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Die Rückkehr des Poeten

Die Rückkehr des Poeten

Titel: Die Rückkehr des Poeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Fotografen vor mir zu verbergen.
    Ich setzte mich wieder an den Computer und fand das Foto unter den Thumbnails und vergrößerte es. Ich betrachtete es und merkte, dass ich nicht wusste, was ich tun sollte.
    Lockridge war im Cockpit und spritzte mit einem Schlauch, der an einen Hahn am Dollbord angeschlossen war, die acht am Heck lehnenden Ruten ab. Ich bat ihn, das Wasser abzustellen und wieder nach unten zu kommen. Das tat er ohne ein Wort. Als wir zurück in dem kleinen Arbeitszimmer waren, ließ ich ihn auf dem Hocker Platz nehmen. Dann beugte ich mich über seine Schulter und kreiste auf dem Bildschirm das Spiegelbild des Fotografen ein.
    »Können Sie das hier stärker vergrößern? Ich würde diesen Bereich gern besser sehen.«
    »Vergrößern lässt es sich schon, aber auf Kosten der Auflösung. So ist das nun mal bei Digitalfotos. Man hat, was man hat.«
    Ich wusste nicht, was er meinte. Ich sagte ihm nur, er solle es einfach tun. Er spielte mit einigen der quadratischen Buttons am unteren Bildrand herum und begann, das Foto zu vergrößern und so zu verschieben, dass der Bereich mit dem Spiegelbild auf dem Bildschirm blieb. Bald sagte er, er hätte es maximal vergrößert. Ich beugte mich zum Bildschirm vor. Das Bild war noch verschwommener.
    Nicht einmal die Linien auf dem Kilt des Autors waren scharf.
    »Können Sie das nicht irgendwie komprimieren?«
    »Sie meinen, wieder kleiner machen? Klar, kein …«
    »Nein, ich meine, es irgendwie schärfer stellen.«
    »Nein, Mann, das geht nicht. Gekauft wie gesehen.«
    »Okay, dann drucken Sie es aus. Vorhin kam es ausgedruckt besser raus. Vielleicht ist es ja hier auch so.«
    Lockridge gab die Befehle ein, und ich verbrachte eine unbehagliche Minute mit Warten.
    »Was ist das überhaupt?«, fragte Lockridge.
    »Ein Spiegelbild des Fotografen.«
    »Ach so. Meinen Sie, es war nicht Terry?«
    »Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube, jemand hat seine Familie fotografiert und die Bilder an ihn geschickt. Es muss so etwas wie eine Botschaft gewesen sein. Hat er davon mal was erwähnt?«
    »Nein.«
    Ich ließ es auf einen Versuch ankommen, Lockridge vielleicht zu einem Ausrutscher zu verleiten.
    »Wann haben Sie diese Datei zum ersten Mal im Computer gesehen?«
    »Keine Ahnung. Das muss … also, ich habe sie zum ersten Mal mit Ihnen hier gesehen.«
    »Machen Sie mir doch nichts vor, Buddy. Das könnte wichtig sein. Ich sehe doch, wie Sie mit dem Ding hier umgehen, so, als ob es seit der Highschool Ihnen gehören würde. Ich weiß, dass Sie sich daran zu schaffen gemacht haben, wenn Terry nicht hier war. Wahrscheinlich wusste er das auch. Es war ihm egal, und mir ist es auch egal. Sagen Sie mir nur, wann Sie diese Datei zum ersten Mal gesehen haben.«
    Er ließ ein paar Momente verstreichen, während er nachdachte.
    »Zum ersten Mal habe ich sie etwa einen Monat vor seinem Tod gesehen. Aber wenn Sie wissen wollen, wann Terry sie zum ersten Mal gesehen hat, brauchen Sie nur im Dateiarchiv nachzusehen, wann die Datei angelegt wurde.«
    »Dann machen Sie das mal, Buddy.«
    Lockridge beugte sich wieder über die Tastatur und ging in die Dateiinfo der Fotodatei. In wenigen Sekunden hatte er die Antwort.
    »Am siebenundzwanzigsten Februar«, sagte er. »An diesem Tag wurde die Datei angelegt.«
    »Okay, gut. Wenn wir davon ausgehen, dass Terry diese Fotos nicht selbst gemacht hat – wie sind sie in seinen Computer gekommen?«
    »Also, da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine wäre, er hat sie mit einer E-Mail gekriegt und runtergeladen. Eine andere wäre, jemand hat sich seine Kamera geliehen und die Fotos damit gemacht. Und er hat sie entdeckt und runtergeladen. Die dritte Möglichkeit wäre, jemand hat ihm einfach einen Fotochip direkt aus der Kamera geschickt oder eine CD mit den Bildern drauf. Das ist vermutlich die Methode, mit der sich ihre Herkunft am besten verschleiern lässt.«
    »Konnte Terry von hier Mails verschicken?«
    »Nein, nur oben im Haus. Auf dem Boot gibt es keine Leitung. Ich sagte ihm, er sollte sich eins dieser Funkmodems besorgen und auf kabellosen Betrieb umstellen, wie in dieser Werbung, wo dieser Typ mitten in einem Feld an seinem Schreibtisch sitzt. Aber er konnte sich nicht dazu durchringen.«
    Der Drucker spuckte das Foto aus, und ich schnappte es mir, bevor Lockridge danach greifen konnte. Doch dann legte ich es auf den Schreibtisch, sodass wir es beide ansehen konnten. Das Spiegelbild war trüb und verschwommen, aber dennoch auf dem

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