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Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Titel: Die Rückkehr des Fremden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Alexander
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noch blieb, erzählen sollte. Sie entschied schnell, dass Jacob in Bezug auf Dinge aus seiner Vergangenheit ehrlich zu ihr und den Carlsons gewesen war, und dass sie ihm das Gleiche schuldete.
    „Ich habe in diesem Jahr meinen Mann beerdigt. Dabei habe ich Patrick Carlson das erste Mal gesehen. Er sprach bei der Beerdigung meines Mannes. Er hat eine gute Abschiedsrede gehalten, besonders wenn man bedenkt, dass er …“ Sie brach ab, als sie feststellte, wie lange sie den Namen ihres Mannes nicht mehr laut ausgesprochen hatte. „Besonders wenn man bedenkt, dass er Larson nie gekannt hat.“ Sie schaute über das Tal zum Friedhof. Der warme Wind fühlte sich plötzlich kühl auf ihren Wangen an, und Kathryn wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Sie fühlte, dass Jacob sie beobachtete, drehte sich aber nicht um.
    „Ihr Mann war also kein Kirchgänger?“
    „Nein, das war er nicht. Aber er war trotzdem ein guter Mann. Er hatte nur eine … eine schlimme Kindheit, die es ihm schwer machte, mit Menschen zusammen zu sein. Ich erinnere mich an den Tag, an dem er einwilligte, mit mir zur Kirche zu gehen. Nur dieses eine Mal. Das ist Jahre her. Das war, bevor die Carlsons in die Stadt gezogen sind.“ Sie seufzte, als sie sich an die Kirchenlieder erinnerte. „Die Lieder, die wir gesungen haben, ließen mein Herz überfließen, aber bei jedem Lied, das wir sangen, spürte ich sein Unbehagen. Er wollte nicht da sein. Das konnte ich fühlen. Deshalb habe ich ihm schließlich gesagt, dass ich genug hätte und dass wir gehen könnten.“
    Jacob konzentrierte seinen Blick auf die Straße und Kathryn tat es ihm gleich. Das hohe Präriegras, das am Straßenrand wuchs, zitterte, als sie daran vorbeifuhren.
    „Aber Sie hatten nicht genug, nicht wahr?“
    Ohne Vorwarnung stiegen ihr Tränen in die Augen. Kathryn schluckte schwer und schüttelte den Kopf. „Nein. Ich habe diesen Hunger immer in mir.“ Sie drehte sich zu ihm um. „Genauso wie Sie ihn in sich haben, nehme ich an.“
    Jacobs Hände legten sich fester um die Zügel. „Wusste ihr Mann das? Wusste er, was Sie fühlten?“
    Kathryn fragte sich, wie sie auf dieses heikle Thema gekommen waren. Diese Ereignisse und Gefühle anzuschauen, dazu hatte ihr bis jetzt der Mut gefehlt, aber irgendwie war sie für diese Fragen dankbar. Vielleicht würde es ihr helfen, Antworten auf Fragen zu finden, die sie immer noch in Bezug auf ihre Ehe mit Larson hatte. „Ich habe ihm einmal erzählt, dass ich … mehr wollte. Mehr von ihm, mehr von uns. Aber dann vergeht die Zeit und der Alltag kehrt ein. Selbst wenn das Leben nicht so ist, wie man es sich gewünscht hätte, ist man in dieser Situation. Und man gewöhnt sich daran, dass es so ist, wie es ist. Die Zeit vergeht, und man vergisst fast, was man am Anfang eigentlich wollte. Und plötzlich passieren aus heiterem Himmel Dinge, die einen dazu bringen, sich zu erinnern. Dann kommt es einem fast egoistisch vor, mehr zu verlangen, wenn man doch nicht einmal mehr sicher ist, ob es überhaupt mehr gibt. Und doch fühlte ich mich manchmal …“ Sie schaute auf ihre Hände hinab, die sie auf ihrem Schoß gefaltet hatte. „Ich fühlte mich manchmal innerlich so leer.“
    Kathryn ließ den Kopf hängen und war plötzlich unsicher, weil sie so dahingeplappert hatte. Sie hoffte, Jacob würde sie nicht für egoistisch halten. Sie sah über die Felder zu dem fast fertiggestellten Schulhaus. So unangenehm es vielleicht sein mochte, es tat ihr doch gut, mit jemandem über Larson zu sprechen, den Sorgen, die sie immer noch quälten, eine Stimme zu geben.
    „Um Ihre Frage zu beantworten, Jacob: Ich glaube, er wusste es. Es war immer eine … nicht ausgesprochene Grenze da, die uns trennte.“
    Jacob ließ das Pferdegespann langsam die Straße hinabtraben, die zur Kirche führte. „Warum haben Sie es ihm nie geradeheraus gesagt?“
    Obwohl das bestimmt nicht seine Absicht war, hörte Kathryn eine Anklage aus Jacobs Frage heraus. Und sie nahm die Schuld, die er damit auf sie legte, an. „Ich hätte ehrlicher zu ihm sein sollen, das weiß ich jetzt. Ich hätte nicht erwarten dürfen, dass er einfach weiß, was ich brauche oder will.“ Sie schloss die Augen. „Ich schätze, ich hatte immer Angst, es würde Larson irgendwie verletzen, wenn er wüsste, dass ich nicht vollkommen glücklich war, und das wollte ich nicht. Ich habe meinen Mann sehr geliebt, auch wenn es Zeiten gab, in denen …“
    Kathryn brach plötzlich ab. Sie blinzelte, um

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