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Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Titel: Die Rückkehr des friedvollen Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
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nicht, sondern sagte nur noch: »Wir treffen uns heute abend bei Sonnenuntergang im Wald; dann erkläre ich dir alles.«

    Plötzlich sah ich Redbird draußen auf dem Fenstersims. Ich betrachtete ihn nachdenklich. Dann sagte ich: »Gut. Ich komme. Wo wollen wir uns denn treffen?« Doch als ich aufblickte, war Mama Chia schon verschwunden. »Mama Chia?« rief ich. »Mama Chia?« Keine Antwort. Ich suchte in der Hütte und hinter der Hütte nach ihr, aber ich wußte jetzt, daß ich sie erst bei Sonnenuntergang finden würde. Nur wo? Und wie? Ich ahnte, daß das meine erste Aufgabe sein würde.
     
    Den größten Teil des Nachmittags verbrachte ich damit, mich auszuruhen  – man konnte ja nie wissen, was mir nach Sonnenuntergang bevorstand. Ich lag auf meinem Bett und war zu aufgeregt, um schlafen zu können. Ein Teil meines Ichs blätterte in meiner Erinnerung alles durch, was ich bisher über die drei Selbste und die sieben Stockwerke im Turm des Lebens gelernt hatte. Bilder und Empfindungen zogen an meinem inneren Auge vorüber.
    Ich ließ in Gedanken all die wahrscheinlichen und unwahrscheinlichen Orte an mir vorüberziehen, an denen sie vielleicht auf mich wartete. Doch bald kam ich zu dem Schluß, daß es keinen Sinn hatte, darüber nachzudenken.
    Dann fiel mir ein: Eigentlich stehen doch alle Basis-Selbste miteinander in Verbindung. Also müßte mein Basis-Selbst auch wissen, wo ihres ist. Ich brauchte meine Intuition – jene Eingebungen, die »aus dem Bauch heraus« kamen – nur auf die Botschaften ihres Basis-Selbst zu konzentrieren. Dann würde ich sie mit ebenso unfehlbarer Sicherheit finden, wie ein Geigerzähler radioaktive Strahlen entdeckt! Jetzt wußte ich, wie es ging; aber konnte ich es auch durchführen?
    Ich wußte, daß ich meinen Körper entspannen und Klarheit in mein Bewußtes Selbst bringen mußte, um die Botschaften meines Basis-Selbst spüren zu können. Also setzte ich mich am Spätnachmittag auf einen kleinen Erdhügel am Waldrand und begann zu meditieren. Ich ließ meinen Atem in seinem eigenen Rhythmus kommen und gehen. Ebenso ließ ich meine Gedanken, Sinneswahrnehmungen und Gefühle kommen und gehen wie die Wogen des Meeres.
Von den Strömungen meines Geistes unbeirrt, sah ich sie heranrollen und ließ sie wieder abebben, ohne mich an sie zu hängen.
    Kurz vor Sonnenuntergang stand ich auf, streckte mich, tat ein paar tiefe Atemzüge, um alle Spannung und Sorge auszuatmen, die mich vielleicht beeinträchtigen könnten – und trat mitten auf die Lichtung. Bleib zuversichtlich, ermahnte ich mich. Vertraue auf dein Basis-Selbst. Es weiß, was zu tun ist.
    Zuerst versuchte ich mir vorzustellen, wo Mama Chia war. Ich entspannte mich und wartete darauf, daß ein Bild vor meinem inneren Auge auftauchte. Und ihr Gesicht erschien auch tatsächlich vor mir, aber es wirkte wie ein Bild, das ich mir aus der Erinnerung zusammengebastelt hatte. Die Umgebung, in der sie sich befand, konnte ich nicht erkennen. Dann lauschte ich mit meinen inneren Ohren auf irgendeinen Hinweis, vielleicht gar ihre Stimme. Doch auch das funktionierte nicht.
    Als ausgebildeter Sportler hatte ich ein besonders feines Bewegungsempfinden entwickelt – ich war mir meines Körpers sehr bewußt. Also setzte ich diese Fähigkeit ein: Ich bewegte mich langsam im Kreis und versuchte die Richtung zu erfühlen, in die ich gehen mußte. Doch da schaltete mein Verstand sich ein: Vielleicht sitzt sie ganz einfach auf der Veranda vor ihrem Haus! Nein – wahrscheinlich ist sie am Froschteich. Oder vielleicht im Wald in der Nähe der Hütte von Joseph und Sarah oder Fuji und Mitsu. Oder sie schleicht sich heimlich in meine Hütte und wartet, bis ich die Suche aufgebe!
    Plötzlich wurde mir bewußt, daß sich mein Verstand verselbständigte, und ich schob diese Gedanken weit von mir. Das war nicht der richtige Zeitpunkt für logische Überlegungen.
    Du mußt es einfach fühlen! sagte ich mir. Stumm bat ich mein Basis-Selbst, es mir zu verraten. Ich drehte mich weiter langsam im Kreis und wartete. Und plötzlich kam mir die Eingebung: »Ja!« In meiner Aufregung schrie ich es laut in den Wald hinein. Mein Arm zeigte in eine bestimmte Richtung. Ich spürte dabei eine Art innerer Bestätigung, so wie bei anderen Ahnungen »aus dem Bauch heraus«, die ich früher schon gehabt hatte, nur viel intensiver. Mein
Bewußtes Selbst meldete sofort alle möglichen Zweifel an: Das ist doch albern. Das ist nur eine Ausgeburt deiner Phantasie.

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