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Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Die Rückkehr des Sherlock Holmes

Titel: Die Rückkehr des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Reihenfolge des Ablaufs, der sich mir präsentierte. Beppo hatte die Perle bei sich. Er mag sie von Pietro gestohlen haben, er mag Pietros Komplize gewesen sein, er mag der Mittelsmann zwischen Pietro und dessen Schwester gewesen sein. Es spielt für uns keine Rolle, was davon zutrifft.
    Wichtig ist allein, daß er die Perle
hatte
und daß er sie bei sich führte, als er von der Polizei verfolgt wurde. Er begab sich zu der Fabrik, in der er arbeitete, und er wußte, daß ihm nur ein paar Minuten blieben, seine ungeheuer wertvolle Beute zu verstecken, die man ansonsten bei ihm finden würde, wenn man ihn durchsuchte. Im Gang standen sechs Gipsbüsten Napoleons zum Trocknen. Eine davon war noch weich. Beppo, ein geschickter Handwerker, bohrte im Handumdrehen ein kleines Loch in den feuchten Gips, steckte die Perle hinein und verschloß mit wenigen Handgriffen die Öffnung. Ein bewundernswertes Versteck. Darauf konnte wohl niemand kommen. Aber Beppo wurde zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, und seine sechs Büsten wurden unterdessen über ganz London verstreut. Welche davon seinen Schatz enthielt, konnte er nicht wissen. Das war nur zu erfahren, indem er sie zerbrach. Bloßes Schütteln konnte ihm keine Gewißheit geben, denn da der Gips feucht gewesen war, lag es nahe, daß die Perle darin festkleben würde – was ja auch tatsächlich der Fall war. Beppo gab nicht auf, und er führte seine Suche mit beträchtlicher Schläue und Beharrlichkeit durch. Durch einen Vetter, der bei Gelder arbeitet, erfuhr er die Einzelhändler, die die Büsten gekauft hatten. Es gelang ihm, bei Morse Hudson eine Anstellung zu finden und auf diese Weise drei davon aufzuspüren. Die Perle war nicht darin. Dann fand er mit Hilfe irgendeines italienischen Beschäftigten heraus, wohin die drei restlichen Büsten gegangen waren. Die erste war bei Harker. Dorthin wurde er von seinem Komplizen verfolgt, der Beppo für den Verlust der Perle verantwortlich machte und den er im folgenden Handgemenge niederstach.«
    »Wenn es sein Komplize war: Wozu sollte er dann eine Photographie von ihm bei sich tragen?« fragte ich.
    »Um ihn besser finden zu können, wenn er einen Dritten nach ihm fragen wollte. Ein einleuchtender Grund. Nun, nach dem Mord rechnete ich mir aus, daß Beppo seine Schritte wohl eher beschleunigen als verlangsamen würde; daß er befürchtete, die Polizei käme seinem Geheimnis auf die Spur, weshalb er sich sputete, ehe sie ihm zuvorkäme. Natürlich wußte ich nicht genau, ob er die Perle nicht in Harkers Büste gefunden hatte. Ja, ich war mir noch nicht einmal sicher, ob es sich überhaupt um die Perle handelte; ganz klar war mir jedoch, daß er nach etwas suchte, da er die Büste an den anderen Häusern vorbei getragen hatte, um sie in dem Garten, in den der Schein einer Laterne fiel, zu zerbrechen. Da Harkers Büste eine von dreien war, standen die Chancen genau, wie ich Ihnen gesagt habe – nämlich zwei zu eins dagegen, daß die Perle darin war. Blieben zwei Büsten übrig; und es war offensichtlich, daß er sich zuerst die in London vornehmen würde. Ich warnte die Bewohner des Hauses, um eine zweite Tragödie zu verhindern, und wir begaben uns mit glücklichstem Erfolg dorthin. Zu dieser Zeit war mir natürlich unzweifelhaft klar, daß es um die Perle der Borgias ging. Es war der Name des Ermordeten, der die Verbindung der beiden Ereignisse herstellte. Es blieb nur noch eine einzige Büste übrig – die in Reading –, und dort mußte die Perle sein. Ich kaufte sie in Ihrer Gegenwart von ihrem Besitzer – und dort liegt sie nun.«
    Einen Moment lang saßen wir schweigend da.
    »Nun«, sagte Lestrade, »ich habe Sie schon eine ganze Menge Fälle lösen sehen, Mr. Holmes, aber ich wüßte keinen, der mehr handwerkliche Meisterschaft verriete als dieser hier. Wir von Scotland Yard sind nicht eifersüchtig auf Sie. Nein, Sir, wir sind überaus stolz auf Sie, und wenn Sie uns morgen besuchen, wird es vom ältesten Inspektor bis zum jüngsten Constable keinen Mann geben, der Ihnen nicht mit Freuden die Hand schütteln wird.«
    »Ich danke Ihnen!« sagte Holmes. »Ich danke Ihnen!«, und als er sich umwandte, schien es mir, als sei er von den zarteren menschlichen Empfindungen in stärkerem Maße gerührt, als ich es je an ihm bemerkt hatte. Einen Augenblick später war er wieder ganz der kalte und praktische Denker. »Legen Sie die Perle in den Safe, Watson«, sagte er, »und holen Sie die Papiere über die

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