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Die Rueckkehr des Daemons

Die Rueckkehr des Daemons

Titel: Die Rueckkehr des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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wirst du keine Probleme haben, hier rauszukommen«, versicherte sie. »Geh einfach immer mitten auf der Straße, damit dich alle sehen. Okay?«
    Als Rascal die Tür aufschloss, hätte ihr Sid gerne einen Kuss auf die Wange gedrückt. Nur so, aus Freundschaft. Einen Herzschlag lang war er kurz davor, dann überlegte er es sich anders.
    »Wie kannst du nach dieser Nacht bloß immer noch so fröhlich sein?«, fragte er.
    Rascal zwinkerte ihm zu. »Ich bin doch den ganzen Tag von Scheiße umgeben, hast du das vergessen?«
    Ohne eine Antwort zu geben, trampelte Sid lautstark die Treppe hinunter. Er konnte das Gewimmer aus den anderen Wohnungen einfach nicht mehr hören.
    Im Erdgeschoss wurde er wieder vorsichtiger. Er spähte durch die Türöffnung nach draußen. Der Block war tatsächlich wie ausgestorben. Noch immer parkte der Streifenwagen der Polizei quer auf dem Fußweg, mehr war nicht nötig, um die Ratten in ihren Löchern zu halten. Ein paar Kids hatten offensichtlich ein reines Gewissen, unter einem Mülleimer ohne Boden spielten sie Basketball, ein gipsy cab knatterte in hohem Tempo an Sid vorbei. Da diese Taxis keine offzielle Lizenz hatten, steuerten sie im Gegensatz zu den Gelben auch heikle Ziele wie die South Bronx an. Ihre Fahrer brauchten jeden Dollar, wie ihm Fletcher einmal erzählt hatte.
    Liberty enlightening the world .
    Der Spruch ging Sid nicht aus dem Kopf. Hatte er nicht Freiheit gesucht? Hatte er nicht wochenlang Gedichte und Prosa dazu gelesen? Davon geträumt, so zu leben wie die Beat-Poeten, wild und ohne Kompromisse, die Gefahr im Nacken? Immer auf der Suche nach dem wirklichen Leben, das er sich unter Freiheit vorstellte? Jetzt hatte er sie gefunden, in einem vergilbten Paket aus der Vergangenheit. Es klang wie die Schlusszeile eines Gedichts von Dylan Thomas. Sobald er wieder in der Schule war, würde er M r Wallace danach fragen.
    Plötzlich blieb er stehen, mitten auf einer mit Müll übersäten Straße in der South Bronx, und streckte beide Arme weit in die Luft.
    »Was mache ich hier?«, brüllte er in den wolkenverhangenen Himmel. Als Antwort flog eine Dose Budwiser aus einem Fenster und platzte vor seinen Füßen. Trotzdem rührte er sich keinen Zentimeter zur Seite, sondern legte sich beide Hände auf den Kopf und schloss die Augen. »Fassen wir zusammen«, murmelte er ins Dunkle. »Ich habe in einem Laden ein Paket geklaut, weil darauf ägyptische Zeichen gemalt waren, die jemand mit meinen Fingern in einen Nachttisch geritzt hat. In dem Paket ist ein Brief aus der Zeit, als meine Ururgroßeltern Kinder waren. In dem Brief beschreibt ein mir vollkommen unbekannter Mann einen ägyptischen Kult und das Herz einer Mumie, das seit 15.00 0 Jahren schlägt.« Jäh öffnete Sid die Augen. »Warum soll ich diesen Quatsch glauben?«
    Konzentriert sog er die Luft ein. Im vierten Stock ließ jemand ein Spiegelei anbrennen, im Haus daneben rauchte jemand auf dem Dach einen Joint, im Keller wurde ein Fahrrad geölt und hinten an der Ecke pinkelte eine Katze auf den Asphalt.
    Er seufzte. »Weil das alles etwas mit mir zu tun hat, deshalb.«
    Vielleicht war die Sache mit dem Mumienherz nur eine abstruse Legende oder auch nur ein Hirngespinst des lebensmüden Nagy. Trotzdem hatte er das Gefühl, es wurde Zeit mit jemand anderem als Rascal über die Sache zu reden. Mit jemandem, der die düsteren Wolken aus seinem Kopf pustete, damit er wieder klar denken konnte.
    Sein Patenonkel fiel Sid als Erster ein, aber er stand ihm viel zu nahe. Er brauchte jemanden, dem er vertraute und der ihm wirklich zuhören würde. Und der ihm vielleicht eine wissenschaftlich fundierte Erklärung für seinen Zustand geben konnte.
    Entschlossen ging er zum Eingang der U-Bahn-Station. Es gab eine Person, die schon die halbe Geschichte kannte. Jetzt sollte sie endlich auch den Rest erfahren: Isaac Marblesteen!
    Sid musste sich seinen Geistern stellen.

50. Kapitel
    Ich erinnere mich.
    Wir fanden den Felsen am Ufer des jotr’o . Die Äxte sirrten durch die Luft, Dutzende, Hunderte. Mein Stamm unterwarf Sippe um Sippe. Alle gehorchten, Seths Gestalt aus dem Stein zu hauen. Den liegenden Hund, und er war fünfundsiebzig Schritte lang und sechs Schritte breit und zwanzig Schritte hoch. Meine Höhle war gleich daneben. Jedes Mal, wenn die Sonne hinter den Felsen versank, trat ich heraus und überprüfte seine Gestalt.
    Der Kopf war vortrefflich geworden, so wie mir Seth gegenübergetreten war. Seine Pfoten ruhten im tiefen

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