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Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Titel: Die Rückkehr des friedvollen Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
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anders aus als tagsüber, aber mir war anders zumute als sonst. Bei dieser geheimnisvollen, ungewohnten Tätigkeit stieg mein Basis-Selbst an die Oberfläche. Ich genoß die Aufregung.
    In meinem Unterleib breitete sich ein warmes Glühen aus und stieg prickelnd durch meine Brust nach oben wie eine langsam anschwellende Energie. Ich mußte einen lauten Schrei ausstoßen wie ein Vogel, um ihr Luft zu machen. »Iiiaaahh!« kreischte ich mit hoher Stimme. Ich fühlte mich tatsächlich wie ein Vogel und dann wie ein Puma, der auf leisen Pfoten durch die Nacht schleicht. Eine solche Herausforderung wie diese hatte ich noch nie zu bestehen gehabt.
    Ich stieg immer höher hinauf. Ein leichter Schweißfilm bildete sich auf meinem Gesicht und meiner Brust, denn die Nacht war warm. Ich dachte darüber nach, wie geheimnisvoll dieses Leben doch war. Diese märchenhafte Nacht kam mir unwirklich vor – oder besser gesagt, so wirklich wie ein Traum. Vielleicht träumte ich tatsächlich. Vielleicht war ich damals von diesem Surfbrett ins Meer gestürzt, vielleicht befand ich mich im Delirium in einem anderen Körper, einem anderen Leben oder in meinem Bett zu Hause in Ohio.
    Ich blieb stehen und ließ meine Blicke über den Wald wandern, der unter mir lag. Der Schimmer des Mondes erhellte die Umrisse der Bäume, als hätte ein Maler sie mit ein paar silbernen Pinselstrichen
hinskizziert. Nein, das war kein Traum. Ich schwitzte wirklich, das war wirklich der Mond, und ich war wirklich müde. Bald würde der Morgen dämmern. Der Bergkamm lag direkt über mir – vielleicht noch eine halbe Stunde, dann würde ich oben sein. Also hastete ich weiter, mit dem Morgengrauen um die Wette.
    Keuchend vor Anstrengung erreichte ich den Kamm. Ich fand eine geschützte Stelle, legte mich hin und schlief, bis die Sonne ihre ersten Strahlen über die Felsen schickte und mein Gesicht berührte. Ich genoß den Ausblick über Molokai. Und was nun?
    Da hörte ich in meiner Erinnerung Socs Stimme. Er hatte mir einmal vom Koan erzählt, einem unlösbaren Zen-Rätsel, das uns die Grenzen unseres bewußten Verstandes deutlich machen soll. Die »Lösung« lag nicht in der »richtigen« Antwort, sondern in einer Erkenntnis, die mit der Aufgabenstellung nicht mehr viel zu tun hatte.
    Ich fragte mich, ob Mama Chias Rätsel wohl auch so ein Koan war. In einem Winkel meines Verstandes begann ich über diese Frage nachzugrübeln, und ich wußte, daß sie mich noch viele Stunden lang beschäftigen würde – im Wachzustand und im Schlaf.
    Dann dachte ich wieder darüber nach, wie es wohl ist, wenn man seine Form verändert. Mama Chia hatte das als »eine Art tiefer Einfühlung in ein anderes Wesen« bezeichnet. Als ich noch klein war, hatte ich mit Begeisterung das »Was-wäre-wenn …«-Spiel gespielt: Wie wäre es wohl, wenn ich ein Tiger wäre? Oder ein Gorilla? Und auf meine kindliche Art hatte ich diese wilden Tiere dann imitiert, zwar nicht sehr geschickt, aber ich hatte mich dabei wirklich wie ein Tiger oder wie ein Gorilla gefühlt. Vielleicht würde mir das jetzt helfen!
    Gerade als mir diese Idee kam, sah ich einen Albatros, der ziemlich niedrig flog. Er schwebte im Aufwind dahin, ganz langsam und schwerelos – er schien fast über mir in der Luft zu stehen. Erschrocken stellte ich fest, daß ich mich tatsächlich für ein paar Sekunden in diesen Albatros verwandelt hatte: Ich hatte durch seine Augen zu mir heruntergeschaut. Mit einem lauten Krächzen flog der Vogel nun direkt auf die Stadt zu, die unter mir lag, als gleite er eine endlose Rutschbahn hinab. Da wußte ich, wo ich als nächstes
hingehen würde – nach Kaunakakai. Was für eine Nacht voller Wunder!
    Ehe ich mit dem Abstieg begann, ließ ich meine Blicke noch einmal über die ganze Insel schweifen, die ins erste Morgenlicht getaucht dalag. Es war ganz richtig, daß ich als erstes hierhergegangen war, um mir einen Überblick zu verschaffen, dachte ich. Als ich gehen wollte, sah ich, daß zu meinen Füßen eine Albatrosfeder lag. Ich hob sie auf, und ein uraltes Verlangen stieg in mir auf. Ich war im Begriff, mich auf eine Suche zu begeben – warum sollte ich sie nicht mit einer Zeremonie beginnen?
    Ich hob die Feder mit dem linken Arm hoch über meinen Kopf und wies mit dem rechten Arm auf den Boden – als symbolische Verbindung zwischen Himmel und Erde. Ich sah aus wie der Magier auf einer Tarot-Karte und fühlte mich auch so. Dann hob ich grüßend die Hand nach Norden, Süden,

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