Die Rückkehr des Drachen
Elayne wart Ihr nicht so streng. Ihr wolltet daran teilnehmen, Elaida - vielleicht Elaynes wegen -, und Ihr werdet auch für dieses Mädchen Eure Pflicht tun, wie man es von Euch erwartet, oder Ihr verlaßt diesen Raum, und ich suche mir eine andere.«
Die beiden Aes Sedai funkelten sich an, daß Egwene kaum überrascht gewesen wäre, das Glühen der Einen Macht um sie herum zu entdecken. Schließlich schleuderte Elaida mit einer Kopfbewegung ihr Haar zurück und schnaubte laut.
»Wenn es sein muß, dann laßt es uns hinter uns bringen. Gebt diesem erbärmlichen Mädchen hier ihre Möglichkeit, sich zu weigern und macht ein Ende. Es ist schon spät.«
»Ich werde mich nicht weigern.« Egwenes Stimme bebte, doch dann hatte sie sie unter Kontrolle und den Kopf stolz erhoben. »Ich will hineingehen.«
»Gut«, sagte Sheriam. »Gut. Nun werde ich Euch zwei Dinge sagen, die keine Frau zu hören bekommt, bevor sie hier steht, wo Ihr jetzt seid. Wenn Ihr einmal beginnt, müßt Ihr auch bis zum Ende weitermachen. Wenn Ihr an irgendeiner Stelle nicht mehr weitergeht, werdet Ihr genauso aus der Burg gewiesen, als hättet Ihr euch zum drittenmal geweigert. Zweitens: Zu suchen, zu streben, bedeutet auch Gefahr.« Es klang, als habe sie das schon viele Male gesagt. In ihrem Blick lag viel Anteilnahme, doch ihr Gesichtsausdruck war beinahe so ernst wie der Elaidas. Die Zuneigung jagte Egwene mehr Angst ein als die Strenge. »Manche Frauen sind hineingegangen und nie wieder herausgekommen. Wenn der Ter'Angreal nicht mehr angeregt wurde, waren-sie-einfach-nicht-mehr-da. Und man hat sie nie wieder gesehen. Wenn Ihr überleben wollt, müßt Ihr standhaft sein. Zögert, versagt, und... « Sheriams Gesichtsausdruck ließ über das Unausgesprochene keine Zweifel zu. Egwene schauderte. »Das ist Eure letzte Gelegenheit. Weigert Euch jetzt, und es wird nur als das erste Mal angerechnet. Ihr könnt es dann immer noch zweimal probieren. Wenn Ihr aber jetzt beginnt, gibt es kein Zurück mehr. Es ist keine Schande, sich zu weigern. Ich brachte es beim erstenmal auch nicht fertig, hineinzugehen. Wählt!«
Sie kamen nie mehr heraus? Egwene mußte schwer schlucken. Ich will eine Aes Sedai werden. Und deshalb muß ich zuerst Aufgenommene sein. »Ich gehe.«
Sheriam nickte. »Dann bereitet Euch vor.«
Egwene blinzelte, und dann erinnerte sie sich: Sie mußte unbekleidet hineingehen. Sie beugte sich hinunter und wollte das Bündel Papiere hinlegen, das ihr Verin gegeben hatte. Dann zögerte sie. Wenn sie das hierließ, könnten Sheriam oder Elaida alles durchstöbern, während sie sich innerhalb des Ter'Angreal befand. Sie könnten sogar den kleineren Ter'Angreal in ihrer Gürteltasche finden. Wenn sie sich weigerte, hineinzugehen, könnte sie alles verstecken oder vielleicht Nynaeve geben. Ihr stockte der Atem. Ich kann mich jetzt nicht weigern. Ich habe bereits begonnen.
»Habt Ihr Euch doch entschlossen, Euch zu weigern, Kind?« fragte Sheriam mit gerunzelter Stirn. »Obwohl Ihr wißt, was das nun für Folgen hätte?«
»Nein, Aes Sedai«, sagte Egwene schnell. Hastig entkleidete sie sich und faltete ihre Kleider sorgfältig. Dann legte sie alles oben auf die Gürteltasche und die Papiere. Das mußte reichen.
Neben dem Ter'Angreal sprach Alanna plötzlich: »Es gibt da eine Art von... Rückkoppelung.« Sie nahm den Blick nicht von den Bögen. »Beinahe ein Echo. Ich weiß nicht, aus welcher Richtung.«
»Gibt es ein Problem?« fragte Sheriam in scharfem Ton. Auch sie klang überrascht. »Ich werde keine Frau hineinschicken, wenn es Schwierigkeiten gibt.«
Egwene blickte ihre aufgeschichteten Kleider sehnsuchtsvoll an. Bitte, ja, Licht, laß ein Problem auftauchen. Etwas, damit ich diese Papiere verstecken kann, ohne mich weigern zu müssen, hineinzugehen.
»Nein«, sagte Alanna. »Es ist so, als summe ein Beißmich um deinen Kopf, wenn du nachdenken willst, aber es stört nicht wirklich. Ich hätte es gar nicht erwähnt, aber so etwas ist noch nie geschehen, soweit ich weiß.« Sie schüttelte den Kopf. »Jetzt ist es weg.«
»Vielleicht«, sagte Elaida trocken, »hielten andere eine solche Kleinigkeit für nicht erwähnenswert.«
»Laßt uns fortfahren.« Sheriam ließ nun nichts mehr aufkommen. »Kommt.«
Nach einem letzten Blick auf ihre Kleider und die versteckten Papiere folgte ihr Egwene zu den Bögen. Der Steinboden unter ihren bloßen Füßen war kalt wie Eis.
»Wen bringt Ihr mit Euch, Schwester?« begann Elaida zu
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