Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08

Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08

Titel: Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
seinem Tonfall glaubte Linden, eine Empfindung herauszuhören, die Mitgefühl oder eine Bitte um Verständnis sein konnte. Sie glaubte ihm.
    Am Himmel standen zu viele Sterne, zahllos und untilgbar wie die Sandkörner der Wüste. Covenant hatte sie belogen – und das Risiko eingehen wollen, Linden und Jeremiah und das Land und die Zeit selbst der Möglichkeit einer katastrophalen Begegnung mit Bereks Sohn auszusetzen. Sie klammerte sich an den Stab des Gesetzes, ihren Stab, an Covenants Ring an seiner Kette unter ihrer Bluse und an die Warnung, die Esmer ihr gegenüber ausgesprochen hatte.
    Du musst die Erste sein, die von dem Erdblut trinkt.
    Jedes Vertrauen in Covenant war in ihr erloschen.
     
    *
     
    Irgendwann später, lange nachdem sich ihr schwebender Gang in ein von Hunger und Erschöpfung geprägtes abgestumpftes Trotten verwandelt hatte und selbst die von dem Stab gespendete Wärme nicht mehr gegen die Kälte ankam, die so unbarmherzig wie die funkelnde Unendlichkeit des Himmels war, stieg ihr eine erste Andeutung von Rauch in die Nase. Als Linden ihn bemerkte, war sie sich ihrer Sache zunächst nicht sicher, doch dann zweifelte sie nicht mehr: Irgendwo innerhalb des Wahrnehmungsbereichs ihrer Sinne hatte jemand Feuer gemacht, um sich vor der Grausamkeit des Winters zu schützen.
    Linden hob den Kopf, ihr Puls ging schneller. »Ist das ...?«, fragte sie den Theomach. Doch als sie dem Geruch von Holzrauch nachspürte, entdeckte sie viele Feuer und schwache Kochgerüche: von bratendem Fleisch, brodelnden Eintöpfen, über Feuern hängenden Breikesseln.
    »Bereks Lager ist nahe«, bestätigte ihr Begleiter. »Eine halbe Meile, nicht mehr. Bald werden wir auf die Männer stoßen, die zum Schutz ihrer Kameraden nachts patrouillieren.«
    Als ihr Gesundheitssinn sich auf die neuen Umstände einstellte, nahm Linden mehr als nur Feuer und Essen wahr. Sie hörte oder fühlte unterdrücktes Stöhnen, zornig oder leidend gemurmelte Flüche, einzelne scharfe Befehle, von kalter Luft durch die eisige Stille getragen. Und erste Anzeichen von Leiden, von Wunden, die vielleicht tödlich sein würden, und Verletzungen, die schlimmer waren als der Tod. Dazwischen der abstoßende Geruch von Krankheit, Unterernährung und Infektion: Kotgestank, eiternde Geschwüre, absterbendes Fleisch in allen zur Verkrüppelung führenden Stadien – die Folgen eines langen und brutalen Kampfes. Irgendwo vor ihr lagerten die Überreste zweier abgekämpfter, verzweifelter Heere, die einander durch die Jahreszeiten und über weite Teile des Landes hinweg in laufenden Gefechten bekämpft hatten. Berek und seine Krieger – und ihre Feinde – mussten seit zwei oder mehr Jahren marschiert und gekämpft und grausame Verluste erlitten haben. Diejenigen unter ihnen, die irgendwie noch kampffähig geblieben waren, mussten erbärmlich wenige sein ... und mit jedem Tag weniger werden.
    »Wenn ich mich nicht irre«, bemerkte der Theomach nach kurzer Pause, »haben Halbhand und dein Sohn Bereks Späher entdeckt und liegen im Dunkel versteckt, um deine Begleitung abzuwarten, ehe sie sich weiter vorwagen.«
    Linden hörte kaum, was er sagte. Sie hatte begonnen, ihr Tempo zu einem schlurfenden Trab zu steigern – nicht weil Covenant oder Jeremiah in Gefahr sein konnten, sondern weil sie gebraucht wurde. Sie war Ärztin, und Bereks kranke, verwundete und sterbende Männer zählten nach Hunderten.
    Männer hacken aufeinander ein, aber sie sind zu erschöpft, um damit viel zu bewirken. Reine Abnutzung hätte sie dazu zwingen müssen, diesen Krieg schon vor Monaten zu beenden.
    »Wie viele Männer hat Berek noch?«, fragte sie den Insequenten.
    »Männer und Frauen«, korrigierte er sie. »Ungefähr fünfzig Dutzend.«
    »Und wie viele von ihnen können tatsächlich noch kämpfen?«
    »Ungefähr ein Drittel. Andere leisten, wozu sie noch imstande sind. Sie dienen als Kutscher, Viehtreiber oder Heiler. Wieder andere können sich nur auf Wagen und Tragbahren befördern lassen, während sie auf ihren Tod warten.«
    Linden fluchte halblaut. Sie hatte Kriege immer gehasst. Dieser widerte sie an, und dabei hatte sie ihn noch nicht einmal kennengelernt. Um Jeremiahs und auch Covenants willen unterband sie den Ausfluss von Erdkraft aus dem Stab, obwohl sie sich nach seiner üppigen Vitalität sehnte. Dann fragte sie den Theomach: »Was ist mit dem anderen Heer? Den Anhängern des Königs?«
    »Es ist dreimal zahlreicher als Bereks. Und es hat den Vorteil, dass es

Weitere Kostenlose Bücher