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Die Rückkehr des Drachen

Die Rückkehr des Drachen

Titel: Die Rückkehr des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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gut Bescheid zu wissen, aber trotzdem konnte Egwene sich an die Namen nicht mehr erinnern oder auch an die schon lange von der Landkarte verschwundenen Länder, die sie regiert hatten. Es war aber der einzige Wandbehang, der Verins Beschreibung entsprach.
    Wenn sie den Klang ihrer eigenen Schritte überhörte, war es hier im Gang noch stiller als zuvor und irgendwie auch bedrohlicher. Sie klopfte an die Tür und trat nach einem abwesenden »Wer ist da? Herein!« sofort ein.
    Einen Schritt drinnen im Raum blieb sie stehen und sah sich erstaunt um. An allen Wänden waren Bücherregale angebracht, bis auf eine Tür zu einem der inneren Räume und einige Flecken, wo Landkarten - oftmals mehrere übereinander - und Karten des Nachthimmels hingen. Sie erkannte die Namen einiger Sternbilder: der Pflügende Bauer und der Heuwagen, der Bogenschütze und die Fünf Schwestern, aber andere kannte sie nicht. Auf jeder einigermaßen ebenen Fläche lagen Bücher und Papiere und Schriftrollen, und zwischen den Stapeln und manchmal auch obenauf lag ein ganzes Sortiment anderer Gegenstände. Seltsam geformte Glas- oder Metallstücke, Kugeln und miteinander verbundene Röhren, ineinander verschlungene Metallreifen, Knochen und Schädel in allen möglichen Formen und Größen. Etwas, das wie eine ausgestopfte braune Eule aussah, nicht viel größer als Egwenes Hand, stand auf einem ausgebleichten Eidechsenschädel, doch eigentlich konnte es gar keine Eidechse gewesen sein, denn der Schädel war länger als ihr Arm und hatte schiefe Zähne, größer als ihre Finger! Völlig willkürlich waren Kerzenhalter im Raum verteilt, so daß an einer Stelle die Beleuchtung gut war, während anderswo tiefe Schatten lagen. Die Gefahr bestand überall, daß Papiere sich daran entzündeten. Die Eule blinzelte Egwene an, und sie zuckte zusammen.
    »Ah, ja«, sagte Verin. Sie saß hinter einem Tisch, der genauso voll beladen war wie alles in diesem Raum, und hielt vorsichtig ein zerrissenes Blatt in den Händen. »Ihr seid es. Ja.« Sie bemerkte Egwenes Seitenblick auf die Eule und sagte abwesend: »Er sorgt dafür, daß es hier keine Mäuse gibt. Sie fressen sonst das Papier an.« Ihre Geste umfaßte den gesamten Raum, und das erinnerte sie wohl wieder an das Blatt in ihrer Hand. »Das ist vielleicht faszinierend. Rosel von Essam behauptete, mehr als hundert Seiten hätten die Zerstörung der Welt überstanden, und sie hätte es wissen müssen, denn sie schrieb alles kaum zweihundert Jahre danach auf, aber soweit ich weiß, existiert nur noch dieses eine kleine Blatt. Möglicherweise ist das wirklich das einzige. Rosel schrieb, es enthielte Geheimnisse, denen die Welt nicht gewachsen sei, und viel klarer hat sie sich nicht ausgedrückt. Ich habe diese Seite tausendmal gelesen und versucht, herauszufinden, was sie meinte.«
    Die winzige Eule blinzelte Egwene wieder an. Sie bemühte sich, in eine andere Richtung zu blicken. »Was steht denn da, Verin Sedai?«
    Verin blinzelte. Es sah dem Blinzeln der Eule ganz ähnlich. »Was da drinnen steht? Bedenkt, daß es eine wörtliche Übersetzung ist und sich beinahe anhört wie ein Barde, der im Hochgesang etwas rezitiert. Hört zu: ›Herz der Dunkelheit. Ba'alzamon. Der Name verborgen im Namen und vom Namen verhüllt. Das Geheimnis im Geheimnis, vom Geheimnis umschlossen. Verräter aller Hoffnung. Ishamael verrät alle Hoffnung. Die Wahrheit brennt und sengt. Die Hoffnung versagt im Angesicht der Wahrheit. Eine Lüge ist unser Schild. Wer kann dem Herz der Dunkelheit widerstehen? Wer kann dem Verräter aller Hoffnung gegenübertreten? Seele des Schattens, Seele der Dunkelheit, ist er...‹« Sie hielt seufzend inne. »Hier endet es. Könnt Ihr etwas damit anfangen?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Egwene. »Es gefällt mir nicht.«
    »Sicher, warum sollte es auch, Kind. Gefallen oder verstehen? Ich habe es beinahe vierzig Jahre lang studiert, und mir geht es genauso.« Verin legte das Blatt vorsichtig in eine ledergebundene und mit Seide umrandete Mappe, die sie anschließend achtlos in einen Stapel Papiere schob. »Aber deshalb seid Ihr nicht gekommen.« Sie kramte auf dem Tisch herum, knurrte etwas in sich hinein und konnte ein paarmal gerade noch einen Stapel Bücher oder Manuskripte davon abhalten, vom Tisch zu fallen. Schließlich fand sie, was sie gesucht hatte: eine Handvoll Blätter, mit dünner, krakeliger Schrift bedeckt und mit einer Kordel zusammengehalten. »Hier, Kind. Alles, was man über Liandrin

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