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Die Rückkehr des Poeten

Die Rückkehr des Poeten

Titel: Die Rückkehr des Poeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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hier runterzugehen, um ihnen ihre Achtzehn-mal-vierundzwanzig-Abzüge auszudrucken. Irgendwo haben wir sogar eine Schachtel mit billigen Rahmen. Der Kunde fängt einen Fisch und kriegt ein gerahmtes Foto. Das gehörte mit zum Service. Kam ziemlich gut an. Unsere Trinkgelder sind damit deutlich angestiegen.«
    Der Computer war inzwischen hochgefahren. Der Bildschirm war ein Himmel aus hellem Blau, das mich an McCalebs Tochter denken ließ. Es waren mehrere Icons darüber verteilt. Vor allem einer fiel mir sofort auf, bei dem es sich um einen winzigen Aktenordner handelte, unter dem PROFILE stand. Das war ein Ordner, den ich öffnen wollte. Als ich den Blick über den unteren Bildschirmrand wandern ließ, entdeckte ich ein Icon, das aussah wie eine Kamera vor einem Foto einer Palme. Da wir gerade über Fotografie gesprochen hatten, zeigte ich darauf.
    »Ist das der Ordner, in dem die Fotos sind?«
    »Ja«, sagte Lockridge.
    Wieder trat er in Aktion, ohne dass ich ihn darum bat. Er legte den Finger auf das kleine quadratische Feld unter der Tastatur und führte den Pfeil auf dem Bildschirm auf das Kamera-Icon. Dann drückte er mit dem Daumen auf einen Knopf unter dem quadratischen Feld, und auf dem Bildschirm erschien rasch ein neues Bild. Lockridge schien mit dem Computer vertraut, und das warf die Frage nach dem Grund dafür auf. Hatte ihm Terry McCaleb die Benutzung des Computers erlaubt – immerhin waren sie Geschäftspartner –, oder war das etwas, worin Lockridge ohne Wissen seines Partners Übung bekommen hatte?
    Auf dem Bildschirm öffnete sich unter der Überschrift iPhoto ein Fenster. Darin waren mehrere Ordner aufgeführt. Die meisten waren nach Datumsangaben geordnet, normalerweise Zeiträume von ein paar Wochen oder einem Monat. Ein Ordner hieß schlicht und einfach MAIL CALL.
    »So«, sagte Lockridge. »Möchten Sie was von dem Zeug sehen? Alles Kunden und Fische.«
    »Ja, zeigen Sie mir die letzten Fotos.«
    Lockridge klickte einen Ordner mit Datumsangaben an, die nur eine Woche vor McCalebs Tod endeten. Der Ordner wurde geöffnet, und es wurden mehrere Dutzend Fotos nach dem jeweiligen Aufnahmedatum aufgeführt. Lockridge klickte das letzte Datum an. Ein paar Sekunden vergingen, und auf dem Bildschirm erschien ein Foto. Darauf waren ein Mann und eine Frau zu sehen, die beide mit einem üblen Sonnenbrand, aber lächelnd einen unglaublich hässlichen braunen Fisch hochhielten.
    »Ein Santa-Monica-Bay-Heilbutt«, sagte Lockridge. »Ein richtiges Prachtexemplar.«
    »Wer sind die zwei?«
    »Äh, sie waren aus … Minnesota, glaube ich. Doch, ja, aus St. Paul. Und ich glaube nicht, dass sie verheiratet waren. Ich meine, verheiratet waren sie schon, aber nicht miteinander. Sie wohnten auf der Insel. In wilder Ehe. Sie waren die letzten Kunden vor der Tour runter nach Baja. Die Fotos von diesem Trip sind wahrscheinlich noch in der Kamera.«
    »Wo ist die Kamera?«
    »Sie müsste hier irgendwo sein. Wenn nicht, hat sie wahrscheinlich Graciela.«
    Er klickte auf einen nach links zeigenden Pfeil über dem Foto. Gleich darauf erschien ein anderes Foto, dasselbe Paar und derselbe Fisch. Lockridge klickte immer weiter, und schließlich kam er zu einem neuen Kunden und seiner Angeltrophäe, einem rötlich weißen Fisch von etwa dreißig Zentimeter Länge.
    »Ein weißer Zackenbarsch«, sagte Lockridge. »Guter Fisch.«
    Er klickte weiter und zeigte mir eine Parade von Fischern und ihren Fängen. Alle machten einen glücklichen Eindruck, einige hatten sogar einen unverkennbaren Alkoholglanz im Blick. Lockridge nannte die Namen aller Fische, aber nicht aller Kunden. Er konnte sich nicht an die Namen aller erinnern. Einige kategorisierte er lediglich als gute oder schlechte Trinkgeldgeber, und damit hatte es sich.
    Schließlich kam er zu einem Mann mit einem entzückten Lächeln, der einen kleinen weißen Zackenbarsch hochhielt. Lockridge fluchte.
    »Was haben Sie denn?«, fragte ich.
    »Das ist der Scheißkerl, der meine Fischbox abgestaubt hat.«
    »Was für eine Fischbox?«
    »Mein GPS. Das ist der Kerl, der es geklaut hat.«

7
    B
    ackus blieb mindestens dreißig Meter hinter ihr. Selbst im Menschengewimmel des Chicagoer Flughafens würde sie sich auf »Alarmstufe sechs« befinden, wie sie es genannt hatten, als er noch beim FBI gewesen war. Sie würde auf ihre Rückseite – ihre Sechs – achten und immer nach einem Schatten Ausschau halten. Bisher war es ziemlich schwierig gewesen, mit ihr zu reisen. Die

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