war frühzeitig grau geworden und mit einer schweren Klammer zu einem Dutt hochgesteckt. Wahrscheinlich trug sie diese Frisur schon seit ihrer Schulzeit, vermutete Sid. An einer grob gegliederten Kette hing ihr eine mindestens zwanzig Jahre alte Brille auf der Brust, oder besser gesagt, auf einer weißen Rüschenbluse mit Rosenmuster. Beim Tippen der Formulare und Rezepte pflegte sie das Gestell ganz vorne auf ihre Nasenspitze zu setzen und über seinen Rand die wartenden Klienten im Auge zu behalten. Wenn es überhaupt einmal ernsthaftes männliches Interesse an ihr gegeben haben sollte, hatten sich die Bewerber sicher an ihrer kühlen Art die Zähne ausgebissen. Anders als in dem Lied von Simon & Garfunkel war aus ihr deshalb wohl nie eine Mr s Robinson geworden.
»Mister Martins, sie kommen zu früh!«, näselte sie. Mit zwei Fingern hackte sie auf die Tastatur ihres iMac ein. »Viel zu früh, um genau zu sein. Ihr Termin ist heute Nachmittag um 1 6 Uhr 30.«
Sid nickte. Von seinen vorhergehenden Besuchen her wusste er nur zu gut, dass man sich nicht mit Miss Robinson anlegen durfte. »Ich weiß, dass ich zu früh bin. Es ist ein Notfall!«
Abweisend schüttelte die Sekretärin den Kopf.
»Bedauerlicherweise wird Doktor Marblesteen heute kaum vorher Zeit für sie haben. Er ist in einer wichtigen Besprechung.« Sie gab sich nicht die geringste Mühe zu zeigen, dass sie überhaupt nichts bedauerte.
Wichtige Besprechung, aha, dachte Sid. Er kannte diese Umschreibung von der Sekretärin seines Vaters. Seiner Meinung nach wurde diese Formulierung benutzt, wenn Bob Golf spielte oder in Ruhe die Times lesen wollte.
»Darf ich?« Sid langte über den Tresen herüber und nahm sich Zettel und Kugelschreiber. Miss Robinson bedachte ihn mit einem mehr als empörten Blick. Ehe sie sich weiter aufregen konnte, kritzelte er eine Nachricht auf den Zettel.
Ich muss dringend mit Ihnen sprechen. Auch über das Tonband. Sid Martins
»Hier. Geben Sie ihm das. Vielleicht hat er ja doch Zeit.« Er reichte ihr die Notiz. »Bitte«, fügte er hinzu.
Missbilligend nahm Miss Robinson das Papier an sich. Dann schien sie sich zu besinnen, dass sie nicht die Verteidigungsministerin von Amerika war, sondern die Angestellte eines renommierten Psychiaters. »Ich werde sehen, was ich für Sie tun kann«, sagte sie schnippisch. »Wenn Sie bitte im kleinen Behandlungszimmer warten möchten!«
Auf hochhackigen Schuhen stöckelte sie um ihren Schreibtisch herum und hielt ihm die Tür zu einem Raum auf, den Sid noch nie betreten hatte. Bisher hatte ihn der Doktor immer in dem Zimmer mit der Couch empfangen. Als ihn Miss Robinson mit dem dringenden Hinweis »ja nichts anfassen« endlich alleine gelassen hatte, sah Sid sich um. Hier gab es keine Karotapete, die Wände waren in einem anregenden Sonnengelb gestrichen. Sid hatte Dr . Marblesteen einmal von der
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