Die Rueckkehr des Daemons
altes, erbärmliches Leben zu Ende. In der Mensa, in der er aus Kostengründen immer aß, setzte sich ein etwa fünfzigjähriger Mann zu ihm. Er schob einfach sein orangefarbenes Tablett neben seines und sprach ihn an. Anton Blomberg schwärmte von fremden Ländern und großen Möglichkeiten für einen schlauen Kopf wie Birger. Der verschüchterte junge Bengel, der er damals noch war, hörte mit großen Augen zu. Ihm wurde ganz wirr im Kopf. Und erst mit großer Verspätung traf er wieder in seinem Büro ein.
Jeden Tag kehrte der Mann zurück, auch er arbeitete für das Komitee, auf einem höheren Posten. Er stellte Fragen. Was ist der Sinn des Lebens? Glaubst du an eine höhere Macht? Wer ist dein Gott? Birger konnte ihm keine Antworten geben. Eines Nachmittags spendierte ihm der Mann noch eine Tasse wässrigen Kaffee und sprach die Worte, die Birgers Dasein für immer veränderten. Blomberg erzählte von einer Versammlung. Mächtige Menschen träfen sich dort, alle stünden zusammen, gemeinsam könnte sie niemand bremsen. Ein tüchtiger Bursche wie er würde es bei ihnen weit bringen.
Birger brannte darauf mitzugehen. Noch war es nicht so weit. Der Mann forderte einen Treuebeweis. Als Zeichen seiner Ergebenheit sollte Birger zwei Umschläge aus dem Büro verschwinden lassen.
Nach einer durchwachten Nacht jagte Birger die Arbeiten durch den Aktenvernichter. Er fühlte sich kein bisschen schlecht dabei. Eine neue, bis dahin unbekannte Lebensenergie strömte durch seine Adern. Am folgenden Wochenende flogen sie getrennt voneinander nach New York, in die große weite Welt. Birger beantwortete alle Fragen richtig. Mit Schmerzen und Demütigungen konnte er schon lange umgehen. Er wurde Welpe des Seth-Kults. Eine Prothese ersetzte den ausgeschlagenen Schneidezahn. Endlich war er jemand.
Zurück in Stockholm wartete bald eine Überraschung auf ihn. Nach zwei spannenden Monaten, in denen ihm Blomberg tiefe Einsichten in die Pläne gab, die der Kult mit ihm hatte, wurde Birger befördert. Er unterstand nun direkt dem Komitee, bekam eine eigene Sekretärin zugeteilt und alle wichtigen Unterlagen gingen über seinen Schreibtisch. Sein Vorgänger hatte sich das Leben genommen und ihn in seinem Abschiedsbrief für den Posten empfohlen. Als Birger mit einer kleinen Schachtel persönlicher Dinge vor der Tür seines neuen Büros stand, konnte er beobachten, wie das alte Namensschild von der Tür entfernt wurde.
Anton Blomberg .
49. Kapitel
NYC , Bronx, 10. Oktober 2007, 6 Uhr 40
Liberty enlightening the world – Freiheit erleuchtet die Welt, was sollte das bedeuten? Sid war enttäuscht. So sehr er sich im ersten Moment gefreut hatte, dass ihre Spekulationen richtig waren und sie das einhundertvierzig Jahre alte Rätsel geknackt hatten, so ratlos fühlte er sich jetzt. Aber was hatte er erwartet? Einen Satz wie Der Rest liegt im Spülkasten meiner Toilette ? Das hätte ihnen wohl auch nicht weitergeholfen.
Rascal warf ihm seinen Kapuzenpulli zu. »Es wird hell«, sagte sie eindringlich. »Du musst abhauen!«
Sid starrte sie ratlos an. »Hey, da draußen ist jemand, der es auf mich abgesehen hat und ich soll mich ihm freiwillig ausliefern?«
Rascal presste die Luft durch ihre geschlossenen Lippen. »Wenn er dich kaltmachen wollte, hätte er letzte Nacht eine sehr gute Gelegenheit dazu gehabt. Im Moment sind die Cops das größere Problem. Sie können jeden Augenblick hier sein. Zwar bedeutet Mista Naked da draußen für sie nur ein Verbrecher weniger auf den Straßen, aber trotzdem werden sie routinemäßig alle Wohnungen der Umgebung abklappern.«
Sid zog den Pulli über. »Ja«, bestätigte er. »Im ersten Stock horchen sie gerade ein Pärchen aus, ob sie etwas von dem Mord mitgekriegt haben. Wenn die mich hier finden, muss ich eine Menge unangenehmer Fragen beantworten. Oder die buchten mich gleich ein, weil sie mich für den Täter halten.«
Rascal nickte. »Möchtest du, dass ich mitkomme?« Sie lachte. »Ich habe heute zufällig keine Termine.«
Dankbar legte ihr Sid seinen Arm auf die Schulter. »Nein, ich muss alleine nachdenken. Du hast mir wirklich sehr geholfen. Ohne dich wäre ich nie auf die Idee gekommen, den Brief zu untersuchen. Aber ich glaube, im Moment drehen wir uns im Kreis. Ein bisschen Abwechslung wird uns beiden guttun. Außerdem muss ich dringend mal bei meinen Alten vorbei. Hast du ein Handy?«
Rascal riss ein Stück vom Sex-Pistols-Poster ab und schrieb ihm die Nummer auf. »Bei Tageslicht
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