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Die Rueckkehr des Henry Smart

Die Rueckkehr des Henry Smart

Titel: Die Rueckkehr des Henry Smart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roddy Doyle
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gebraucht wurde. Und wenn es so weit war, würde ich kämpfen.
    Ich klapperte alle Studios ab. Am Ende jeder langen Straße war eins. Fox, Universal, MGM. Ich wartete an den bewachten Toren. Ich kletterte nach Anbruch der Dunkelheit über hohe Zäune. Ich erschlug einen deutschen Schäferhund mit meinem Holzbein samt Stiefel, ehe ich das Ding richtig hatte abschnallen können. Ich konnte nicht warten, und der Hund auch nicht. Ich fiel auf ihn, als sein letzter Atemzug über mein Gesicht streifte.
    Ich keuchte und lachte. Ich hatte überlebt.
    Ich kroch unter den Palmen hinter der Reihe der Studio-Bungalows rum. Ich hielt durch Jalousien Ausschau nach Fotos von Cowboys und ihren Filmpartnerinnen. Ich fand jede Menge, aber keine von Ford. Ich stemmte Schlösser auf und erinnerte mich wieder daran, wie man durch Fensterscheiben kommt. Ich saß an Schreibtischen und las Drehbücher und Notizen für Drehbücher. Ich las im Dunkeln. In den Texten suchte ich nach Ford. Ich widerstand der Versuchung. Ich schrieb nichts dazu. Ich las alles über die harten Männer und Kriegshelden, die bösen Mädchen und Heldinnen. Aber nirgends führte Ford Regie.
    Später spielte das keine Rolle mehr, weil ich jede Nacht las. Ich lernte die Codes und Abkürzungen. Ich wusste jetzt, wie ein Drehbuch aussah, kannte Anordnung und Sprache. Ich saß unter Cecil B. DeMilles Schreibtisch und las in seinem Paramount-Bungalow sämtliche Drehbücher – mit einer Taschenlampe, die ich unterwegs gekauft hatte.
    Ich hörte den Schlüssel. Die Tür ging auf.
    Ich ging an der Frau vorbei, die sie aufgemacht hatte. Ich hatte den Papierkorb in der Hand.
    – Herrlicher Morgen, sagte ich, der neue Hausmeister in gutem Anzug und Fedora.
    – Ja, sagte die Frau.
    Ich kippte den Abfall hinter einen Busch, brachte den Papierkorb zurück ins Haus und stellte ihn wieder neben ihren Schreibtisch. Sie hatte sich nicht gerührt.
    – Bis morgen, sagte ich.
    Ich brach in Fords Haus ein. Ich stand in der Diele und wusste, dass er nicht da war. Ich guckte in die verbotenen Räume. Ich suchte nach Drehbüchern –
Rio Grande, The Quiet Man
–, fand aber nichts.
    Ich war ständig unterwegs. Meine beste Zeit seit Jahren. Ich war wach und jung. Über Mauern und Zäune, durch Türen aus Holz und Gusseisen.
Singin’ in the Rain, High Noon
, ich las sie alle. Ich trieb mich an den Sets herum. Ich fütterte die Pferde und pinkelte in den Wassertank. Gene Kelly hat nie erfahren, was beim Singen auf ihn runterrieselte. Ich war die ganze Nacht auf Achse, tagsüber schlief ich.
    – Mister Smart.
    Ich ließ Bill an der Tür stehen. Er folgte mir ins Zimmer.
    – Fertig? fragte er.
    – Womit?
    – Mister Ford möchte Sie sprechen, sagte Bill.
    – Sieh mal einer an.
    – Ja, sagte Bill.

Kann’s losgehen?
    – Nein, sagte ich.
    Er war erst betroffen, dann besorgt und verärgert.
    – Sie wollen nicht mitkommen?
    – Nein.
    – Was soll ich Mister Ford sagen? fragte er.
    – Überlass ich Ihnen.
    – Sie wollen ihn nicht sehen?
    – Das hab ich nicht gesagt.
    – Soll ich morgen wiederkommen?
    – Meinetwegen.
    – Morgen Abend.
    – Bestens.
    Er ging zur Tür.
    – Wiedersehen, Mister Smart, sagte er.
    – Viel Erfolg, sagte ich und folgte ihm zur Tür. Er blieb stehen und sah sich um. Ein paar Zimmer weiter wurde gestritten. Ernsthaft, mit splitternden Möbeln und wütenden Menschen, die leise ächzten. Bill sah mich an. Er wartete auf eine Beschwichtigung, auf etwas Handfestes, was er Ford würde mitbringen können. Er zuckte die Schultern und ging. Ich sah ihm nach, bis er um die Ecke in Richtung Aufzug verschwunden war. Ich hörte den Aufzug anfahren, die Kabel stöhnten, als sie die Kabine zu ihm hochzogen.
    Ich machte die Tür zu.
    Ich war hellwach, alarmiert. Ein gelernter Killer schläft nie. Früher war ich beim Aufwachen sofort bereit zu Flucht oder Konfrontation gewesen, nichts konnte mich überraschen.
    Ich war bereit. Ich regte mich nicht.
    Ich hörte nichts außer den üblichen Geräuschen am frühen Morgen, noch ehe es richtig hell geworden ist. Der Gang vor meinem Zimmer war leer. Die Hotelgäste schliefen oder waren tot.
    Erst kam der Schlag auf den Kopf, dann hörte ich das Schnaufen, spürte harte Hände auf meinem Kopf und meinen Schultern, aber die Hiebe auf den Kopf sollten mich nicht umbringen oder auch nur verletzen. Eine Hand drückte mein Gesicht ins Kissen. Ich versuchte, mich gegen das Gewicht zu stemmen, und kriegte den Kopf hoch, aber ich

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