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Die Rueckkehr des Henry Smart

Die Rueckkehr des Henry Smart

Titel: Die Rueckkehr des Henry Smart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roddy Doyle
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brüchiger Stimme. Ich sah, wie die Gesichter um mich herum versuchten, den Sinn zu erfassen.
    – Nuala O’Shea wird nicht enttäuscht sein.
    Hände hoben sich, es gab minutenlangen Beifall. Frauen standen Schlange, um mir die Hand zu schütteln.
    – Das war wunderschön, vielen Dank.
    Der Kampf geht weiter
, log ich, um wiedergutzumachen, was ich ihr vorgelogen hatte. Und ich hatte sie Nuala genannt. Hätte ich sie
Miss
genannt, hätte es einen Aufstand gegeben, sogar auf einem Friedhof. Sie gehörte jetzt diesen jungen Frauen, nicht mir.
    Da stand eine vor mir. Ein mageres Ding mit Haaren wie die von Stan Laurel, rosa gefärbt.
    – Ich werde sie in meiner Doktorarbeit Nuala Smart nennen, ist das okay?
    Ich nickte.
    – Bestens.
    Es gab ein Geschiebe und Gedränge, und da war plötzlich eine andere Frau. Ich sprach zuerst.
    – Saoirse.
    – Ich weiß, was du machst.
    – Wirklich?
    – Ja, wirklich.
    – Und es ist dir nicht recht.
    – Stimmt.
    – Warum hast du dich dann versteckt?
    So viel war klar: Sie stand vor mir, also hatte man sie nicht geknebelt und eingesperrt.
    – Warum sagst du es dann nicht laut?
    Sie hatten uns Raum für unser Gespräch gelassen. Die Menge war noch da, aber wir hatten eine Insel für uns am offenen Grab.
    – Ich kann nicht, sagte sie.
    – Warum nicht?
    – Das weißt du doch.
    – Eben nicht.
    Sie sah mich mit nassen Augen an.
    – Sie haben gesagt, dass sie dich umbringen würden, wenn ich rede.
    Sie war fort. Die Menge hatte sie verschluckt.

| Vierter Teil

12 | Der Wagen hielt neben einem anderen, in dem eine der hinteren Türen aufging. Der Mann mit dem Bart stieg aus.
    Er setzte sich neben mich auf die Rückbank.
    – Henry,
a chara.
Wie geht’s?
    – Bestens.
    – Zeit für ein kleines Gespräch.
    Wir waren auf dem Weg zum Mansion House. Zur Geburtsstätte unserer Religion.
    – Kein Grund, nervös zu werden, sagte er. – Du bist dort unter Freunden.
    Er war schon da gewesen, kam gerade von dort. Es lief nicht gut. Jahrzehnte der Wut und der Zwistigkeiten zwischen Nord und Süd ließen sich nicht so schnell überwinden, es gab Streit um die Investitionsgelder.
    – Eins habe ich mir immer geschworen, sagte er.
    Wir waren wieder auf einer Hauptstraße, bretterten an einem verlassen Gewerbegebiet vorbei.
    – Dass ich nie eine weitere republikanische Spaltung zulassen würde.
    Er schwieg lange.
    – Dein Beitrag wird den Ausschlag geben, Henry, sagte er. – Lass mich nicht im Stich.
    Noch zwei Minuten bis zum Mansion House.
    – Man wird dir eine Frage stellen, sagte er. – Du wirst antworten.
    – Ist Dinny Archer auch da?
    – Nein, sagte er. – Denis geht es nicht gut.
    Er sah mich an. – Wird Zeit, dass die Toten an die Lebenden übergeben. Was meinst du?
    Ich nickte.
    – Also gut, sagte er.
    Wir waren da.
    – Eine einfache Frage und eine einfache Antwort. Wenn wir nicht durchkommen ...
    Er sprach nicht weiter. Es war nicht nötig.
    Die Beifahrertür ging auf, und ein lächelnder harter Kerl half mir aus dem Wagen.
    Es war kalt, November, und dunkel, obgleich es noch nicht spät war.
    Ich ging Stufen hoch. Hände halfen mir dabei. Über einen kurzen Gang in den Round Room. Der Beifall war eher da als ich, und ich spürte ihn auf der Haut, als ich zwischen den Reihen der stehenden Männer und Frauen durchging.
    Ich tat das Richtige.
    Wieder Stufen, auf eine Bühne, ich schaffte es allein, schüttelte eine helfende Hand ab. Der Joviale war da mit anderen Männern und Frauen, die ich schon kannte oder auch nicht.
    Ich trat an ein Mikrophon. Ich wusste, dass ich das Richtige tat.
    Ich stand da und wartete.
    Der Beifall legte sich. Einige Männer und Frauen setzten sich, dann alle.
    Der Joviale sah gefährlich und streng aus. Er trat ans Mikrophon.
    – Die Delegierten des Árd Fheis haben deutlich gemacht, dass sie Volunteer Henry Smart willkommen heißen.
    Wieder Beifall, aber diesmal nicht so lange. Die Luft knisterte, trotz Hitze und Zigarettenrauch war die Stimmung plötzlich frostig.
    – Wir diskutieren über diesen Punkt jetzt seit fünf Stunden,
a cháirde.
Henry Smart ist dieser wunderbare Raum nicht unbekannt. Ich brauche euch nicht daran zu erinnern, welche Stellung er im Republikanertum einnimmt. Henry und Denis Archer waren in diesem Saal, als die Republik ausgerufen wurde.
    Ich hörte genau auf jedes Wort, sah es mir von allen Seiten an.
    – Denis fühlt sich leider nicht wohl genug, um heute bei uns zu sein. Wir schicken ihm unsere brüderlichen

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