Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08
dir. Und Anele muss sich an jeden klammern, der den Stab besitzt. Er kann nicht anders.«
Der Mähnenhüter nickte Linden aufmunternd zu. »Wirst du zu dem Zweifler beordert, sollst du wissen, dass du nicht allein bist. Wir, die wir dir aus freien Stücken zu dienen beschlossen haben, tragen die Folgen deiner Entscheidungen mit und nennen uns glücklich, dies tun zu dürfen.«
Ich will Taten vollbringen, die in der Erinnerung der Ramen weiterleben werden, wenn ich nicht mehr bin.
Unter anderen Umständen hätten Linden seine Worte gerührt, doch ihr Blick war von Zweifeln getrübt, voll enttäuschter Freuden und unerwarteter Trauer. Statt sich zu bedanken, sagte sie schroff: »So ist es nicht. Ich habe nicht vor, gegen ihn zu kämpfen.« Gegen sie. »Das kann ich nicht. Er ist Thomas Covenant. Ich verstehe nur sein Verhalten nicht.«
Sie wich dem Blick des Mähnenhüters aus, ging rascher, ohne es zu merken, erfüllt von der Sehnsucht nach der reinigenden Umarmung des Glimmermere.
Ihr Dilemma war vielschichtiger, als der Mähnenhüter zu begreifen schien. Wenn Covenant und Jeremiah wirklich beide hier waren – und irgendetwas mit ihnen tatsächlich nicht in Ordnung war –, würde vielleicht wirklich der Moment kommen, an dem sie gezwungen sein könnte, sich zwischen den beiden zu entscheiden. Für den einen auf Kosten des anderen zu kämpfen.
Dann würde sie sich an Jeremiah klammern und Thomas Covenant loslassen. Sie hatte zehn Jahre damit zugebracht, sich mit Covenants Tod abzufinden – und acht davon mit der Fürsorge für ihren Sohn. Ihre Loyalität galt vor allem Jeremiah. Selbst wenn Covenant tatsächlich wusste, wie das Land zu retten war ...
Die Mahdoubt hatte sie gewarnt: Sei in der Liebe vorsichtig.
Gott, sie brauchte mehr als nur Antworten. Sie musste ihren Verstand auswaschen. Nimm dich nur vor mir in Acht. Denk daran, dass ich tot bin. Sie hatte zu viele Warnungen gehört ... und verstand keine einzige davon.
Sie hob den Blick und sah dankbar, dass die hohen Hügel, die den See Glimmermere – schaurig und anziehend zugleich – umschlossen, bereits vor ihr aufragten, obschon die sanfte Frühlingsbrise ihr den magischen Duft seines Wassers noch vorenthielt und ihn über die Hügelrücken hinweg trug. Glimmermere selbst war auf allen Seiten vor Blicken abgeschirmt – außer genau im Süden, wo der Weiße Fluss seinen Lauf zu den Schleierfällen nahm. Trotzdem wusste Linden, wo sie war. Wie hätte sie den letzten Ort, an dem Covenant und sie ein schlichtes Glück gekannt hatten, vergessen können? Trotz der Steigung wäre sie am liebsten losgerannt, zwang sich aber dazu, am Fuß das Anstiegs haltzumachen. An Mahrtiir gewandt fragte sie: »Du warst schon hier, nicht wahr?« Seine Seilträger und er hatten den gestrigen Nachmittag und die Nacht mit den Ranyhyn in diesen Hügeln verbracht. »Du hast den Glimmermere gesehen?«
Sie erwartete prompte Zustimmung, aber der Mähnenhüter erwiderte schroff: »Ring-Than, ich habe ihn nicht gesehen. Aus alten Sagen weiß ich von seinen mystischen Wassern. Aber meine Seilträger und ich sind hierhergekommen, um für die Ranyhyn zu sorgen – und den Meistern und der drückenden Last von Schwelgenstein zu entgehen. Unsere Herzen sind nicht auf Sagen fixiert. Sobald wir im Freien angelangt waren, haben die Ranyhyn sich von uns getrennt. Froh sind sie davongaloppiert, um nach Herzenslust zu tollen. Wir dagegen haben uns mit Aliantha und Ruhe erholt und auf deinen Ruf gewartet. Wir haben keinen Vorstoß zu dem sagenumwobenen Glimmermere unternommen.«
Trotz ihrer Eile tat er Linden unwillkürlich leid. »Weshalb nicht?«
»Wir sind Ramen«, sagte er, als lägen seine Gründe auf der Hand. »Wir dienen den Ranyhyn. Das genügt uns. Wir haben nicht den Wunsch, in andere Mysterien einzudringen. Kein Ramen hat jemals den See des Rösserrituals gesehen, aber wir empfinden deshalb kein Bedauern oder das Gefühl, etwas versäumt zu haben. Wir sind es zufrieden, zu sein, wer wir sind. Da wir keinen guten Grund hatten, uns dem Glimmermere zu nähern, wäre es mir unziemlich erschienen, uns von Schwelgenstein und deiner unsicheren Lage zu entfernen.«
Linden seufzte. Jetzt verstand sie die stumme Bedrücktheit Mahrtiirs und seiner Seilträger, als sie sich im Versammlungsraum begegnet waren. Mit einem Seufzen schob sie den Stolz des Mähnenhüters vorerst beiseite; ihre eigenen Bedürfnisse wogen zu schwer.
»Schon gut«, murmelte sie. »Mach dir deswegen keine
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