Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08
seine Kranken und Verwundeten ebenso wie seine Toten liegen lässt. So wird es im Gegensatz zu Berek nicht behindert. Und seine Lage ist noch verzweifelter, als ich angedeutet habe, denn er birgt die lebenden feindlichen Gefallenen und lässt ihnen die gleiche Fürsorge angedeihen wie seinen eigenen Männern, auch wenn diese Fürsorge in der Tat dürftig ist. Trotzdem setzt er seinen Feinden weiter zu und drängt sie in Richtung Unheilswinkel ab. Sie haben allen Mut, alle Motivation verloren und kämpfen nur noch, weil sie Angst davor haben, es nicht zu tun. Sie beurteilen Berek nach ihren eigenen Maßstäben und glauben daher, dass abgeschlachtet wird, wer sich ergibt.«
Linden wünschte sich, sie hätte noch die Kraft, um zu rennen. Jeder Augenblick, der ungenützt verstrich, bedeutete weitere Tode. Als Covenant und Jeremiah plötzlich aus der Dunkelheit vor ihr auftauchten, erschrak sie, als hätte sie die beiden ganz vergessen. Sie bewegten sich lautlos und brachen hier nicht länger in die Harschdecke ein.
»Langsamer, Linden«, flüsterte Covenant drängend. »Hier draußen sind Bereks Späher unterwegs. Einer hätte uns fast entdeckt. Und in der Nähe des Lagers sind berittene Vorposten aufgestellt. Wir müssen eine Möglichkeit finden, sie zu umgehen.«
Linden marschierte ohne zu zögern an ihm und ihrem Sohn vorbei. Sie erhob absichtlich die Stimme. »Nun, wir wollen uns bestimmt nicht an sie anschleichen. Wir sind doch keine Feinde, verdammt noch mal! Vielleicht leihen diese Vorposten uns ihre Pferde.«
»Mama!«, protestierte Jeremiah, aber sie blieb nicht stehen, nicht einmal seinetwegen.
Der Theomach hielt mit ihr Schritt. »Lady«, bemerkte er, »ich erkenne immer mehr, dass deine Torheit getarnte Weisheit ist.«
Ihre Antwort bestand aus einem lauten Rufen, wobei sie jeden Satz mit einem Aufstampfen des Stabes unterstrich. »Hört auf mich! Ich bin Heilerin! Die Leute bei mir sind meine Freunde! Wir wollen Bereks Hilfe – aber wir wollen auch ihm helfen!« Hörten die Späher sie jetzt nicht, waren sie zu tief in Schwäche und Entbehrungen versunken, um noch zu irgendetwas nütze zu sein.
Doch die Späher reagierten fast augenblicklich. Ledersohlen rutschten über glattes Eis, als sie herbeigerannt kamen. Linden hörte das gedämpfte Klirren von Rüstungen, das Scharren gezückter Klingen. Linden blieb in Bewegung, aber sie rief nicht mehr. Sie hatte genügend Aufmerksamkeit erregt.
Covenant fluchte, während er sich beeilte, mit Jeremiah zu ihr aufzuschließen. Dann schien die Nacht sich vor Linden zu verfestigen, und sie sah sich drei Kriegern mit gezogenen Schwertern gegenüber.
Linden machte widerstrebend halt. Sie konnte die Gesichter der drei nicht erkennen, aber sie spürte ihre Ängstlichkeit und Erschöpfung: zwei Männer und eine Frau, die monate- oder jahrelang allein mit Mut und Überzeugung durchgehalten hatten. Die Frau hatte eine schlimm entzündete Wunde am linken Oberarm. Einer der Männer hatte vor kurzem einen Säbelhieb ins Gesicht bekommen. Der zweite Mann hatte so viele kleinere Wunden, dass Linden sie nicht alle zählen konnte.
»Wir sind zu viert«, erklärte sie ihnen. Ihre Stimme zitterte vor Überanstrengung. »Ich bin Heilerin. Wir sind den ganzen Tag marschiert. Von Westen her«, fügte sie hinzu, weil sie vermutete, dass Bereks Feinde im Südwesten standen. »Und wir sind zu müde, um viel Geduld zu haben. Wir müssen mit Berek sprechen. Aber als Erstes will ich euren Verwundeten helfen. Manche kann ich bestimmt noch retten.«
Sorgte sie für Abstand zu Covenant und Jeremiah, konnte sie ihren Stab gebrauchen.
»Das würden Spione auch sagen«, wehrte die Frau ab. Ihr Schwertarm zitterte. » Lord Berek ...« Sie betonte den Titel grimmig. »... spricht bestimmt mit euch, nachdem unser Streitwart eure wahren Absichten erkundet hat.«
»Wenn ihr die Wahrheit seht«, erwiderte Linden, »werdet ihr es bedauern, uns aufgehalten zu haben. Wollt ihr uns in euer Lager eskortieren, kommen wir bereitwillig mit. Aber wir dürfen keine Zeit mit unnützen Verhören vergeuden. Dafür ist mein Angebot zu wichtig.« Sie hätte die drei beinahe angeschrien, aber sie beherrschte sich. »Zu viele eurer Leute sterben.«
Befehlend wandte sie sich an den Mann mit den kleineren Wunden: » Du. Geh und melde euren Vorposten, dass wir kommen. Sie können Lord Berek warnen. Und vielleicht haben sie ein paar Pferde für uns.«
Als keiner der Späher sich bewegte, sagte sie mit
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