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Die Rückkehr des Drachen

Die Rückkehr des Drachen

Titel: Die Rückkehr des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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breiten Alleen, die sich kreuz und quer über die Insel zogen. Der Frühling war wohl noch kaum voll ausgebrochen, doch in der Luft lag bereits ein Duft nach Blumen und Parfums und Gewürzen.
    Die Stadt raubte Egwene den Atem, als habe sie sie noch nie zuvor gesehen. Jeder Platz und jede Straßenkreuzung wies einen Brunnen auf oder ein Denkmal oder ein Standbild. Einige davon standen auf turmhohen Sockeln. Doch es war die Stadt selbst, die aller Augen blendete. Was ganz einfach wirkte, konnte so viele Ornamente und Friese aufweisen, daß es selbst schon wie Zierat aussah, und was keine Verzierungen zeigte, wirkte durch seine Form grandios. Große und kleine Gebäude, aus Stein in allen überhaupt möglichen Farben erbaut... Manche sahen wie Muscheln aus oder wie Meereswogen, andere wieder wie vom Wind abgeschliffene Klippen, fließend und phantasievoll, aus der Natur entnommen oder aus dem Geist von Menschen entsprungen. Die Wohnhäuser, die Schenken, ja, sogar die Ställe - selbst das unbedeutendste Gebäude in Tar Valon war für das Auge erschaffen worden. Steinwerker der Ogier hatten den größten Teil der Stadt in den langen Jahren nach der Zerstörung der Welt erschaffen, und noch heute behaupteten sie, es sei ihre beste Arbeit überhaupt gewesen.
    Männer und Frauen aus aller Herren Länder bevölkerten die Straßen. Man sah dunkelhäutige und blasse und alle Schattierungen dazwischen; leuchtend bunte Kleidung und Muster ebenso wie unauffällige; Kleidung mit Fransen und Troddeln und glänzenden Knöpfen, oder auch strenge und schmucklose; solche, die mehr Haut sehen ließ, als Egwene für schicklich hielt, und andere, aus der nicht mehr als die Augen und die Fingerspitzen hervorlugten. Geschlossene Sänften und offene Tragesitze suchten sich den Weg durch die Menge. Ihre Träger riefen: »Macht Platz!« Kutschen schoben sich langsam die Straßen entlang. Livrierte Kutscher schrien »Hüa!« und »Ho!«, als glaubten sie, dann ginge es schneller. Straßenmusikanten spielten Flöte oder Harfe oder Dudelsack. Manchmal begleiteten sie einen Jongleur oder einen Akrobaten, aber immer lag eine Mütze für die Münzen vor ihnen. Straßenhändler priesen ihre Waren, und Ladenbesitzer, die vor ihren Geschäften standen, boten schreiend ihre Ware feil. Die ganze Stadt war von einem Summen erfüllt, als sei sie ein lebender Organismus.
    Verin hatte wieder ihre Kapuze hochgezogen, um ihr Gesicht zu verbergen. Doch in dieser Menge schien niemand ihnen Aufmerksamkeit zu schenken, wie Egwene glaubte. Nicht einmal Mat auf seiner Trage an der Seite des Packpferdes zog mehr als flüchtige Blicke an, obwohl einige Leute sich vor ihnen zurückzogen, als sie an ihnen vorbeiritten. Manchmal brachten die Menschen ihre Kranken zur Weißen Burg, um dort Heilung zu finden, und was es in seinem Fall auch sein mochte - es konnte ja ansteckend sein.
    Egwene ritt zu Verin vor und beugte sich hinüber. »Habt Ihr wirklich gerade jetzt mit Schwierigkeiten gerechnet? Wir sind doch in der Stadt und schon beinahe angekommen.« Die Weiße Burg war jetzt bereits nahe vor ihnen. Das große Gebäude ragte breit und hoch über die Dächer hinweg.
    »Ich rechne immer mit Schwierigkeiten«, antwortete Verin gelassen. »Das solltet Ihr auch. Vor allem in der Burg. Dort müßt ihr alle mehr denn je achtgeben. Eure... Tricks« - ihr Mund verzog sich bei der Erwähnung einen Moment lang, bis die übliche Ruhe wieder zurückkehrte - »haben die Weißmäntel verscheucht, aber innerhalb der Burg könnten sie Euch sehr wohl den Tod oder die Dämpfung einbringen.«
    »Das würde ich in der Burg niemals tun!« protestierte Egwene. »Keine von uns täte das.« Nynaeve und Elayne hatten zu ihnen aufgeschlossen und Hurin bei den Pferden zurückgelassen. Sie nickten - Elayne eifrig und Nynaeve, wie es Egwene schien, etwas reservierter.
    »Ihr solltet das überhaupt nicht mehr tun, Kind. Ihr dürft nicht! Nie mehr!« Verin sah sie unter ihrer Kapuze hervor von der Seite her an und schüttelte den Kopf. »Und ich hoffe wirklich, ihr habt gelernt, euren Mund zu halten, wenn es besser ist.« Elaynes Gesicht lief puterrot an, und Egwenes Wangen brannten. »Sobald wir den Bereich der Burg betreten, hütet eure Zungen und akzeptiert alles, was geschieht. Was es auch sein mag! Ihr wißt nicht, was uns in der Burg erwartet, und wenn doch, würdet ihr auch nicht wissen, wie ihr darauf reagieren sollt. Also seid still.«
    »Ich werde tun, was Ihr sagt, Verin Sedai«, beteuerte

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