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Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08

Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08

Titel: Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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wenn sie dem warmen Holz auch nur eine Spur von Erdkraft entlockte? Dass die Menschen, die sie mehr liebte als sich selbst, verschwinden würden?
    Linden schauderte. Sie glaubte Covenant und Jeremiah. Sie wusste nicht, ob sie die Wahrheit gesagt hatten, aber sie glaubte ihnen trotzdem. Sie konnte nicht anders.
    Hatte sie nicht wiederholt beteuert, sie könne sich nicht mit den wahren Helden des Landes messen? Und nun war der Größte von allen gekommen, und er hatte die Meister gebeten, sie von ihm fernzuhalten, bis er bereit war, mit ihr zu sprechen. Ich bin zu müde ... Sie hatte nicht dagegen protestiert. Solange sie noch denken und entscheiden konnte – solange sie noch Herrin ihrer eigenen Entschlüsse war –, wollte sie die Zeit nutzen.
    Sie war einst mit Thomas Covenant am See Glimmermere gewesen, in einer unbefangenen Liebesepisode nach dem Sieg über die na-Mhoram und dem Löschen des Sonnenfeuers. An dem unheimlichen Bergsee würde hoffentlich eine Ahnung von dem wiederkehren, was sie selbst war und was Covenant und sie füreinander bedeutet hatten. Und vielleicht konnte die eigentümliche Potenz des Seewassers ihr die Kraft verleihen, gehört zu werden ...
    Mit Mahrtiir neben sich und dem Stab in ihren Armen verließ sie mit festem Schritt und grimmigem, tränenlosen Blick Schwelgenstein und durchschritt die niedrigen Hügel, die das Hochplateau zwischen Herrenhöh und den schroffen Gipfeln des Westlandgebirges wellenförmig gliederten. Hier konnte sie das Werk Sunders und Hollians sehen, die vor fünfunddreißig Jahrhunderten die Aufsicht über das Land übernommen hatten. Als Linden mit Thomas Covenant in diesem Hügelland unterwegs gewesen war, hatte das Oberland noch unter der Herrschaft des Sonnenübels gestanden, und eine glutheiße Sonne hatte jegliche Vegetation verdorren lassen. Mit Covenant hatte sie damals harte Erde und kahlen Fels überquert, die in der unnatürlich trockenen Hitze der Sonnenkorona ausgeglüht waren. Aber jetzt ... Jetzt wuchs üppiges Gras unter ihren Füßen, reichliches Futter für Schaf- und Rinderherden. Mit ihrem Gesundheitssinn konnte sie erkennen, dass die sanfteren Hügel vor ihr landwirtschaftlich nutzbar waren. Heutzutage war Schwelgenstein fast unbewohnt, und die Felder nördlich des Wachtturms konnten seine relativ wenigen Bewohner leicht ernähren – und in der Not auch weitaus mehr. Und hier gab es Bäume ... Gott, hier gab es Bäume. Rechts von ihr wurden die Tannen- und Zedernwälder immer dichter, bis sie schließlich die Berge verdeckten. Und die Hänge vor ihr waren mit Hainen aus zarten Mimosen und hoch aufragendem Palisander gesprenkelt, die das sanfte Auf und Ab der Hügel zu betonen schienen. Überall lag ein Hauch von Frühling in der Luft, der alle Farben leuchtender zu machen und alle Gerüche zu verstärken schien.
    Unter dem bitteren Fluch des Sonnenübels hatten Covenant und Linden hier nichts gesehen, was nicht Schmerzen litt – bis sie den geheimnisvollen See erreichten, aus dem der Weiße Fluss entsprang. Wohin sie auch blickte, empfingen sie auf der Hochebene heute – im Westen ebenso wie unter den steilen Felswänden im Norden – wieder Gesundheit und Fruchtbarkeit. Irgendwie mussten Lindens längst gestorbene Freunde vor langer, langer Zeit aus eigener Erfahrung gelernt haben, Erdkraft und das Gesetz anzuwenden. Sicherlich hatten Sunder und Hollian den Stab zeit ihres Lebens vielfältig und angemessen benutzt und so den Grundstock für jene Schönheit gelegt, die hier nun Lindens Kummer linderte. Ihre Gedanken wanderten flüchtig zu Anele, dessen Eltern ihn sicherlich stets aufs Neue erstaunt und wohl auch entmutigt hatten. Während ihres langen Lebens hatte er die schlimmen Nachwirkungen des Sonnenübels gekannt – und erlebt, wie Plagen sich allmählich in Wohltaten verwandelten. Vielleicht, so dachte Linden, hätte sie sich an seiner Stelle auch durch ihr Beispiel überwältigt gefühlt.
    Angesichts des hohen Himmels und der lieblichen Hügellandschaft wirkte auch der Mähnenhüter an ihrer Seite etwas weniger streng; hätte er Linden jedoch angesprochen, hätte sie ihn wahrscheinlich nicht gehört. Während sie weiter ausschritt, rief die Aussicht auf Glimmermere nun in ihr Erinnerungen an Thomas Covenant wach. Damals, als das Sonnenfeuer gelöscht war, hatten sie sich in die Privatgemächer des ehemaligen Hoch-Lords Mhoram zurückgezogen. Linden hatte gefürchtet, er werde sie abweisen, ihre Liebe verschmähen. Zuvor hatte seine

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