Die Rueckkehr des Henry Smart
Kate.
Sie trat ans Fenster und stellte sich vor das Rouleau.
– Mister Ford ist ein Genie, sagte sie. – Und er will das Rechte für Sie, daran dürfen Sie nicht zweifeln. Er wird die beiden Storys zusammenbringen, aber man wird ihn unter Druck setzen, auf Ihren Teil zu verzichten. Zu heftig, zu real, zu verdammt tragisch. Aber ich möchte die Frau in
Ihrer
Geschichte sein. Eine Frau, die kämpft. Die Liebe Ihres Lebens. Und diese Uniform ... Herrjemine!
Sie lachte.
– Eine Frau wie sie hat es noch nie gegeben. Niemals. Wir würden Geschichte schreiben.
– Von mir aus.
– Er ist auf unserer Seite, Mister Smart. Aber Sie müssen kämpfen. Sie ging zur Tür.
– Wie steht’s um Ihren Kampfgeist, Mister Smart?
Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.
– Bestens!
– Recht so!
– Die Geschichte da, sagte ich zu Meta Sterne. – In dieser Zeitschrift.
Ich stand in Fords neuem Büro bei der Republic. Gleich nachdem ich Maureen FitzSimons’ Hintern aus meinem Zimmer hatte verschwinden sehen, hatte ich beschlossen, nicht auf ihn zu warten. Ich war zu Fuß ins Studio gegangen, den ganzen Weg. Ich würde geradewegs zu Ford gehen und den Armleuchter plattmachen, würde ihn zwingen, sich hinzusetzen, und wir würden das Drehbuch in einem Rutsch runterschreiben.
Ich hatte überlegt, ob ich mir ein Taxi nehmen sollte, aber ich wusste nicht, wie das ging. Früher hatte ich es gewusst, ich erinnerte mich, dass ich in Taxis gesessen hatte. Aber ich sah die Taxis vorbeirauschen, und meine Hände blieben tief in den Taschen. Ich spitzte die Lippen, aber die Zähne, auf die’s beim Pfeifen ankam, hatte ich verloren. Ich wusste, wie man hinkam, kannte die Boulevards und alles. Aber ich brauchte den ganzen Tag. Schatten waren schwer zu deuten in dieser Stadt, aber so viel sah ich, es war später Nachmittag. Der Schweiß war auf meinem Rücken verkrustet, beide Beine taten mir weh. Aber es war mir immer noch bitterernst. Ich hatte den Staub von meinen Krokoboots gewischt, ehe ich Fords Vorzimmer betrat.
– Saturday Evening Post
? fragte sie.
– Ich muss sie verlegt haben, bin nicht dazu gekommen, sie zu Ende zu lesen.
Sie machte eine Schublade auf, holte den glattrasierten Mann von der Küstenwache und seinen Eisberg raus und streckte ihn mir über den Schreibtisch weg hin.
Ich nahm ihn.
– Danke.
Ich deutete auf die geschlossene Tür zu Fords Büro.
– Ist er da?
– Nein, sagte sie lächelnd, dann sah sie wieder auf die Schreibtischplatte.
Andere Männer, die ihm in die Quere gekommen waren, hatte er jahrelang am ausgestreckten Arm verhungern lassen, Stars und Stuntmen, Männer und Frauen, die sich Arbeit oder Liebe von ihm erhofften. Wie hatte Maureen FitzSimons gesagt: Wenn man Mister Ford abblitzen lässt, wird er zum Ungeheuer.
Der konnte mich mal gernhaben.
Ich ging.
Ich setzte mich aufs Bett und las.
Shawn Kelvin, ein junger Bursche von zwanzig Jahren und eine Frohnatur, ging in die Staaten, um sein Glück zu machen.
Stimmt, ich war zwanzig gewesen. Aber was zum Henker war eine Frohnatur?
Und fünfzehn Jahre später kehrte er in sein heimatliches Kerry zurück, seine Frohnatur war verblichen und seine Jugend verdorrt, und ob er sein Glück gemacht hatte oder nicht, wusste niemand so genau. Denn er war ein stiller Mann, der nicht gern über sich und das redete, was er getan hatte. Ein stiller Mann, gedrungen ...
Von wegen ...
– mit breiten Schultern und tiefliegenden blauen Augen unter Brauen, die ein wenig dunkler waren als sein dunkles Haar. Das war Shawn Kelvin. Eine seiner Schultern stand ein wenig höher als die andere ...
Das stimmte. Eine meiner Schultern stand höher, aber erst, nachdem ich mehrmals angeschossen worden und unter einen Zug gefallen war. Auch das mit der Augenfarbe kam hin, obgleich er sich darüber gern noch etwas länger hätte auslassen können. Die Daten waren total daneben und die Orte auch. Ich war nie »zurückgekehrt«, weder nach Dublin noch nach Kerry oder sonst wohin.
Aber ich musste weiterlesen. Ich konnte nicht sicher sein, ob ich nicht doch darin vorkam. Die Geschichte war fast zwanzig Jahre alt, war 1933 herausgekommen. Ich hatte Geschwister, von denen ich nicht wusste, wie sie hießen, ich hatte Sachen gemacht, an die ich mich nicht richtig erinnern konnte. Ich war Menschen begegnet, die ich nicht kannte. War darunter dieser Maurice Walsh, von dem die Geschichte war? Hatte ich ihm eines Abends in Chicago oder St. Louis oder sonst wo mein
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