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Die Rückkehr des Tanzlehrers

Die Rückkehr des Tanzlehrers

Titel: Die Rückkehr des Tanzlehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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und die Informationen durch einen Zufall erhalten hatte. Er erzählte von dem Netzwerk und von der Stiftung, die sich »Schwedens Wohl« nannte. Von all den Lebenden und Toten, die Beiträge an die Organisation entrichteten.
    »Ich weiß immer noch zu wenig«, endete er. »Vielleicht ist diese Organisation nur ein kleiner Teil von etwas Großem? Ich bin nicht so naiv zu glauben, es könnte eine weltumspannende neonazistische Verschwörung existieren. Aber mir ist klargeworden, daß die nazistischen Ideen noch leben. Wenn das hier vorüber ist, werde ich in Boras mit meinem Chef sprechen. Es sollte Aufgabe der Sicherheitspolizei sein, dies alles einmal ernsthaft zu untersuchen.«
    Sie hörte ihm aufmerksam zu und saß einen Moment schweigend da, bevor sie antwortete. »Darin tust du recht«, sagte sie schließlich. »Ich würde das gleiche tun.«
    »Es geht darum, den Wahnsinn zu bekämpfen«, sagte er. »Selbst wenn diese Menschen nur herumlaufen und einem hoffnungslosen Traum anhängen, treiben sie den Wahnsinn in der Welt voran.«
    Sie schaute auf die Uhr.
    »Ich weiß, daß du deinen Bruder abholen mußt«, sagte Stefan. »Beantworte mir nur eine Frage. Warum hast du mich hier schlafen lassen?«
    Sie legte die Hand auf ihren Laptop. »Ich habe gesagt, daß er mein ganzes Leben enthält. Aber ganz stimmt das natürlich auch nicht.«
    Stefan starrte auf ihre Hand und auf den Laptop. Er hörte, was sie sagte. Ein Bild setzte sich in seinem Kopf fest.
    Sie nahm die Hand fort, und das Bild verschwand.
    »Ich gehe jetzt. Wann ist morgen die Beerdigung?«
    »Um elf.«
    Er drehte sich um und ging zur Tür. Gerade als er sie öffnen wollte, spürte er ihre Hand an seinem Arm.
    »Du mußt deinen Bruder abholen«, sagte er.
    Das Handy in seiner Jackentasche klingelte.
    »Willst du nicht rangehen?«
    Er zog das Handy heraus. Es war Giuseppe.
    »Wo bist du?«
    »Im Hotel.«
    »Es ist etwas sehr Sonderbares passiert.«
    »Was?«
    »Elsa Berggren hat Erik angerufen. Sie will ein Geständnis ablegen. Sie behauptet, Abraham Andersson getötet zu haben.«
    Es war fünf vor halb drei.
    Montag, der 15. November.
    Um sechs Uhr rief Giuseppe an und bat Stefan, in Erik Johanssons Büro zu kommen. Es war windig und kalt, als Stefan das Hotel verließ. Bei der Kirche blieb er plötzlich stehen und drehte sich um. Ein Wagen verschwand den Fjällväg hinunter. Kurz darauf noch einer. Er meinte, neben dem Haus gegenüber von der Schule einen Schatten erkennen zu können. Aber er war sich nicht sicher. Er ging weiter zum Bürgerhaus. Giuseppe stand schon vor dem Eingang und erwartete ihn. Sie gingen ins Büro. Stefan registrierte, daß zwei zusätzliche Stühle dort standen. Einer für Elsa Berggren, dachte er, der andere für ihren Anwalt.
    »Sie sind jetzt auf dem Weg nach Östersund«, sagte Giuseppe. »Sie ist vorläufig festgenommen. Morgen wird Haftbefehl erlassen. Erik ist mitgefahren.«
    »Was hat sie gesagt?«
    Giuseppe deutete auf ein Tonbandgerät, das auf dem Tisch stand. »Ein Tonband vom Verhör ist auf dem Weg nach Öster-sund«, sagte er. »Aber ich hatte zwei Tonbandgeräte. Ich dachte, du könntest dir die Kopie anhören. Du bleibst alleine hier. Niemand wird dich stören. Ich selbst muß etwas essen und mich eine Weile ausruhen.«
    »Wenn du willst, kannst du in mein Hotelzimmer gehen.«
    »Hier draußen gibt es ein Sofa. Das reicht mir.«
    »Ich brauche das Band nicht zu hören. Du kannst es mir doch erzählen.«
    Giuseppe hatte sich auf Erik Johanssons Stuhl gesetzt. Er rieb sich die Stirn, als sei sie von einem plötzlichen Juckreiz befallen. »Ich möchte lieber, daß du es dir anhörst.«
    »Hat sie gestanden?«
    »Ja.«
    »Das Motiv?«
    »Ich möchte, daß du es dir anhörst und mir dann erzählst, was du davon hältst.«
    »Hast du Zweifel?«
    »Ich weiß nicht, ob ich Zweifel habe. Deshalb möchte ich deine Meinung hören.«
    Giuseppe erhob sich müde vom Stuhl. »Immer noch keine Spur von Hereira«, sagte er. »Den roten Ford haben wir auch nicht gefunden. Oder den Mann, der geschossen hat. Aber das machen wir nachher. Ich bin in zwei Stunden zurück.«
    Giuseppe zog sich die Jacke an. »Da hat sie gesessen«, sagte er und zeigte auf den Stuhl. »Ihr Anwalt, Hermansson, auf dem. Sie hat ihn heute vormittag angerufen. Als wir sie holten, war er schon hier.«
    Giuseppe ging und machte die Tür hinter sich zu. Stefan schaltete das Tonbandgerät ein. Es schnarrte von einem Mikrofon, das verschoben wurde. Dann hörte er

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