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Die Rueckkehr des Henry Smart

Die Rueckkehr des Henry Smart

Titel: Die Rueckkehr des Henry Smart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roddy Doyle
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wusste, dass ich die paar Zentimeter nur schaffte, weil er mich machen ließ. Er hatte genug Kraft, um mich runterzudrücken, mich zu ersticken oder mir sogar das Genick zu brechen.
    – Ist Ihr Bein dran, Mister Smart?
    Mein Gesicht landete wieder auf dem Kissen. Diesmal drückte er brutaler zu. Länger. Ich war auf der Verliererstraße.
    Das Bein lag vor dem Bett, die Bettdecke war runtergefallen, er musste gesehen haben, dass ich es nicht trug.
    Und das raubte mir alle Kraft – die Vorstellung, was er gesehen haben musste: den nackten alten Mann, den schlaffen Hintern; den verschrumpelten Käfer, dem man ein Bein ausgerissen hat.
    – Können Sie aufstehen?
    Ich nickte. Oder versuchte es jedenfalls.
    – Okay?
    Ich nickte wieder. Jetzt konnte ich mich umdrehen.
    – Tut mir leid, Mister Smart, sagte er.
    Ich deckte mich zu. Ihm und auch mir zuliebe.
    – Sie führen schließlich nur Befehle aus, Bill.
    – Nein, sagte er. – Das hat mir niemand befohlen.
    – Was zum Teufel denken Sie sich dann dabei?
    Diesmal ging es richtig zur Sache. Er holte weit aus, der Schlag hallte durchs ganze Zimmer. Ich landete auf dem Boden, zwischen Bett und Wand. Auf dem Holzbein. –
    – Anschnallen, sagte er.
    Er passte genau auf, blieb dicht an mir dran. Als ich aufhörte, das Holzbein wie eine Keule zu halten, wurde er ein bisschen lockerer. Aber er gab mir keinen Raum zum Manövrieren, jetzt konnte ich ihn nicht mehr erwischen.
    Er sah zu, wie ich es anschnallte. Wie ich mich anzog. Er bewegte sich nur so viel wie nötig.
    – Warum? fragte ich.
    Ich steckte das Notizbuch in meine Jackentasche. Der Fedora fiel mir ein, ich setzte ihn auf.
    – Was ein Mensch ertragen muss, hat Grenzen, sagte er.
    Von mir aus konnte es jetzt losgehen.
    – Ich hab nichts dagegen, Befehlsempfänger zu sein, sagte er. – Passt mir gut in den Kram. Mister Ford ist in Ordnung.
    Ich sah ihn an. Nicht zum ersten Mal hatte ich einen Mann unterschätzt. Ich würde es nie lernen.
    – Aber Sie, sagte er. – Bei Ihnen bleibt mir das »Mister Smart« in der Kehle stecken. Los jetzt.
    Er fasste mich nicht an. Es war nicht nötig. Ich setzte mich in Bewegung, ich machte, was er von mir wollte. Aber er versperrte mir den Weg.
    – Du bist ein Stück Scheiße, sagte er. – Genau wie ich.
    Es klang nicht angriffslustig, er wollte mich nicht provozieren. Deshalb wirkte es so beängstigend. Er glaubte, was er sagte.
    – Es tut mir leid, sagte ich.
    – Yeah.
    – Hast du einen Pass? fragte Ford.
    – Nein.
    – Bei der Einreise hattest du einen.
    – Das war nicht meiner, sagte ich. – Und ich hab ihn in den Hudson geworfen.
    – Wir werden dir einen Pass besorgen, sagte Ford. – Bist du jetzt Amerikaner?
    Ich wusste es nicht.
    – Ich will keinen Pass.
    Es war nicht dieselbe Wüste. Es war die ganze Welt, ein riesiges Gelände um mich herum, und trotzdem wirkte es kleiner als Monument Valley. Das Fort sah so aus wie das davor, ein windiges Ding, das sie mal eben hier hatten fallen lassen. Die Mauern waren so niedrig, dass sie keinen aufgehalten hätten. Genau genommen gab es nur eine, dazu eine lange Reihe von Armeezelten, farbiger als die, die ich in der Depressionszeit in den Camps der Wanderarbeiter gesehen hatte. Ein paar Bäume warfen lange spillrige Schatten über den Sand. Wir waren in Utah, in der Moab-Wüste, wahrscheinlich war ich da schon mal durchgekommen.
    – Bin gerade erst zurück, sagte er.
    Ich sagte nichts.
    – Aus Irland. Hab Drehorte besichtigt.
    – Die gibt’s da noch und noch.
    Ich hatte nichts sagen wollen, um mich nicht reinziehen zu lassen. Aber das Stichwort Irland hatte gereicht, der Mund war aufgegangen, und der Scheiß kam raus.
    – Ohne Pass hätte ich da nicht hinkommen können. Meta?
    – Hier.
    Sie saß wieder unter dem großen Hut.
    – Lass Fotos von Henry machen, sagte er. – Und verdammt, ist er nun Ire oder Amerikaner?
    – Ich kümmere mich drum, sagte sie.
    – Am Ende ist er Mexikaner, sagte Ford.
    – Muss er vielleicht sogar sein, sagte sie, – wenn es mit dem Pass eilt.
    – Es eilt.
    – Überlass es mir, sagte sie, blieb aber sitzen, wo sie saß, direkt hinter uns.
    (Später habe ich erfahren, dass ich Amerikaner war. In Dublin gab es keine Unterlagen, ich hatte nie existiert.)
    – Also, sagte Ford. – Wir sind auf der Zielgeraden. Wir haben die Finanzierung und Duke und Maureen.
    – Was ist mit Fonda?
    – Zu glatt für einen überzeugenden Iren. Fehlt nur noch das Drehbuch. Bist du so weit?
    –

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