Die Rückkehr des Sherlock Holmes
als im Eingang die Lichter aufflammten, die Tür aufging und der Besitzer des Hauses, eine heitere rundliche Gestalt in Hemd und Hosen, hinaustrat.
»Mr. Josiah Brown, nehme ich an?« sagte Holmes.
»Ja, Sir; und Sie sind zweifellos Mr. Sherlock Holmes? Ich habe Ihren Eilbrief erhalten und mich genau danach gerichtet. Wir haben alle Türen von innen verschlossen und das weitere abgewartet. Nun, es freut mich sehr zu sehen, daß Sie den Schurken gefaßt haben. Ich hoffe, Gentlemen, Sie kommen noch auf eine Erfrischung herein.«
Lestrade wollte jedoch seinen Mann unbedingt an einen sicheren Ort bringen, und so hatten wir in ein paar Minuten unseren Wagen herbeordert und fuhren alle vier wieder nach London zurück. Unser Gefangener sagte kein Wort; er starrte uns nur aus dem Schatten seiner verfilzten Haare; an, und als meine Hand einmal in seiner Reichweite schien, schnappte er danach wie ein hungriger Wolf. Wir blieben lange genug auf der Polizeiwache, um zu erfahren, daß eine Durchsuchung seiner Kleider nichts zutage gebracht hatte als ein paar Shillings und ein langes Stilett, dessen Griff reichlich mit frischen Blutspuren bedeckt war.
»Sehr schön«, sagte Lestrade, als wir auseinandergingen, »Hill kennt die ganze Sippschaft, und er wird seinen Namen schon herausfinden. Sie werden sehen, meine Mafia-Theorie wird sich als richtig erweisen. Freilich bin ich Ihnen, Mr. Holmes, für die meisterhafte Art, mit der Sie ihm auf die Spur gekommen sind, außerordentlich zu Dank verpflichtet. Ich verstehe das immer noch nicht ganz.«
»Ich fürchte, es ist ein wenig zu spät für lange Erklärungen«, sagte Holmes. »Im übrigen sind einige Details noch nicht ganz erledigt, und dies ist einer jener Fälle, die es wert sind, daß man sie bis zum Ende verfolgt. Wenn Sie morgen um sechs Uhr noch einmal bei uns vorbeikommen, werde ich Ihnen wohl zeigen können, daß Sie auch jetzt nicht die vollständige Bedeutung dieser Angelegenheit erfassen, die einige Merkmale aufweist, die sie zu einem absoluten Unikum in der Geschichte des Verbrechens machen. Sollte ich Ihnen je wieder einmal gestatten, Watson, irgendwelche meiner kleinen Probleme aufzuzeichnen, so sehe ich voraus, daß Sie Ihre Seiten mit einem Bericht über das einzigartige Unternehmen mit den Napoleonbüsten bereichern werden.«
Als wir uns am nächsten Abend wieder trafen, war Lestrade mit allerlei Informationen über unseren Gefangenen ausgestattet. Sein Name sei anscheinend Beppo, der Nachname unbekannt. Er sei in der italienischen Kolonie als Tunichtgut bekannt. Er sei einmal ein geschickter Bildhauer gewesen und habe sich auf ehrbare Weise seinen Lebensunterhalt verdient, doch sei er auf die schiefe Bahn geraten und habe bereits zweimal im Gefängnis gesessen – einmal wegen eines kleinen Diebstahls, und einmal, wie wir schon gehört hatten, weil er einen Landsmann niedergestochen hätte. Er spreche perfekt Englisch. Warum er die Büsten zerstört habe, sei noch immer unbekannt; er weigere sich, irgendwelche Fragen zu diesem Thema zu beantworten. Die Polizei habe jedoch herausgefunden, daß eben diese Büsten durchaus von ihm selbst hergestellt worden sein könnten, da er mit solchen Arbeiten im Hause Gelder & Co beschäftigt gewesen sei. Holmes lauschte allen diesen Informationen, die wir zum großen Teil bereits kannten, mit höflicher Aufmerksamkeit; ich aber, der ich ihn so gut kannte, sah ihm deutlich an, daß er mit seinen Gedanken woanders weilte, und ich entdeckte unter dieser Maske, die er gewohnheitsmäßig aufgesetzt hatte, eine Mischung von Unbehagen und Erwartung. Endlich fuhr er aus seinem Sessel, und seine Augen leuchteten. Die Glocke hatte geläutet. Eine Minute später vernahmen wir Schritte auf der Treppe, und dann wurde ein älterer, rotgesichtiger Mann mit grauem Backenbart hereingeführt. In seiner rechten Hand trug er einen altmodischen Mantelsack, welchen er auf den Tisch legte.
»Bin ich hier bei Mr. Sherlock Holmes?«
Mein Freund verneigte sich lächelnd. »Mr. Sandeford aus Reading, nehme ich an?« sagte er.
»Ja, Sir. Ich furchte, ich komme ein wenig zu spät. Aber die Züge fuhren so ungünstig. Sie haben mir von einer Büste geschrieben, die sich in meinem Besitz befindet.«
»Ganz recht.«
»Ich habe Ihren Brief hier. Sie schreiben: ›Ich wünsche in den Besitz einer Kopie von Devines Napoleon zu gelangen und bin bereit, für die Ihrige zehn Pfund zu bezahlen.‹ Ist das richtig so?«
»Freilich.«
»Ihr Brief hat
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