Die Rückkehr des Dunkelelf 2 - Kampf der Kreaturen
höchstrangigen Priester, untersuchten den Zwergenkönig kurz, dann sahen sie einander an und nickten zufrieden. Sie hatten eine weitere potenzielle Katastrophe abgewandt, hatten Bruenor wieder einmal von der Schwelle des Todes zurückgeholt.
Catti-brie konzentrierte sich einen Augenblick mehr auf die Priester als auf ihren ruhenden Vater. Einige lehnten sich offensichtlich erschöpft auf den Rand von Bruenors Bett, und obwohl sie ein weiteres Wunder gewirkt hatten, schien keiner von ihnen übermäßig erfreut – nicht einmal der sonst so vergnügte Pikel.
Sie begannen nach draußen zu gehen, vorbei an Catti-brie, und die meisten tätschelten ihr im Vorbeigehen die Schulter.
»Jeden Tag kommen wir zu ihm …«, bemerkte Cordio Muffinkopf, als er und Catti-brie allein im Zimmer waren.
Catti-brie ging zu ihrem Vater und kniete sich neben das Bett. Sie griff nach seiner Hand und drückte sie an ihre Brust. Wie kühl er sich anfühlte – als wäre die Lebenskraft schon fast vollkommen aus ihm gewichen. Sie blickte sich flüchtig im Zimmer um, sah die vielen Kerzen und gemütlichen Möbel und versuchte sich vor Augen zu führen, dass das hier ein ganz anderer Ort war als die engen, dunklen, feuchten Gänge unter den Ruinen von Withegroos eingestürztem Turm in Senkendorf. Das Zimmer war bequemer möbliert und gut belüftet und beleuchtet, aber es kam Catti-brie dennoch gar nicht so anders vor. Die junge Frau konzentrierte sich allerdings nicht wirklich auf die Möbel und das Licht, sondern auf die Gestalt, die so reglos dort im Bett lag.
Als sie ihn in diesem Augenblick ansah, musste Catti-brie an einen anderen Freund denken, der einmal dem Tod sehr nahe gewesen war. Damals an der Schwertküste hatten sie und die anderen Drizzt in einem ganz ähnlichen Zustand vorgefunden: Er hatte tödlich verwundet auf einer Seite des Zimmers gelegen, in dem Le'lorinel – Ellifain, diese tragischste aller Elfen – ebenso verwundet auf der anderen Seite lag. Drizzt hatte sie angefleht, statt seiner Ellifain zu retten, diese eine Dosis des magischen Tranks, die sie hatten, zu benutzen, um die Wunden der Elfenfrau zu heilen und nicht seine eigenen.
Bruenor hatte diesen Gedanken sofort von sich gewiesen, und so hatte Drizzt überlebt. Dennoch, Catti-brie und die anderen hatten in diesem Augenblick vor einer schwierigen Wahl gestanden, und sie hatten ihren eigenen Bedürfnissen entsprechend und zum größeren Nutzen der Allgemeinheit gehandelt.
Aber wie war es jetzt damit bestellt? Führten ihre persönlichen und vielleicht selbstsüchtigen Wünsche sie möglicherweise auf einen Weg, der dem großen Ganzen eher schadete?
Der heldenhafte Einsatz der Priester hielt Bruenor am Leben – wenn man diesen Zustand überhaupt noch als Leben bezeichnen konnte. Jeden Tag mussten sie mindestens einmal hierher eilen und ihre größten Heilanstrengungen vollbringen, um ihn von der Schwelle des Todes in diesen komatösen Zustand eines Beinahe-Toten zurückzuholen.
»Sollten wir dich vielleicht einfach gehen lassen?«, fragte sie Bruenor leise.
»Was hast du gesagt?«, fragte Cordio und eilte zurück ans Bett.
Catti-brie blickte den Zwerg an, sah seine besorgte Miene, dann lächelte sie und sagte: »Nichts, Cordio. Ich habe nur seinen Namen gesagt.« Sie schaute zurück zu Bruenors grauem Gesicht und fügte hinzu: »Aber er hört mich nicht.«
»Er weiß, dass du hier bist«, flüsterte der Zwerg, legte die Hände auf die Schultern der jungen Frau und versuchte, ihr ein wenig von seiner Kraft zu geben.
»Ich glaube nicht«, erwiderte Catti-brie. »Vielleicht ist das das Problem. Hast du allen Mut und alle Hoffnung verloren?«, fragte sie Bruenor. »Glaubst du, dass ich tot bin und dass Wulfgar, Regis und Drizzt ebenfalls in Senkendorf umgekommen sind?«
Sie starrte Bruenor noch einen Moment lang an, dann blickte sie wieder auf zu Cordio, und seine Miene drückte Zustimmung aus.
»Ist alles in Ordnung?«, erklang eine Stimme von der Tür her, und dann kam Regis hereingestürzt, dicht gefolgt von Wulfgar.
Cordio versicherte ihnen, dass Bruenors Zustand unverändert war, dann verabschiedete er sich, aber zuvor beugte er sich noch einmal zu Catti-brie und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
»Rede weiter mit ihm«, flüsterte er.
Catti-brie drückte Bruenors Hand noch fester und konzentrierte all ihre Sinne auf diese Hand, wartete auf eine Erwiderung des Drucks, einen winzigen Hinweis dafür, dass Bruenor ihre Gegenwart spürte.
Nichts.
Weitere Kostenlose Bücher