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Die Rückkehr des Poeten

Die Rückkehr des Poeten

Titel: Die Rückkehr des Poeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Bosch abbog, sah sie die Bremslichter von Thomas’ Auto aufleuchten. Er hielt drei Straßen weiter mitten auf der Straße an. Er kam nicht mehr weiter.
    Bosch fuhr hinter einem geparkten Auto rasch an den Straßenrand.
    »Er hat die Innenbeleuchtung an«, sagte Rachel. »Ich glaube, er sieht wieder auf dem Stadtplan nach.«
    »Der Fluss«, sagte Bosch.
    »Was?«
    »Ich habe dir doch gesagt, die Valerio führt quer durchs ganze Valley. Genau wie der Fluss. Deshalb sieht er vermutlich nach, wie er auf die andere Seite kommt. Wahrscheinlich enden die meisten Straßen in der Gegend hier am Fluss, und die Adresse, zu der er muss, liegt vermutlich auf der anderen Seite.«
    »Ich sehe dort vorn aber keinen Fluss. Nur einen Zaun und Beton.«
    »Du würdest so was wahrscheinlich auch nicht als Fluss bezeichnen. Genau genommen, ist es auch nicht der Fluss. Es ist wahrscheinlich der Flutkanal des Aliso oder Brown’s Canyon. Er führt zum Fluss.«
    Sie warteten. Thomas stand immer noch da.
    »Bei Regenfällen wie diesem hatte der Fluss früher immer Hochwasser und überschwemmte ein Drittel der Stadt. Deshalb versuchten sie, ihn zu zähmen, ihn am Überlaufen zu hindern. Jemand kam auf die Idee, ihn in ein steinernes Bett zu sperren, ihn mit Beton zu bändigen. Also haben sie das getan, und angeblich ist seitdem jedermanns Haus und Wohnung sicher.«
    »Das nennt man wahrscheinlich Fortschritt.«
    Bosch nickte und schloss seine Hände wieder fester um das Lenkrad.
    »Er fährt los.«
    Thomas bog links ab, und sobald er nicht mehr zu sehen war, fuhr auch Bosch los und folgte ihm. Thomas fuhr nach Norden bis zur Saticoy und bog dann rechts ab. Er fuhr auf einer Brücke über die ablaufenden Wassermassen. Als auch sie die Stelle erreichten, sah Rachel die reißenden Fluten in dem Kanal aus Beton.
    »Alle Achtung. Und ich dachte, ich würde in Rapid City leben.«
    Bosch antwortete nicht. Thomas nahm die Mason nach Süden und kam wieder zur Valerio. Aber jetzt war er auf der anderen Seite des Betonkanals. Er bog nach rechts, zurück auf die Valerio.
    »Da wird er auch nicht weit kommen«, sagte Bosch.
    Er blieb auf der Mason und fuhr an der Valerio vorbei. Rachel spähte durch den Regen und sah, dass Thomas in die Einfahrt eines großen zweigeschossigen Hauses gebogen war, das zusammen mit vier anderen Häusern in der Sackgasse lag.
    »Er hat in einer Einfahrt angehalten«, sagte sie. »Er ist da. Ich werde verrückt, das ist das Haus!«
    »Welches Haus?«
    »Das auf dem Foto aus dem Wohnwagen. Backus war sich seiner Sache so sicher, dass er uns ein Foto davon hinterlassen hat.«
    Bosch fuhr an den Straßenrand. Von den Häusern in der Valerio Street war der Mercedes an dieser Stelle nicht zu sehen. Rachel drehte sich und spähte aus allen Fenstern. In keinem der Häuser ringsum brannte Licht.
    »Sieht ganz so aus, als wäre der Strom ausgefallen.«
    »Unter deinem Sitz ist eine Taschenlampe. Hol sie raus.«
    Rachel griff unter den Sitz und zog sie heraus.
    »Und du?«
    »Ich brauche keine. Los, gehen wir.«
    Rachel wollte schon die Tür öffnen, blickte sich aber noch einmal nach Bosch um. Sie wollte etwas sagen, zögerte aber.
    »Was ist?«, fragte er. »Soll ich vorsichtig sein? Keine Angst, das werde ich.«
    »Doch, ja, sei vorsichtig. Aber eigentlich wollte ich sagen, dass meine zweite Waffe in meiner Tasche ist. Möchtest du …«
    »Danke, Rachel, aber diesmal habe ich meine eigene dabei.«
    Sie nickte.
    »Hätte ich mir eigentlich denken können. Und was hältst du inzwischen von Verstärkung?«
    »Wenn du willst, kannst du gern welche anfordern. Aber ich werde nicht warten. Ich gehe jetzt zu diesem Haus.«
     
    Der Regen fühlte sich kalt an auf meinem Gesicht, als ich aus dem Mercedes stieg. Ich stellte den Jackenkragen hoch und begann auf die Valerio Street zuzugehen. Rachel kam an meine Seite und ging wortlos neben mir her. Als wir an die Ecke kamen, benutzten wir die Umfassungsmauer des Eckgrundstücks als Deckung und spähten in die Sackgasse und zu dem dunklen Haus, vor dem Ed Thomas seinen Wagen abgestellt hatte. Weder von Thomas noch von sonst jemandem war irgendwas zu sehen. Hinter keinem der Fenster auf der Vorderseite des Hauses brannte Licht. Trotzdem konnte ich in dem allgegenwärtigen Grau erkennen, dass Rachel Recht hatte. Es war das Haus auf dem Foto, das Backus im Wohnwagen gelassen hatte.
    Ich konnte den Fluss hören, aber nicht sehen. Er war hinter den Häusern verborgen. Doch seine ungebärdige Kraft war

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