Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08
»Mach dir deswegen keine Sorgen. Ich respektiere deinen Stolz. Er ist besser als Scham. Und wir stehen vor wichtigeren Problemen.« Mahrtiir nickte. Wahrscheinlich glaubte er zu wissen, was sie meinte.
Dann war Stave heran, und auch er verbeugte sich vor ihr und der Veränderung, die er an ihr spürte: »Auserwählte, das Wasser des Glimmermere hat dir gutgetan. Du wirkst erholt, obwohl niemand wusste, dass du erholungsbedürftig warst.«
Er hatte sich das Blut vom Gesicht gewaschen, doch sein Gewand war noch immer blutbespritzt, seine Wunden waren nicht versorgt, und sein einzelnes Auge verlieh seiner Konzentration etwas Prophetisches. Sah er richtig? Hatte sie im See Glimmermere tatsächlich eine Art Sakrament empfangen? Etwas, das auch durch ihre Begegnung mit Esmer nicht gelitten hatte? Linden seufzte, denn es änderte nichts an ihrer Entscheidung – oder an den Risiken, die sie einzugehen beschlossen hatte. Ohne Vorrede erwiderte sie: »Ich wollte Mahrtiir gerade erzählen, dass sich etwas ereignet hat, nachdem ich ...« Ihr fehlten die Worte, um ihr Eintauchen in den See zu beschreiben. »Ich wollte mit jemandem sprechen, der mir sagen konnte, was hier vorgeht, deshalb habe ich Esmer gerufen.« Unbeholfen fügte sie hinzu: »Ich habe keine Ahnung, wozu er imstande ist oder nicht. Ich dachte, er würde mich hören können.« Und während Stave sie prüfend musterte und Mahrtiir sie ehrlich verblüfft anstarrte, beschrieb sie so genau wie möglich, was Cails Sohn gesagt und getan hatte.
»Urböse«, flüsterte der Mähnenhüter schließlich, »und Wegwahrer. So viele ... und zusammen. Wollen diese Geschöpfe dir wirklich zu Hilfe kommen? Reichen sie gegen die Zähne des Verderbers aus?«
Stave starrte nachdenklich ins Leere: »Die Gräuelinger-Brut verhält sich unerwartet, aber nicht merkwürdiger als ihre Erzeuger. Kann der Geist Kasteness' Besitz von unserem Gefährten Anele ergreifen, ist vieles erklärt.«
Unser Gefährte ... Linden konnte sich nicht erinnern, den Namen des Alten schon einmal aus seinem Mund gehört zu haben. Der ehemalige Meister hatte seine Freundschaft offenbar auf alle ihre Gefährten ausgedehnt.
»Aus eben diesem Grund«, fuhr er fort, »ist die Gefahr, dass derselbe Geist Esmer bewegt – und mit ihm die Urbösen und Wegwahrer –, nicht von der Hand zu weisen. Hat Esmer dir keine Auskunft über den Ur-Lord oder deinen Sohn gegeben?«
»Nein«, murmelte sie verbittert. »Ich habe ihn gefragt, ob Kasteness Covenant und Jeremiah geholfen hat, Schwelgenstein zu erreichen, aber er hat einfach nur das Thema gewechselt.«
Mahrtiir öffnete den Mund, doch Stave ließ ihn nicht zu Wort kommen: »Mir gefällt dieses Zusammentreffen nicht. Natürlich ist die Rückkehr des Zweiflers aus dem Bogen der Zeit von großer Bedeutung. Sie scheint anzukündigen, dass die Erlösung des Landes bevorsteht. Trotzdem beunruhigen mich die Umstände seines Kommens. Dass er es verstanden hat, die Dämondim durch einen Zauber zu verwirren, stelle ich nicht weiter in Frage. Aber seine Behauptung in Bezug auf Verzerrungen des Gesetzes der Zeit ...« Stave zögerte kurz, dann fuhr er fort: »Und Esmers Großahn macht gemeinsame Sache mit Dämondim, während Esmer seinerseits Urböse und Wegwahrer aus ihrer Zeit in die Gegenwart holt. Auserwählte, das ist Grund zur Sorge. Es kann nicht ohne Bedeutung sein, dass solch unterschiedliche Ereignisse zur gleichen Zeit eingetreten sind.«
»Stave spricht wahr, Ring-Than«, knurrte der Mähnenhüter. »Esmer ist durch deine Rückkehr in das Land verwandelt worden. Er ist nicht mehr, wie er einst war, als er die Freundschaft der Ramen errungen hat. Hätte er dir geantwortet, hätten seine Worte zu viel Wahres und Falsches enthalten, um nützlich zu sein.«
Das glaubte auch Linden, aber dieser Gedanke konnte sie nicht trösten.
Jeremiah ist hier, aber Foul hat ihn trotzdem noch in seiner Gewalt. Nicht sehen kannst du allerdings, wie sehr es schmerzt, nicht nur hier zu sein.
Was wogen im Vergleich dazu Esmers Überraschungen – oder sein Verrat?
Linden schob den Gedanken an ihre Misserfolge energisch beiseite, stützte ihre Entschlossenheit, wenn auch nicht ihr Herz, auf den Stab des Gesetzes und erwiderte Staves ausdruckslosen Blick: »Diese Dinge machen auch mir Sorgen. Vielleicht kann Covenant sie erklären.« Oder vielleicht war die Mahdoubt bereit, ihr geheimes Wissen mit ihr zu teilen. »Ist er schon willens, mit mir zu sprechen? Ist sonst noch etwas
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